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Durchfallerkrankungen Schweine: Übersicht

Wichtige Hinweise Erkrankungen des Gastro-Intestinaltraktes gehören zu den häufigsten und wirtschaftlich verlustreichsten Erkrankungen beim Schwein. Da Durchfallerreger überwiegend peroral aufgenommen werden, sind Hygiene und Management von zentraler Bedeutung.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Hintergrundinformationen

Je nach Ätiologie werden die Durchfälle verursacht durch:
 
-Hypersekretion (E. coli)
-Enteritis (C. perfringens, Brachyspiren spp.)
-Malabsorption (Rota-, Coronaviren, L. intracellularis)
 

Ursachen, Risikofaktoren und Schlüsselstellen

Da Durchfallerreger überwiegend peroral aufgenommen werden, sind Hygiene, Management wie Futterumstellungen, Zusammenstallen von Tieren unterschiedlicher Alters- oder Produktionsgruppen, Haltungsbedingungen etc., sowie die Immunitätslage zentrale Risikofaktoren.
 

Erreger

Enterotoxische E. coli (ETEC): Nach der oralen Aufnahme haften die enterotoxischen E. coli (ETEC) mit ihren Fimbrien F4, F5, F6, F18 (ac und ad) und F41 an den Rezeptoren den Enterozyten im Dünndarm (v.a. Ileum und Jejunum) an. Nach der Anheftung und Keimvermehrung werden die hitzelabilen (LT) resp. die hitzestabilen (STa und STb) Enterotoxine gebildet, welche einen sekretorischen Durchfall verursachen.
 
Enteropathogene E. coli (EPEC): EPEC kolonisieren den Dünndarm durch Bildung von "bundle forming pili" oder Anheftung an die Enterozyten durch das Adhäsin Intimin (attaching and effacing). Dabei kommt es zur Zerstörung der Mikrovilli in den betroffenen Darmabschnitten, was zu einer geringeren Resorptionskapazität und zu einer osmotischen Diarrhoe führt.
 
Shigatoxin bildende E. coli (STEC/EDEC): STEC haften wie ETEC mit ihren Fimbrien (F18ab) an den Enterozyten an und produzieren ein sehr potentes Toxin (Shigatoxin STx2e, früher Neuro- oder Vasotoxin genannt). Dieses Toxin zerstört die feinen Blutkapillargefäße und verursacht Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe mit fatalen Folgen, die als "Ödemkrankheit" bezeichnet wird (Synonym "edema disease E. coli" (EDEC)).
 
Clostridium perfringens Typ C: Clostridium perfringens Typ C ist ein gram-positives, anaerobes, aber aerotolerantes, sporenbildendes Stäbchen. Virulenzfaktor ist das plasmid-codierte β-Toxin (cpb) welches einen zyto- und neurotoxischen Effekt hat und wegen den im Kolostrum befindlichen Trypsininhibitoren nicht abgebaut wird. Wegen der Fähigkeit der Sporenbildung weisen Clostridien eine sehr hohe Tenazität auf (> 60 Jahre!).
 
Clostridium perfringens Typ A: ist ein normaler Darmbewohner älterer Schweine. Beim Saugferkel verursa2cht das α-Toxin neben Durchfall eine Kapillarschädigung, intravaskuläre2 Hämolyse und eine Thrombozytenaggregation und in der Folge einen Kreislaufschock. C. perfringens Typ A- Stämme zeichnen sich durch ein unterschiedliches α-Toxinbildungsvermögen aus. In vielen Fällen verstärken Minortoxine wie z.B. die zytotoxischen β2-Toxine (cpb2) das klinische Geschehen. In kranken Ferkeln werden signifikant höhere Mengen an β2-Toxine exprimiert als in Gesunden
 
