Die Mehrzahl der Fälle von akuter Hepatitis ist idiopathisch. Bei bekannter Genese ist die Aufnahme von Medikamenten oder Toxinen die häufigste Ursache der akuten Hepatitis. Arzneimittel, von denen bekannt ist, dass sie akute Hepatitis durch idiosynkratische Reaktionen verursachen können, sind Acetaminophen, Trimethoprim-Sulfonamid, Carprofen, Amiodaron und Azathioprin. Paracetamol kann eine dosisabhängige Lebertoxizität verursachen. Daneben spielen Toxine, insbesondere Myko- und Aflatoxine, aber auch Xylitol eine Rolle als Auslöser einer akuten Hepatitis. Als infektiöse Ursachen für eine akute Hepatitis beim Hund sind das canine Adenovirus-1 (Hepatitis contagiosa canis, HCC), Leptospiren (siehe Leptospirose), Clostridien und Ehrlichia canis beschrieben (siehe Ehrlichiose). Da schwere Fälle von akuter Hepatitis mit einer ausgeprägten Leberzellnekrose einhergehen, müssen bei solchen Fällen auch sekundär bakterielle Infektionen, insbesondere mit gram-negativen Enterobakterien und Anaerobiern, in Betracht gezogen werden.
Bei der Cholangiohepatitis beim Hund liegen aszendierende bakterielle Infektionen vor. Die Erkrankung tritt v.a. bei mittelalten Hunden auf. Klare Rasse-Prädispositionen wurden bisher nicht identifiziert, wobei Cocker Spaniel öfter betroffen zu sein scheinen. Häufig liegen Begleiterkrankungen vor, insbesondere Hyperadrenokortizismus, Hypothyreose oder biliäre Mukozele.
Akute Hepatitis: Canines Adenovirus 1, Leptospira spp., Enterobacterales (z.B. Escherichia coli) und Anaerobier (z.B. Clostridium spp., Bacteroides spp.)
Cholangiohepatitis: Am häufigsten Escherichia coli und Enterococcus spp. Zusätzlich andere Enterobacterales (Klebsiella spp. Proteus spp.), Citrobacter spp. und Clostridium spp.
Die klinischen Symptome einer akuten Hepatitis sind unspezifische und äussern sich mit Apathie, Anorexie, Erbrechen oder Durchfall, Fieber, abdominalen Schmerzen, Polyurie und Polydipsie und Dehydratation. Einige Hunde zeigen einen Ikterus. Schwere Fälle von akuter Hepatitis zeigen klinische Anzeichen einer hepatischen Enzephalopathie und entwickeln Koagulopathie mit Blutungsanzeichen.
Auch Hunde mit Cholangiohepatitis weisen unspezifische Symptome auf, welche sich kaum von den Symptomen einer akuten Hepatitis unterscheiden.
Eine akute Hepatitis ist per se selten bakteriell bedingt. Bakterielle Infektionen treten vor allem sekundär infolge schwerer Leberzellnekrosen auf. Nebst der Beseitigung möglicher Ursachen (Medikamente, Toxine) ist die Therapie unterstützend und symptomatisch.
Eine Cholangiohepatitis beim Hund geht meist von aszendierenden Infektionen aus. Am häufigsten liegen Infektionen mit E. coli und Enterococcus spp. vor. Häufig sind Begleiterkrankungen involviert, die behandelt werden müssen (Hyperadrenocorticismus, Hypothyreose, biliiäre Mukozele). In gewissen Fällen ist eine Cholezystektomie indiziert. Eine kürzliche Studie fand eine bessere Überlebenschance bei Hunden, welche eine Cholezystektomie erhalten hatten.
Eine Indikation für Antibiotika liegt vor allem bei schweren Leberschäden vor und bei Verdacht auf Cholangiohepatitis. Die Antibiose sollte Enterobacterales, Enterokokken und Anaerobier abdecken. Bei Cholangiohepatitis sollte die Antibiose wenn immer möglich gemäss Antibiogramm aus einer Kultur der Galle (evt. zusätzlich aus intraoperativ entnommenen Proben der Gallenblasenwand) durchgeführt werden.
