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Feline Panleukopenie (Katzenseuche)

Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Hintergrundinformationen

Erreger
Der Erreger der Katzenseuche ist das Feline Panleukopenievirus (FPV). Es handelt sich hierbei um ein kleines, doppelsträngiges DNA-Virus, welches Feliden und gewisse Wildtiere (z.B. Füchse und Marderartige) infizieren kann.
 
Ursachen & Risikofaktoren
FPV wird über den fäkal-oralen Infektionsweg übertragen, also durch Kontakt zu infizierten Tieren oder deren Ausscheidungen. Das Virus wird durch erkrankte Tiere in grossen Mengen ausgeschieden und ist in der Umwelt sehr beständig, es kann in organischem Material bis zu einem Jahr infektiös bleiben. Katzenbesitzer können FPV über Kleidung und Schuhe in den Haushalt einschleppen. Als weiterer Übertragungsvektor wurden Flöhe beschrieben.
 

Krankheitsbild

FPV führt zu einer systemischen Infektion. Die initiale Replikation erfolgt im Oropharynx, gefolgt von einer zellfreien Virämie 1 - 5 Tage nach Infektion, bei welcher das Virus in praktisch alle Gewebe gelangt. Das Virus kann sich nur in mitotischen Zellen vermehren. Daher sind aktive, sich rasch teilende Gewebe, wie beispielsweise die Darmmukosa (→ Enteritis), das Knochenmark und die Lymphknoten (→ Panleukopenie) besonders betroffen.
 
Bei intrauteriner Übertragung oder perinataler Ansteckung von Welpen ist oft das Gehirn betroffen, spezifisch die Purkinje-Zellen im Kleinhirn.
 
Werden Föten zwischen dem 35. und 45. Trächtigkeitstag infiziert, entwickeln sie eine lebenslang reduzierte T-Lymphozyten-Immunantwort. Bei adulten infizierten Tieren ist die Depletion des Immunsystems hingegen transient.
 
Infektion beim Fötus und bei Neugeborenen
Betroffene Tiere zeigen vor allem neurologische Symptome, wie Ataxie, hypermetrische Bewegungen und ggf. Blindheit. Andere Anzeichen einer Kleinhirnschädigung sind möglich, beispielsweise Tremor bei normalem Bewusstseinszustand.
 
Seltener ist das Grosshirn betroffen - in diesen Fällen ist mit epileptiformen Anfällen, Verhaltensänderungen und verminderten propriozeptiven Reflexen zu rechnen.
 
Welpen mit milden zerebellären Dysfunktionen können allenfalls lernen, diese auszugleichen, ohne dass grosse Einbussen in der Lebensqualität zu verzeichnen sind.
 
Infektion bei Katzen > 6 Wochen
Der Ausbruch der Erkrankung ist abhängig vom Immunstatus und Alter der Tiere sowie von bestehenden Komorbiditäten. Subklinische Ausscheider sind beschrieben; aber auch ältere Katzen können symptomatisch erkranken, teils mit schweren klinischen Verläufen.
 
Klassische Symptome sind: Fieber, Anorexie, Apathie, Erbrechen, und (hämorrhagischer) Durchfall.
 
Die Krankheit kann tödlich verlaufen, v.a. bei Entwicklung einer Septikämie oder disseminierten intravasalen Koagulopathie (DIC).
 
Prognose
Eine Letalität zwischen 25 und 90% ist beschrieben. Perakute Fälle gehen mit fast 100% Sterblichkeit einher. Obschon Katzen unter 6 Monate wohl anfälliger auf die Erkrankung sind, konnte eine Studie zeigen, dass die Letalität nicht unbedingt höher ist als bei älteren Tieren.
 
Diagnose / Tests Verschiedene Point of Care (POC) Schnelltests für den Nachweis von CPV (Canines Parvovirus) Antigen aus dem Kot können für FPV eingesetzt werden. Beachten Sie die Herstellerangaben. Eine Studie, welche 5 verschiedene POC Schnelltests für CPV mit Elektronenmikroskopie verglich, konnte Sensitivitäten zwischen 50 und 80% sowie Spezifitäten zwischen 94 und 100% für den Einsatz der POC Schnelltests bei Katzen verzeichnen.
 
POC Schnelltests für den Nachweis von FPV Antigen sind ebenfalls erhältlich. Falsch negative Resultate können beispielsweise aufgrund von intermittierender Virusausscheidung oder Binden von CPV-Antigen an im Darmlumen vorhandene Antikörper vorkommen. Aufgrund dessen sollte ein negatives Resultat nicht für den Ausschluss einer FPV Infektion verwendet und eine PCR Untersuchung aus Kot eingeleitet werden.
 
Eine höhere Sensitivität als der Nachweis von CPV Antigen besitzt die PCR aus Kot. Die Serologie ist zur Diagnostik ungeeignet, da die Serokonversion erst 4 - 7 Tage nach der Infektion erfolgt und die nachgewiesenen Antikörper nicht von Impfantikörpern unterscheidbar sind. Die Serologie kommt vor allem bei der Überprüfung des FPV Impfschutzes zum Einsatz.
 
