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Akuter Durchfall (inkl. akute GE und akutes hämorrhagisches Durchfall Syndrom)

Wichtige Hinweise

Grundsätzliches

Eine akute Durchfallerkrankung ist definiert als das Auftreten von klinischen Symptomen, die auf den Gastrointestinaltrakt zurückzuführen sind (Erbrechen, Anorexie und Diarrhoe) und weniger als 7 Tage andauern. Eine akute Durchfallerkrankung ist häufig selbstlimitierend und die Symptome verschwinden innerhalb von 1 - 2 Wochen. Bei schweren Verläufen ist der Ausgleich einer mitunter hochgradigen Dehydratation die wichtigste Therapiesäule. Antibiotika kommen unabhängig vom Charakter des Durchfalls (blutig oder nicht blutig) nur bei Hunden und Katzen mit Anzeichen auf eine schwere systemische Entzündungsreaktion oder bei Vorliegen einer starken Immunsuppression (z.B. hgr. Neutropenie) zum Einsatz. Mittlerweile existieren vielen Studien, welche gezeigt haben, dass sich durch eine Antibiotikatherapie im Vergleich zu Placebo oder anderen therapeutischen Massnahmen weder die Kotkonsistenz schneller verbessert noch die Dauer einer Durchfallerkrankung verkürzt.

 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren und Schlüsselstellen

Eine akute Durchfallerkrankung ist bei Hunden und Katzen häufig und kann in Zusammenhang mit der Fütterung (Nahrungsmittelintoleranz, plötzliche Ernährungsumstellungen und Toxine), mit akuter Pankreatitis oder einer anderen extraintestinalen Erkrankung, sowie aufgrund anderer Probleme (wie Fremdkörper oder Invaginationen) und Infektionserregern (sehr selten Bakterien/bakterielle Toxine, Viren und Parasiten) auftreten. Da bei einem Grossteil der Fälle keine bakterielle Ätiologie vorhanden bzw. diese auch selbstlimitierend ist, wird meist von einer Antibiotikatherapie abgeraten. Eine antimikrobielle Therapie fördert das Auftreten von resistenten Bakterienstämmen und einer signifikanten intestinalen Dysbiose, welche auch noch Wochen nach der akuten Erkrankung bestehen bleiben kann.
 

Erreger

Nur in sehr seltenen Fällen ist der akute Durchfall durch singuläre bakterielle Infektionserreger bedingt, so dass die Suche nach einem spezifischen Keim als Auslöser der Gastroenteritis in der Regel nicht erforderlich ist. Bei einem hochgradigen Schweregrad einer Durchfallerkrankung kann es durch eine gestörte Darmbarriere zur Translokation von intestinalen Bakterien und zur Bakteriämie kommen. Das Auftreten einer systemischen Entzündungsreaktion und Sepsis ist in diesem Zusammenhang möglich.
 
Beim akuten hämorraghischen Durchfallsyndrom (AHDS) bei Hunden scheint eine intestinale Vermehrung von NetF/E-toxin bildenden Clostridium perfringens Stämmen ursächlich beteiligt zu sein. So wurden in mehreren Studien bei vielen Hunden, die an AHDS litten, NetF/E-toxin bildende Clostridium perfringens mittels PCR nachgewiesen (48,1% positive PCR-Resultate bei AHDS, 0% positive Resultate bei Parvovirus-Enteritis, 12,1% bei klinisch gesunden Hunden). Porenbildende NetF/E-Toxine, die eine zytotoxische Aktivität aufweisen, könnten im Zusammenhang mit anderen toxinproduzienden Bakterienstämmen für die nekrotisierenden Schleimhautläsionen verantwortlich sein, die typischerweise bei Hunden mit AHDS vorliegen. Diese Schädigung findet hierbei in der Regel im Darmtrakt und nicht im Magen statt.
 

Symptome

Die häufigsten Symptome einer akuten Gastroenteritis sind akuter Durchfall und Erbrechen, bei häufig gutem Allgemeinbefinden. Manchmal können auch Hämatemesis, Hämatochezie oder Anzeichen verschiedener Grade einer systemischen Erkrankung eine akute Gastroenteritis begleiten.

 
Diagnose / Tests

Die Diagnose einer akuten Gastroenteritis basiert in der Regel auf klinischen Befunden und der klinischen Besserung auf symptomatische Behandlung. Tiere die aufmerksam und nicht dehydriert sind, benötigen keine weiteren Untersuchungen, da die Symptome oft selbstlimitierend sind. Weitere Untersuchungen (Kotuntersuchungen, Blutuntersuchung, Ultraschalluntersuchung, Röntgenbilder) sind indiziert, wenn das Allgemeinbefinden gestört ist, Fieber vorliegt, sowie Abdominalschmerzen, abnorme Palpationsbefunde oder blutiges Erbrechen/Durchfall auftreten bzw. wenn sich der Patient nicht innerhalb von 3 - 4 Tagen bessert.