Weitere Indikationen für eine Antibiose sind das Vorliegen oder der Verdacht auf
● | Leptospirose, insbesondere, wenn auch eine Nierenbeteiligung vorliegt oder die Diagnose mittels serologischer und PCR-Tests bestätigt wurde (für die Wahl des Antibiotikums, siehe unter Leptospirose). |
● | Eine hepatische Enzephalopathie (s. unten). Die Antibiose sollte hier oral und zusammen mit Laktulose verabreicht werden. |
Akute Hepatitis oder Cholangiohepatitis Hund | |||
Zu beachten | Antibiose v.a. bei schweren Leberschäden indiziert. Bei Cholangiohepatitis sollte die Antibiose gemäss Antibiogramm aus einer Kultur der Galle (oder evt. der Gallenblasenwand) durchgeführt werden. | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. dann p.o. | Je nach Klinik. Behandlungsdauer abhängig vom Verlauf. Monitoring über Kontrolle der Leberenzyme und des klinischen Verlaufes. | |
Ampicillin/Sulbactama | 30 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. | ||
Second line | |||
Metronidazol | 15 mg/kg 2 × tgl. initial i.v. dann p.o. | Je nach Klinik. Behandlungsdauer abhängig vom Verlauf. Monitoring über Kontrolle der Leberenzyme und des klinischen Verlaufes. | Bei hepatischer Dysfunktion sollte die Dosis reduziert werden (7,5 mg/kg 2 × tgl.). |
Marbofloxacin |
Hund: 10 mg/kg
1 × tgl. i.v. dann p.o. Katze: 5 mg/kg 1 × tgl. i.v. dann p.o. 2 mg/kg 1 × tgl. i.v. dann p.o. |
Eine Enrofloxacin-Dosis von 5 mg/kg/Tag sollte bei Katzen aufgrund der Gefahr von Retinopathien nicht überschritten werden |
a | Wird teils zur intravenösen Anwendung anstelle von Amoxicillin-Clavulansäure bei Hunden verwendet (s. Kapitel 1.12.1, Unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach intravenöser Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure). Die beiden Präparate unterscheiden sich primär bzgl. Pharmakokinetik, das Wirkspektrum ist für Amoxicillin und Ampicillin beinahe identisch. Für Clavulansäure und Sulbactam können aber Unterschiede im Wirkspektrum bei verschiedenen Betalaktamasen auftreten. |
Hepatoencephalopathie (Hund und Katze) | |||
Zu beachten | Zusätzliche unterstützende Massnahmen: Verabreichung von Laktulose, Therapie von Koagulopathien und GI-Ulzerationen, Kontrolle von Krämpfen, Ernährung mit angepasster Diät, Hepatoprotektiva und Vitamine. | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 10 - 15 mg/kg 2 × tgl. p.o. | Das Antibiotikum soll oral verabreicht werden. Zusätzlich Therapie mit Laktulose (p.o., evt. rektal) und stabilisierende Massnahmen einleiten. | |
Metronidazol | 7,5 mg/kg 2 × tgl. p.o. | ||
Second line | |||
Neomycin | 22 mg/kg 2 - 3 × tgl. p.o. | Das Antibiotikum soll oral verabreicht werden. Zusätzlich Therapie mit Laktulose (p.o., evt. rektal) und stabilisierende Massnahmen einleiten. |
Studien zu Hunden mit Cholangiohepatitis zeigen, dass antibiotikaresistente und teils multiresistente Keime vorkommen, v.a. bei Isolaten von E. coli und Enterococcus. Eine bakterielle Kultur mit Antibiogramm sollte deshalb, wenn immer möglich durchgeführt und die Antibiotikatherapie entsprechend gewählt bzw. angepasst werden.
Die Exposition gegenüber möglichen Toxinen und hepatotoxischen Medikamenten sollte vermieden werden. Begleiterkrankungen von Cholangiohepatitis wie Hyperadrenokortizismus, Hypothyreose oder biliäre Mukozele sollten frühzeitig behandelt werden.
Die symptomatische Behandlung umfasst die Flüssigkeitstherapie zur Korrektur der Dehydratation und allfälliger Verschiebungen im Säure-Basen Haushalt sowie Antiemetika. Obwohl es keine Evidenz gibt, macht es Sinn, Hunden mit akuter Hepatitis eine antioxidative Behandlung zu verschreiben (z.B. S-Adenosylmethionin, Silymarin und Vitamin E), da oxidativer intrazellulärer Schaden ein Teil der Pathogenese der akuten Hepatitis sein kann.
Im Falle einer Acetaminophen-Intoxikation sollte zusätzlich N-Acetylcystein, Vitamin C und Cimetidin zum Einsatz kommen. Bei Cholangiohepatitis sollten prädisponierende Erkrankungen behandelt werden, allenfalls ist eine chirurgische Intervention zur Cholezystektomie indiziert.