Sowohl bei der PCR wie auch in geringerem Mass bei den POC ELISA-Schnelltests ist zu beachten, dass ausgeschiedenes Impfvirus (bei einer bis zu 2 Wochen zurückliegenden Impfung) zu positiven Resultaten führen kann.
 
Therapieleitlinien

Die Therapie ist in erster Linie symptomatisch. Aufgrund des erhöhten Risikos einer Septikämie ist eine Therapie mit einem parenteral verabreichen Antibiotikum mit ausreichend breitem Spektrum indiziert (siehe auch: AntibioticScout).
 
Bei persistierendem Erbrechen ist eine antiemetische Therapie indiziert. Unterstützend können gastroprotektive Medikamente eingesetzt werden. Anticholinergika wie Prifiniumbromid sind kontraindiziert, da sie zu einer Invagination von Darmschlingen führen können.
 
Die Fütterung von häufigen kleinen Mengen eines leichtverdaulichen Futters wird empfohlen. Wichtig ist eine adäquate Flüssigkeitstherapie, intravenös als Dauertropfinfusion.
 
Tiere mit starker Hypoproteinämie oder DIC benötigen allenfalls Plasma- oder Bluttransfusionen.
 
Antivirale Therapien mit felinem Interferon omega sind beschrieben, führten allerdings in den meisten Studien zu keinem günstigen Effekt. Oft eingesetzt werden hingegen Immunsera mit Panleukopenie-Antikörpern.

 
Impfleitlinien Die Impfung gegen FPV gehört zu den Core-Vakzinen und sollte bei allen Katzen, unabhängig von Haltungs- und Umgebungsfaktoren, durchgeführt werden. Sie führt bei korrekter Grundimmunisierung zur Ausbildung einer guten und lang andauernden protektiven Immunität.
 
Die Impfung schützt auch gegen das genetisch eng verwandte CPV, welches ebenfalls in der Lage ist, Katzen zu infizieren.
 
Tabelle 1: In der Schweiz zugelassene Impfstoffe gegen FPV
 
ProduktZulassungs­inhaberinEnthält (FPV-Komponente)Enthält (weitere Komponenten)Zugelassen ab (Alter)
Feligen® CRP ad us. vet.Virbac (Switzerland) AGAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm MR 72Attenuiertes felines Calicivirus, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus8 Wochen
Leucofeligen® FeLV/CRP ad us. vet.Virbac (Switzerland) AGAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm LR 72Attenuiertes felines Calicivirus, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus, gereinigtes p45 FeLV-Oberflächenantigen8 Wochen
Nobivac® TRICAT III ad us. vet.MSD Animal Health GmbHAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm MW-1Attenuiertes felines Calicivirus, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus6 Wochen
Purevax™ RCP ad us. vet.Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbHAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm PLI IVInaktivierte feline Calicivirus-Antigene, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus8 Wochen
Purevax™ RCP FeLV ad us. vet.Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbHAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm PLI IVInaktivierte feline Calicivirus-Antigene, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus, rekombinantes Kanarienpockenvirus vCP97 (FeLV)8 Wochen
Purevax™ RCPCh ad us. vet.Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbHAttenuiertes felines Panleukopenievirus, Stamm PLI IVInaktivierte feline Calicivirus-Antigene, attenuiertes felines Rhinotracheitisvirus, attenuierte Chlamydophila felis8 Wochen
 
In der Schweiz sind aktuell keine Impfstoffe zugelassen, welche nur FPV enthalten.
 
Grundimmunisierung
Tabelle 2: Impfschema FPV - Grundimmunisierung
 
8 - 9 Wochen12 Wochena16 Wochenb6 - 12 Monatec
 
aAb einem Alter von 12 Wochen genügen 2 Impfungen im Abstand von 3 - 4 Wochen, plus eine Impfung mit 6 - 12 Monaten zum Abschluss der Grundimmunisierung.
  
bDie Impfung mit ≥ 16 Wochen wird empfohlen, da vor diesem Zeitpunkt der Einfluss von allenfalls vorhandener maternaler Antikörper die Ausbildung einer ausreichenden Immunantwort hemmen kann.
  
cBei Tieren > 6 Monaten genügt i.d.R. eine einmalige Impfung, um eine protektive Immunantwort zu induzieren. Die Herstellerangaben sind jedoch in jedem Fall zu beachten.
 
Panleukopenie-Problembestände
In Beständen mit bekannter Panleukopenie-Problematik wird ein abweichendes Impfschema bei Katzenwelpen empfohlen. Hierbei erfolgt die erste Impfung bereits im Alter von 6 Wochen, und wird bis und mit 16 Wochen alle 2 Wochen wiederholt. Danach entspricht das Impfschema wieder dem in der Tabelle 2 dargestellten Vorgehen.
 