 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Die Rehydratation und Anfütterung mit einer hoch-verdaulichen Diät sind die Schlüssel zur Behandlung einer akuten Gastroenteritis und die Symptome klingen meistens ohne spezifische therapeutische Massnahmen wieder ab. Zusätzlich können gut verträgliche Schmerzmittel/krampflösende Mittel, Antiemetika, Probiotika, adsorbierende Medikamente, Futterfasern und Antidiarrhoika unabhängig von der Ätiologie eingesetzt werden.
 

Antibiotika

Adaptiert an die Guidelines zum Einsatz von Antibiotika beim akuten Durchfall des Hundes im Zuge der ENOVAT werden Empfehlungen zur antimikrobiellen Therapie abhängig vom systemischen klinischen Zustand der betroffenen Hunde und Katzen gegeben:
 

Gruppe 1:
Bei Hunden und Katzen mit akutem Durchfall (mit oder ohne leichte Blutbeimengung) und milder unkomplizierter Erkrankung (guter Allgemeinzustand, keine Anzeichen von Dehydrierung oder systemischen Erkrankungen, kein Fieber) wird von einer Antibiotikatherapie abgeraten.

 

Gruppe 2:
Bei Hunden und Katzen mit akutem nicht hämorrhagischem und hämorrhagischem Durchfall und mittelschwerer Erkrankung (beeinträchtigter Allgemeinzustand, Dehydratation/Hypovolämie unterschiedlichen Grades, veränderter Kreislaufzustand, kein Fieber) sollte im ersten Schritt eine adäquate intravenöse Flüssigkeitssubstitution initiiert werden. Sollte sich der Zustand des Tieres in kurzer Zeit bessern, wird eine Antibiotikatherapie nicht empfohlen.

Sollte bei einer Blutuntersuchung dieser Tiere eine degenerative Linksverschiebung oder eine signifikante Neutropenie ersichtlich sein, gelten die Empfehlungen für die Gruppe 3 (s. unten).

 

Gruppe 3:
Bei Hunden und Katzen mit nicht hämorrhagischem und hämorrhagischem Durchfall und schwerer Erkrankung: beeinträchtigter Allgemeinzustand, Dehydratation/Hypovolämie, anhaltende Anzeichen einer systemischen Erkrankung trotz adäquater Flüssigkeitstherapie, Fieber. Nur bei diesen Tieren wird eine Antibiotikatherapie empfohlen.

Wahl des Antibiotikums: Bei Hunden und Katzen mit schwerer Erkrankung empfehlen wir die parenterale, vorzugsweise intravenöse Verabreichung von antimikrobiellen Wirkstoffen, die zur Behandlung einer bakteriellen Translokation wirksam sein dürften.
Eine antimikrobielle Vier-Quadranten-Therapie sollte bei Hunden und Katzen mit lebensbedrohlichen Zuständen oder bei Tieren, die nicht auf antimikrobielle Mittel der ersten Wahl und geeignete unterstützende Massnahmen ansprechen, eingesetzt werden. Zu den antimikrobiellen Wirkstoffkombinationen mit Vier-Quadranten-Spektrum (aerobes, anaerobes, grampositives und gramnegatives Spektrum) gehören zum Beispiel Aminopenicilline oder Clindamycin in Kombination mit Fluorchinolonen oder Aminoglykosiden (Gentamicin, Amikacin).

 

Hunde und Katzen mit akutem nicht hämorrhagischem und hämorrhagischem Durchfall und schwerer Erkrankung (Gruppe 3)
Zu beachten Keine Antibiose bei Hunden und Katzen der Gruppe 1 und 2 (s. oben). Therapie nur bei schwerer Erkrankung: beeinträchtigter Allgemeinzustand, Dehydratation/Hypovolämie, anhaltende Anzeichen einer systemischen Erkrankung trotz adäquater Flüssigkeitstherapie, Fieber
Priorisierung/­­Antibiotika Dosierung Behandlungs­dauer Bemerkungen
First line  
Amoxicillin oder Ampicillin 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. (später p.o.) bis zu 7 Tage Bei Verdacht auf Sepsis wird eine gute Überwachung der Tiere empfohlen. Bei Nicht-Ansprechen auf die First-line Therapie wird eine antibiotische Erweiterung im Sinne einer Vier-Quadranten-Therapie empfohlen.
Amoxicillin/­­Clavulansäure 12,5 - 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. (später p.o.)
AmpicillinSulbactama 30 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. (später p.o.)
Second line  
Trimethoprim ­Sulfamethoxazol 15 mg/kg 2 × tgl. s.c. bis zu 7 Tage  
Bei nicht Ansprechen auf die initiale Antibiotikatherapie oder bei Verschlechterung des Allgemeinzustands aufgrund von Sepsis, Erweiterung der Therapie mit:
Priorisierung/­­Antibiotika Dosierung Behandlungs­dauer Bemerkungen
First line  

Marbofloxacin
12,5 - 20 mg/kg
2 - 3 × tgl. i.v., p.o.


