Die emphysematöse Cholezystitis ist eine seltene, aber lebensbedrohliche Variante einer akuten Cholezystitis, die durch Gas-produzierende Organismen verursacht wird. Sie ist charakterisiert durch Gas im Gallenblasenlumen oder in der Gallenblasenwand. Sie tritt deutlich häufiger beim Hund als bei der Katze auf.
Als Komplikation einer akuten Cholezystitis kommt es zum Verschluss der kleinen Seitenäste der Gallenblasenarterie mit nachfolgender Ischämie und Nekrose der Gallenblasenwand. Die Superinfektion mit gasbildenden Bakterien, insbesondere mit Clostridium spp. und E. coli führen zu einer emphysematöse Cholezystitis.
Neben Diabetes mellitus sind prothrombotische Zustände wie Hypercortisolismus, eine DIC oder SIRS weitere Risikofaktoren für eine emphysematöse Cholezystitis. Zudem sind Immunsuppression und Dysfunktion des Sphinkter Oddis mögliche prädisponierende Faktoren.
Komplikationen einer emphysematösen Cholezystitis sind Hepatitis, Leberabszesse oder Gallenblasenperforationen mit Peritonitis.
Bei der caninen emphysematösen Cholezystitis sind Clostridium spp. und Escherichia coli die häufigsten beteiligten Bakterien, daneben werden Infektionen mit Klebsiella pneumoniae oder Pseudomonas aeruginosa beschrieben. Es muss mit polymikrobiellen Infektionen gerechnet werden.
In der Humanmedizin werden oft gleichzeitig verschiedene Bakterien aus der Galle kultiviert, was mit der aufsteigenden Infektion enteraler Bakterien zu erklären ist. In der Humanmedizin zusätzlich nachgewiesene Bakterien sind: Proteus spp., Klebsiella aerogenes, Staphylococcus spp., Streptococcus spp. und Salmonella spp.
Deutlich reduziertes Allgemeinbefinden, Fieber, Ikterus, Erbrechen und akutes Abdomen.
Erhöhte Leberenzyme (AP, ALT, AST), Hyperbilirubinämie, Neutrophilie oft mit Linksverschiebung und toxischen Veränderungen, prärenale Azotämie.
Teilweise kann Gas in der Gallenblasenregion sowie ein Pneumoperitoneum infolge Gallenblasenruptur festgestellt werden.
Die Sensitivität der Ultraschalluntersuchung ist höher als die der radiologischen Untersuchung. Gaseinschlüsse in der Gallenblasenwand, im Gallenblasenlumen, in den intra- und/oder extrahepatischen Gallengängen oder im Gewebe, das die Gallenblase umgibt, ergeben einen hohen Verdacht auf eine emphysematöse Cholezystitis. Die Lokalisation der Gaseinschlüsse und die Abgrenzung zu Artefakten ist ultrasonographisch nicht immer möglich.
Auch wenn die Computertomographie wahrscheinlich die sensitivste Methode ist, um das Gas im Gallenblasenlumen oder in der Gallenblasenwand zu lokalisieren, liegen bisher keine vergleichenden Untersuchungen (US vs. CT) vor. Aufgrund des häufig kritischen Allgemeinzustandes der betroffenen Tiere und dem damit verbundenen Narkoserisiko kommt der CT-Untersuchung zur Diagnose einer emphysematösen Cholezystitis keine zentrale Rolle im klinischen Alltag zu.
Die sicherste Gewinnung von Galle im Fall einer emphysematösen Cholezystitis ist die intraoperative Entnahme. Die Gefahr einer Gallenblasenruptur infolge einer Feinnadelaspiration ist bei einer emphysematösen Cholezystitis deutlich erhöht.
In der Regel sind die Tiere in einem kritischen Allgemeinzustand. Nach Stabilisierung des Patienten kommt der Cholezystektomie kombiniert mit einer Antibiotikatherapie eine zentrale Rolle zu. Bis zum Erhalt der Resultate von Kultur und Antibiogramm aus der intraoperativ entnommenen Galle ist bei kritisch kranken Tieren eine Kombinationstherapie zu wählen. Bei klinisch stabilen Patienten kann Amoxicillin / Clavulansäure oder Ampicillin-Sulbactam als Monotherapie eingesetzt werden. Nach Erhalt des Antibiogramms muss die Antibiotikatherapie angepasst werden.
Emphysematöse Cholezystitis | |||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Ampicillin/Sulbactama |
20 mg/kg 2 - 3 × tgl.
30 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v.initial i.v. dann p.o. |
Gemäss klinischem Verlauf - da jedoch eine intrahepatische Ausbreitung wahrscheinlich ist, ist eine Dauer von 3 - 4 Wochen empirisch sinnvoll. | 1. Wahl bei klinisch stabilen Patienten. Anpassung gemäss Antibiogramm. |
Marbofloxacin |
Hund: 10 mg/kg 1 × tgl. initial i.v. dann p.o. |
Gemäss klinischem Verlauf - da jedoch eine intrahepatische Ausbreitung wahrscheinlich ist, ist eine Dauer von 3 - 4 Wochen empirisch sinnvoll. | Enrofloxacin muss für die i.v. Anwendung umgewidmet werden. |
Second line | |||
Metronidazol | 15 mg/kg 2 × tgl. initial i.v. dann p.o. | Gemäss klinischem Verlauf - da jedoch eine intrahepatische Ausbreitung wahrscheinlich ist, ist eine Dauer von 3 - 4 Wochen empirisch sinnvoll. | Bei Leberinsuffizienz Dosis halbieren. Neurotoxisch |
a | Wird teils zur intravenösen Anwendung anstelle von Amoxicillin-Clavulansäure bei Hunden verwendet (s. Kapitel 1.12.1, Unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach intravenöser Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure). Die beiden Präparate unterscheiden sich primär bzgl. Pharmakokinetik, das Wirkspektrum ist für Amoxicillin und Ampicillin beinahe identisch. Für Clavulansäure und Sulbactam können aber Unterschiede im Wirkspektrum bei verschiedenen Betalaktamasen auftreten. |
Grundsätzlich muss bei bakteriellen Infektionen der Gallenblase mit resistenten Isolaten gerechnet werden, insbesondere von E. coli und Enterococcus. In einer in vitro Studie von 70 Hunden wurden keine Resistenzen der caninen Clostridoides difficile Isolate gegen Metronidazol festgestellt.
Therapie der prothrombotischen oder immunsupprimierenden Grunderkrankung.
Infusionstherapie, Ursodiol 15mg/kg 1 × pro Tag p.o., S-Adenosylmethionine 20 - 40 mg/kg 1 × pro Tag p.o.