Brachyspiren: Brachyspira (B.) hyodysenteriae, B. pilosicoli (B. hampsonii, bisher noch nicht in der Schweiz nachgewiesen):
-B. hyodysenteriae: Gram-negativ, anaerobes, sehr langsam wachsendes Bakterium. Mit hoher Tenazität in der Umwelt. Empfindlich gegen Austrocknung. Bei hoher Feuchtigkeit & niedrigen Temperaturen jedoch bis zu 2 Monate überlebensfähig. Der Eintrag in einen Bestand erfolgt meist über den Zukauf infizierter Tiere sowie über Schadnager (Erregerausscheidung über 180 Tage) und aber auch über Vektoren wie Vögel, Haustiere, Personal oder Gerätschaften. Langsame Ausbreitung im Bestand; wiederholte Krankheitsschübe in der gleichen Gruppe möglich (latent infizierte Schweine als Ansteckungsquelle). Alle Altersklassen können betroffen sein, typischerweise Tiere zwischen 40 und 80 kg.
-B. pilosicoli: siehe B. hyodysenteriae, aber milderer Verlauf ohne blutigen Durchfall
-B. hampsonii: siehe B. hyodysenteriae kann Typhlocolitis verursachen
 
L. intracellularis: Gram-negativ, anaerob, intrazelluläres, ubiquitäres Bakterium mit hoher Tenazität (3 Wo im Kot oder in der Gülle). Am häufigsten ist die Frühinfektionen im Alter von 6 - 12 Wochen mit moderaten Keimmengen, welche als porzine intestinale Adenomatose (PI), nekrotisierende Enteritis (NE) oder regionale Ileitis (RI) bezeichnet werden und die chronische Form der porzinen proliferativen Enteropathie (PPE) darstellen. Die akute Form wird als porzine hämorrhagische Enteropathie (PHE) bezeichnet. Es handelt es sich um eine Spätinfektion im Alter von 3 - 12 Monaten mit grossen Keimmengen.
 
Weitere relevante Ursachen von Durchfall bei Schweinen sind Infektionen mit Rotaviren (vor allen bei Saug- und Absetzferkeln; osmotische Diarrhoe) und die PCV-2 assoziierte Enteritis (PCV2-ED). Coronaviren haben in der Schweiz eine untergeordnete Bedeutung; differentialdiagnostisch kommen die Enzootische Virusdiarrhoe (EVD) und die Transmissible Gastroenteritis (TGE) in Frage.
 
Isospora suis (Kokzidiose) sind die häufigsten Erreger von Durchfallerkrankungen in der 2./3. Lebenswoche. Die Oozysten können schon in den ersten Lebensstunden von den Ferkeln oral aufgenommen werden. Durch Eindringen der Sporozoiten in das Darmepithel von Ileum und Jejunum kommt es zu Villusatrophie und danach zu einer katarrhalisch-nekrotisierenden, pseudomembranösen Enteritis. Bei Masttieren muss ausserdem an Peitschenwurm (Trichuris suis) gedacht werden. Bei Absetzferkeln sind Parasiten als Durchfallursache selten.
 
In seltenen Fällen kommen auch Salmonella Typhimurium-Infektionen vor.
 
Diagnose / Tests Für eine gezielte Therapie, sind labordiagnostische Massnahmen unentbehrlich. Da für das Überleben der Tiere häufig sofortige Therapien erforderlich sind, können makroskopische Befunde und Lokalisation von Veränderungen bei Hofsektionen bereits wichtige ätiologische Hinweise liefern.
 
Hofsektion
Die Sektion von frisch umgestandenen Tieren ist eine gute Möglichkeit um sich eine schnelle Übersicht über Art und Lokalisation von Veränderungen zu verschaffen (z.B. hypersekretorische oder hämorrhagisch-nekrotisierende Diarrhoe). Gleichzeitig können gezielt Organproben für weiterführende Untersuchungen entnommen und versandt werden. Zudem ist die Nachweisrate von Erregern aus den veränderten Lokalisationen in der Regel höher als aus Rektumtupfern.
 
Kot oder Kottupfer
Die Einsendung von Kot oder Kottupfern ist nur sinnvoll bei frisch erkrankten und unbehandelten Tieren. Für den Virusnachweis sind einige Gramm Kot notwendig. Für den kulturellen Nachweis sind Kottupfer mit Amies-Medium geeignet. Die Kottupfer müssen gekühlt und innerhalb von wenigen Stunden im Untersuchungslabor eintreffen. Für den Erregernachweis mittels PCR sind Trockentupfer zu verwenden (Amies-Medium ist nicht geeignet); es ist darauf zu achten, dass mind. 2 Gramm Kot am Tupfer haften. Es ist zu beachten, dass der alleinige qualitative Erregernachweis von ubiquitär vorkommenden Keimen (L. intracellularis, Rotaviren...) wenig Sinn macht und nur in Kombination mit der Darmschädigung aussagekräftig ist.
 