30 mg/kg 2 - 3 × tgl.
i.v.




Hund: 10 (-20) mg/kg
1 × tgl. i.v., s.c., p.o.


2 - 4 mg/kg 1 × tgl. i.v., s.c., p.o.
5 - 7 Tage







Sind kritische Antibiotika und daher für Initialtherapie nicht geeignet.
Enrofloxacin muss für i.v. Anwendung umgewidmet werden.
Second line  
12,5 - 20 mg/kg
2 - 3 × tgl. i.v., p.o.


30 mg/kg 2 - 3 × tgl.
i.v., p.o.

2 - 4 mg/kg 2 × tgl
i.v.
5 - 7 Tage Achtung vor Nephrotoxizität. Auf einen adäquaten Hydratationsstatus und Blutdruck als Basis für eine gute renale Perfusion sollte geachtet werden.
a Wird teils zur intravenösen Anwendung anstelle von Amoxicillin-Clavulansäure bei Hunden verwendet (s. Kapitel 1.12.1, Unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach intravenöser Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure). Die beiden Präparate unterscheiden sich primär bzgl. Pharmakokinetik, das Wirkspektrum ist für Amoxicillin und Ampicillin beinahe identisch. Für Clavulansäure und Sulbactam können aber Unterschiede im Wirkspektrum bei verschiedenen Betalaktamasen auftreten.

 
Im Allgemeinen wird eine mikrobiologische Untersuchung (zum Beispiel bakteriologische Blutkultur) bei schwerkranken Hunden und Katzen empfohlen. Unter Umständen ist es angemessen, auf die mikrobiologischen Ergebnisse zu warten, um die Entscheidung einer Behandlung und die Auswahl des spezifischen Antibiotikums zu treffen.
 

Unterstützende Massnahmen

Diät

Vorübergehend sollte eine fett-reduzierte, Magen-Darm-schonende Diät (gekochtes Poulet und Reis, Hüttenkäse und Reis; kommerzielle Diät) gefüttert werden, mit einem langsamen Übergang zur normalen Diät über eine Woche bis 10 Tage.
 

Grundsätzliches zur Infusionstherapie

Das Management besteht, sollte das Tier dehydriert sein, aus einer Flüssigkeitstherapie (aggressive initiale Behandlung bei hypovolämischem Schock) mit Kristalloiden und, bei Bedarf, mit Kolloiden. Flüssigkeitsdefizite sollten über einen 6-12-stündigen Zeitraum mit Kristalloid-Lösungen ersetzt werden, wobei Erhalt (60 ml/kg pro Tag) und die geschätzten fortlaufenden Verluste aufgrund fortdauernder Diarrhoe hinzugefügt werden müssen. Elektrolytdefizite wie Hypokaliämie sollten ebenfalls korrigiert werden.
 
Als Antiemetikum eignet sich Maropitant 1 (- 2) mg/kg 1 × täglich, bei sehr starker Übelkeit kann Ondansetron 0,5 - 1 mg/kg 3 × täglich eingesetzt werden.
 

Schutzmittel /Adsorbens

Bismuthal, Kaolin, Montmorillonite, Aktivkohle werden häufig bei Tieren mit einer akuten Gastroenteritis eingesetzt, um Bakterien und ihre Toxine zu binden und die Schleimhaut zu schützen. Diese Präparate werden in der Regel gut vertragen und führen zu keinen unerwünschten Nebenwirkungen.
 

Probiotika und fäkale Mikrobiota-Transplantation

In den meisten Studien bei Hunden mit akutem Durchfall verschiedenen Schweregrades scheinen probiotische Produkte zu keiner klinisch signifikanten Verkürzung der Durchfallerkrankung zu führen. Jedoch ist zu beachten, dass die Wirkung von Probiotika Spezies-spezifisch ist und Wirkmechanismen abseits der rein klinischen Verbesserung auf metabolischer intestinaler Ebene bekannt sind. Die Behandlung erscheint zudem sicher und ist somit einer Antibiotikatherapie als Standardtherapie bei den meisten Tieren vorzuziehen. Studien bei akutem Durchfall und bei Hunden mit Parvovirose haben eine Verbesserung der klinischen Zeichen durch die Gabe von Kottransplantationen (fäkalen Mikrobiota-Transplantationen) beschrieben.
 

Präbiotika und Futterfasern

Verschiedene Präbiotika (Inulin, Fructooligosaccharide und Mannanoligosaccharide) werden zur Behandlung der akuten Gastroenteritis eingesetzt und scheinen sicher zu sein. Zudem können Futterfasern (Cellulose, Psyllium) dabei helfen, die Kotkonsistenz durch ihr Wasserbindungsvermögen zu verbessern.

 
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