Bei der tiefen Pyodermie reicht der Entzündungsprozess bis in die Dermis, manchmal auch in die Subkutis, wo es zur Zerstörung der Haarfollikel (Furunkulose) führt und durch Freisetzung von Keratin in das umliegende Gewebe eine starke Fremdkörperreaktion zur Folge haben kann. Sie entsteht als Fortschreiten einer oberflächlichen Pyodermie oder durch Inokulation pathogener Erreger in tiefere Gewebeschichten. Die tiefe Pyodermie ist eine häufige Indikation für eine systemische Antibiotika-Therapie bei Hunden und tritt häufig rezidivierend auf.
Tiefe Pyodermien sind oft ein Sekundärproblem zu einer Grunderkrankung, wie beispielsweise einer Allergie (Flohallergie, Futtermittelallergie, atopische Dermatitis), einer Endokrinopathie (Hypothyreose und Hyperadrenocorticismus), einer Ektoparasitose (z.B. Demodikose), einer Talgdrüsen-Entzündung, einer immun-mediierten Erkrankung oder auch einer anatomischen Prädisposition (z.B. Hautfalten) oder Konformationsänderung bzw. Überbelastung (Ausbildung von Pseudoballen und dadurch bedingte endogen Fremdkörpergranulome → Podofurunkulose).
Der weitaus grösste Anteil bakterieller Hautinfektionen wird durch die normale Hautflora verursacht. Dies sind oft koagulasepositive Staphylokokken, vor allem Staphylococcus pseudintermedius. Infektionen mit Staphylococcus aureus sind mit ca. 5% relativ selten. Die koagulasenegativen Staphylococcus schleiferi subsp. coagulans und S. schleiferi subsp. schleiferi wurden vereinzelt als Auslöser für Pyodermien nachgewiesen. Andere koagulasenegative Staphylokokken finden sich nur in ganz wenigen Fällen und dann vorrangig bei stark immunsupprimierten Tieren. Gramnegative Bakterien wie Proteus spp. oder coliforme Keime stellen in erster Linie Sekundärerreger von Hautinfektionen dar. Infektionen mit Pseudomonas aeruginosa zeigen meist einen schwereren Verlauf und erfordern eine spezielle Therapie.
Klinische Symptome sind oft Furunkulosen und Zellulitis, die sich als Knoten, Fisteln, Narben oder hämorrhagische Bullae zeigen.
Eine Zytologie aus einem Feinnadelaspirat sollte, wenn immer möglich, angefertigt werden.
Eine Bakterienkultur mit Antibiogramm aus einem aseptisch entnommenen Aspirat/einer Biopsie vom Prozess unter der intakten Hautoberfläche ist zu bevorzugen. Dabei sollte die Hautoberfläche aseptisch vorbereitet und bei Hautbiopsien die Epidermis abgeschnitten werden.
Die Anamnese ist sehr wichtig (erstes Auftreten, Rezidiv, vorangegangene Antibiotikatherapie, etc.) Die Grundursache bzw. die zugrunde liegende Erkrankung sollten diagnostiziert und behoben werden.
Bei tiefen Pyodermien sollte die Wahl des Antibiotikums immer auf den Ergebnissen eines Antibiogramms basieren.
Meist sind 2 - 3 Wochen Therapie über die klinische Heilung hinaus nötig, was nicht selten zu 4 - 12 Wochen Therapie führt.
Bei Hunden ist zusätzlich eine topische Therapie indiziert (s. unterstützende Massnahmen).
Tiefe Pyodermie | |||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 25 mg/kg 2 × tgl. p.o. | 6 Wochen bzw. 1 - 2 Wochen über Verschwinden der Symptome hinaus. | Kontrolltermine sollten alle 3 - 4 Wochen erfolgen. |
Cephalexin | 15 - 30 mg/kg 2 × tgl. p.o. | ||
Clindamycin | 5,5 - 10 mg/kg 2 × tgl. | ||
Second line | |||
Enrofloxacin |
2mg/kg 1 × tgl. |
s. oben | Kontrolltermine sollten alle 3 - 4 Wochen erfolgen. Sind kritisch wichtige Antibiotika und sollten deshalb nur nach Antibiogramm verabreicht werden. |
Reserve | |||
Cefpodoxime | 5 - 10 mg/kg 1 × tgl. | s. oben | Kontrolltermine sollten alle 3 - 4 Wochen erfolgen. Umwidmung nötig. Ist kritisch wichtiges Antibiotikum und sollte deshalb nur nach Antibiogramm verabreicht werden. |
Vor allem bereits vorbehandelte, nicht auf die Therapie ansprechende Fälle sollen nur nach Antibiogramm behandelt werden.
Immer häufiger sind Resistenzprobleme z.B. gegen Fluorchinolone, Betalaktame, Makrolide und Sulfonamide zu beobachten.
Pseudomonaden weisen häufig Resistenzen auf.
Gute Kontrolle der Primärprobleme und zugrundeliegender Faktoren.
Haare sollten geschoren werden. Dies entfernt überschüssige Haare, die Debris und Bakterien auffangen und erleichtert die Fell- und Hautpflege. Gerade Langhaarkatzen profitieren stark von einer Total-Schur.
Hunde mit einer tiefen Pyodermie können von einer täglichen Hydrotherapie profitieren. Medizinalshampoo soll verdünnt werden, damit es besser aufgetragen, eingerieben und ausgespült werden kann. Medizinalshampoos enthalten zum Beispiel Chlorhexidin, Chlorhexidin-Miconazol.
Shampoonierungen entfernen Bakterien, Krusten und Schuppen. Weiter vermindern sie auch den Pruritus, schlechten Geruch und fettiges Fell, das mit einer Pyodermie verbunden ist.
Bei stark entzündlichen Furunkulosen, Podofurunkulosen und Cellulitis können entzündungshemmende Medikamente (Prednisolon) den Heilungsprozess beschleunigen.