Sektion/ Einsenden eines lebenden Ferkels
Für die Sektion eignen sich idealer Weise akut erkrankte oder frisch umgestandene und unbehandelte Tiere. Die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Diagnose erhöht sich mit der Anzahl untersuchter Tiere. Für eine bakteriologische Untersuchung des Magen-Darmtraktes muss das Untersuchungsmaterial möglichst schnell, gekühlt und auslaufsicher verpackt eingesandt werden. Wegen der schnellen Autolyse ist eine histologische Untersuchung nur an frisch euthanasierten Tieren möglich. Deshalb muss für eine histologische Untersuchung bei der Hofsektion eine Organprobe in Formalin (4%) fixiert eingesandt werden oder lebende Tiere zur Untersuchung gelangen. Dies hat den Vorteil, dass Laborbefunde mit den histologischen Veränderungen korreliert werden können, was die Diagnosesicherheit entscheidend erhöht.
 
Nachweis von ETEC: Tupfer aus Dünndarm mit anschliessender Anzüchtung und Bestimmung der Fimbrienantigene sowie Toxinvirulenzfaktoren mittels PCR.
 
Nachweis LI: DNA-Nachweis mittels qPCR. Die Versilberung an Histologiepräparaten von Dünndarm ist wenig sensitiv.
 
Nachweis BH / BP: Tupfer mit Transportmedien aus proximalem Dickdarm und anschliessender Anzüchtung und Differenzierung mittels PCR (Goldstandard) oder Erreger DNA-Nachweis mittels multiplex qPCR.
 
Eine alleinige Untersuchung von Kotproben aus dem Rektum ist dann angezeigt, wenn keine Tiere für die Sektion zur Verfügung stehen. Die Untersuchung von Koloninhalt verbessert die diagnostische Sensitivität. Insbesondere soll sie bei blutigem Durchfall durchgeführt werden, um zumindest B. hyodysenteriae nachzuweisen bzw. auszuschliessen. Der Nachweis von LI mittels qPCR macht auch Sinn, wenn die Tiere geimpft sind; die Impferreger sind nur drei Tage nach der Impfung im Kot mittels PCR nachweisbar.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Wegen des grossen Flüssigkeitsverlustes (ETEC) resp. Blutverlustes (C. perfringens Typ C) sowie der hohen Mortalitätsrate und der irreversiblen Darmschädigung ist bei Auftreten von Symptomen eine sofortige antibiotische Therapie des betroffenen Wurfes angezeigt. Prophylaktische Antibiotikagaben sind wenig sinnvoll, da die Erreger sofort nach dem Absinken des Wirkstoffspiegels die Darmschleimhaut wieder besiedeln können. Eine Antibiotikaverabreichung kann entweder oral und oder parenteral erfolgen. Sind mehr als 10 - 20% einer Gruppe betroffen oder wenn bereits mehrere Tiere gestorben sind, kommt man an einer peroralen Gruppentherapie kaum vorbei. Tiere mit reduzierter Fresslust müssen unbedingt initial individuell oral oder parenteral, wenn immer möglich mit dem gleichen Wirkstoff wie die oral verabreichten Antibiotika behandelt werden. Der Therapieerfolg sollte sich innert 3 Tagen einstellen. Ansonsten muss die Behandlungsstrategie überprüft werden. Da sich sowohl ETEC als auch EPEC mit ihren Fimbrien an den Enterozyten anheften, sollte die höchste Antibiotikum-Konzentration im Darmlumen des Dünndarms erreicht werden. Bei der parenteralen Verabreichung von Antibiotika muss beachtet werden, dass die Wirkstoffe gut ins Darmlumen sezerniert werden. Antibiotika gelangen grundsätzlich auf zwei Wegen ins Darmlumen: aktive Sekretion ins Darmlumen und hepatobiliärer Weg.
 
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