Zu beachten ist hierbei, dass die verwendeten Impfstoffe für die Anwendung bei Tieren unter 8 Wochen zugelassen sind. Aktuell ist das für ein in der Schweiz zugelassenes Präparat der Fall (Nobivac® TRICAT III ad us. vet., Zulassung ab 6 Wochen Alter).
 
Wiederholungsimpfungen
Eine Wiederholungsimpfung sollte nach erfolgter Grundimmunisierung alle 3 Jahre durchgeführt werden. Verlängert sich der Zeitraum zwischen 2 Impfungen, genügt gemäss internationalen Impfrichtlinien eine einzelne Wiederholungsimpfung, um wieder einen ausreichenden Schutz sicherzustellen.
 
Eine Alternative zu den 3-jährlichen Wiederholungsimpfungen stellt ein individuelles Impfschema nach Antikörpertiter-Messungen dar. Die Immunität gegen FPV ist lang andauernd und ein positiver Antikörpertiter korreliert gut mit einem Schutz vor Erkrankung. Nebst POC Schnelltests für FPV Antikörper bieten auch die meisten Veterinärlabore Antikörpermessungen für FPV an. Eine Wiederholungsimpfung ist dann indiziert, wenn das Tier seronegativ wird.
 
Kontraindikationen
Aktuell sind in der Schweiz nur modifizierte Lebendvakzinen (MLV) gegen FPV zugelassen. Diese sollten während der Trächtigkeit nicht eingesetzt werden. Der Einsatz der Vakzine bei Tieren mit immunsuppressiven Erkrankungen (z.B. FeLV, FIV) oder Medikamenten sollte im Einzelfall abgewogen und nur mit grösster Sorgfalt erfolgen.
 
Durchgemachte Panleukopenievirus-Infektion
Nach einer durchgemachten FPV-Infektion wird eine lebenslange Immunität erwartet. Bei diesen Tieren ist keine FPV-Impfung mehr notwendig.
 
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Bei Verwendung der in Tabelle 1 aufgeführten Kombinationsimpfstoffen kann es vereinzelt zu Augenausfluss, Apathie, Anorexie oder transienter Erhöhung der Körpertemperatur in den Tagen nach der Impfung kommen. Seltener wird Niesen, Husten, Nasenausfluss oder allgemeines Unwohlsein beobachtet.
 
Wie bei allen Impfungen ist das Auftreten von Überempfindlichkeitsreaktionen möglich.
 
Impfungen sollten aufgrund des erhöhten Risikos von Katzen zur Entwicklung von Feline Injection Site Sarcomas (FISS) immer nur wenn indiziert und gemäss der erwarteten Immunitätsdauer verabreicht werden. Die Vakzine muss bei Verabreichung auf Raumtemperatur erwärmt sein. Der Injektionsort sollte so gewählt werden, dass die Exzision eines allfällig auftretenden Sarkoms möglichst problemlos durchgeführt werden kann und sollte zwingend dokumentiert werden.
 
Tritt eine lokale Schwellung oder Knotenbildung nach der Impfung auf, gilt die 3-2-1 Regel: eine Abklärung ist indiziert, wenn die Schwellung über 3 Monate bestehen bleibt, über 2 cm im Durchmesser ist, oder 1 Monat nach der Injektion immer noch grösser wird.
 
Prävention
Eine zentrale Rolle in der Prävention von FPV-Ausbrüchen spielt die Herdenimmunität. Möglichst viele Tiere einer Population sollten korrekt gegen FPV geimpft sein.
 
Die wichtigsten Massnahmen in der Einschränkung von Ausbrüchen sind strikte Quarantänemassnahmen für erkrankter Tiere, die Desinfektion aller Kontaktflächen und Utensilien und die Impfung möglicher (gesunder) Kontakttiere. Das Virus ist extrem stabil in der Umwelt und auf kontaminierten Gegenständen und gegen viele herkömmlich verwendete Desinfektionsmittel resistent. Bei der Wahl des Desinfektionsmittels muss also zwingend auf die Wirksamkeit gegen Parvoviren geachtet werden und die Herstellerangaben zur Anwendung sind exakt einzuhalten. Falls keine Angaben über die Wirksamkeit gegen Parvoviren vorliegen, können Desinfektionsmittel verwendet werden, welche gegen Polioviren geprüft und als wirksam aufgelistet sind.
 
Wirksam sind unter anderem Desinfektionsmittel auf Basis von Natriumhypochlorit (Chlorbleichlauge), Peressigsäure, Formaldehyd, oder Natriumhydroxid (Natronlauge). Ein in der Schweiz erhältliches Produkt auf der Basis von Kaliummonopersulfat ist ebenfalls wirksam. Die Wirksamkeit von Alkoholpräparaten ist ungenügend.
Eine mechanische Reinigung zur Entfernung von grobem Schmutz und organischem Material muss der Desinfektion vorangehen.
 
Patienten mit bestätigter oder vermuteter FPV-Infektion müssen unter strikter Einhaltung der Schutzmassnahmen in gesonderten Räumen untersucht und bei Hospitalisation in einer Quarantänestallung untergebracht werden.
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