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Parvovirose

Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Hintergrundinformationen

Erreger
Der Erreger der caninen Parvovirose ist das canine Parvovirus Typ 2 (CPV-2). Es handelt sich hierbei um ein unbehülltes, doppelsträngiges DNA-Virus, welches Hunde, Katzen und gewisse Wildtiere (z.B. Marderartige) infizieren kann. CPV-2 wurde 1978 das erste Mal beschrieben und hatte sich aus dem felinen Parvovirus entwickelt. In den 80er Jahren entwickelten sich daraus zwei Varianten, CPV-2a und CPV-2b. Im Jahr 2000 wurde eine weitere genetische Variante beschrieben (CPV-2c), welche mittlerweile weltweit vorkommt. Die drei genetischen Varianten unterscheiden sich nicht massgebend in der Pathogenität und dem klinischen Erscheinungsbild der ausgelösten Erkrankung beim Hund.
 
Ursachen & Risikofaktoren
CPV werden fäkal-oral übertragen, also durch Kontakt zum Kot infizierter Tiere. Das Virus wird durch erkrankte Tiere in grossen Mengen ausgeschieden und ist in der Umwelt ausserordentlich beständig; es kann in organischem Material bis zu einem Jahr infektiös bleiben. CPV werden deshalb häufig auch indirekt, z.B. via kontaminierte Gegenstände und Oberflächen, übertragen. Als Vektoren bei der Übertragung von CPV wurden auch Flöhe beschrieben.
 

Krankheitsbild

Nach Eintritt von CPV kommt es zur initialen Replikation in den oropharyngealen und mesenterialen Lymphknoten, gefolgt von einer zellfreien Virämie 1 - 5 Tage nach Infektion, bei welcher das Virus in praktisch alle Gewebe gelangt. Das Virus kann sich nur in mitotischen Zellen vermehren, daher sind aktive, sich rasch teilende Gewebe besonders betroffen, wie beispielsweise Zellen der Darmmukosa, des Knochenmarks, des Thymus und der Lymphknoten. Die Zerstörung der Lieberkühnschen Krypten im Darm führt zu einer Malabsorption und Maldigestion und, nach Zerstörung der Darmbarriere, zur bakteriellen Translokation, welche zu Septikämie, disseminierter intravasaler Koagulopathie (DIC) und systemic inflammatory response syndrome (SIRS) führen kann. Die Zerstörung der Darmbarriere führt weiter zu intestinalem Proteinverlust, welches eine Panhypoproteinämie oder Hypoalbuminämie hervorrufen kann. Die hochgradigen Flüssigkeitsverluste (durch Durchfall und Erbrechen) resultieren in Dehydratation, Elektrolyt- und Säure-Base-Imbalancen - am häufigsten wird eine hypochlorämische Alkalose beobachtet. Motilitätsstörungen im Darm können zur Invagination von Darmschlingen führen. Im Knochenmark zerstören CPV Vorläuferzellen der Leukozyten, was zusammen mit einer Zerstörung von Lymphozyten in Lymphknoten und im Thymus in einer schweren Leukopenie mit Neutropenie und Lymphopenie resultiert. Auch Anämie und Thrombozytopenie, bedingt durch gastrointestinale Blutungen, DIC, oder Knochenmarksnekrose kommen häufig vor. Blutgerinnungsstörungen wurden auch in Abwesenheit einer DIC beschrieben. In einer heutzutage seltenen Form der caninen Parvovirose, welche vorwiegend bei Welpen unter 12 Wochen oder bei Infektion in utero auftritt, findet die Replikation im Myokard statt, was zu einer Herzinsuffizienz führen kann. Neurologische Symptome treten v.a. infolge Blutungen ins zentrale Nervensystem (ZNS) auf; die bei Katzenwelpen beschriebene zerebelläre Hypoplasie kommt bei Hunden kaum vor. In einzelnen Fällen konnte CPV im ZNS mittels PCR oder Immunhistochemie nachgewiesen werden, unter anderem bei Hundewelpen mit Leukoencephalopathie.
 
Symptome
Die häufigsten Symptome sind Erbrechen und profuser Durchfall, oft gemeinsam mit Apathie, Anorexie, und Fieber. Bedingt durch die massive Dehydratation, Septikämie oder SIRS können die Tiere eine hochgradige Schocksymptomatik zeigen. Eine schwere Panhypoproteinämie kann zu peripheren Ödemen führen. Gelegentlich kommt es zu einer sekundären Invagination von Darmschlingen - dies ist eine schwerwiegende Komplikation, welche unbedingt frühzeitig erkannt und behandelt werden muss. Seltener werden Anzeichen einer Herzinsuffizienz, neurologische Symptome oder ein Erythema multiforme beschrieben. Bei adulten, geimpften Tieren kommen vorwiegend subklinische Verläufe vor.
 
Prognose
Die Prognose hängt von der Ausprägung der klinischen Symptomatik bei Therapiestart ab. Verschiedene Studien zeigten ein Überleben bei Hospitalisation von 60 bis 90%. Ohne Therapie ist hingegen in 90% der Fälle mit einem tödlichen Verlauf zu rechnen. Leukopenie, Hypoalbuminämie und Anzeichen von SIRS sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert.
 
Diagnose / Tests Verschiedene Point of Care (POC) Schnelltests für den Nachweis von CPV Antigen aus Kot sind erhältlich. Diese basieren auf dem Prinzip der Latexagglutination, des ELISA oder der Immunchromatographie. Die Spezifität dieser Tests liegt in der Regel über 90%, die Sensitivität ist jedoch unterschiedlich und wird je nach Studie und Produkt zwischen 16 und 90% eingeschätzt. Falsch negative Resultate können beispielsweise aufgrund von intermittierender Virusausscheidung oder Binden von CPV-Antigen an im Darmlumen vorhandene Antikörper vorkommen. Aufgrund dessen sollte ein negatives Resultat nicht für den Ausschluss einer CPV Infektion verwendet und eine PCR Untersuchung aus Kot eingeleitet werden.
 
Eine höhere Sensitivität als der Nachweis von CPV Antigen besitzt die PCR aus Kot. Die Serologie ist zur Diagnostik ungeeignet, da die Serokonversion erst 4 - 7 Tage nach der Infektion erfolgt und die nachgewiesenen Antikörper nicht von Impfantikörpern unterschieden werden können. Die Serologie kommt vor allem bei der Überprüfung des CPV Impfschutzes zum Einsatz.
 
Bei der PCR ist zu beachten, dass ausgeschiedenes Impfvirus auch zu positiven Resultaten führen kann. Eine Studie konnte zeigen, dass bei 23% der geimpften Hunde CPV DNA bis zu 28 Tage nach der Impfung im Kot nachweisbar ist. Zwar wurde auch der Nachweis von CPV Antigen mittels Schnelltests im Kot nach einer Impfung postuliert, Studien konnten dies jedoch nicht aufzeigen.
 
Therapieleitlinien

Eine ätiologische Therapie ist nicht möglich, der unterstützenden Therapie und pflegerischen Massnahmen kommen jedoch eine zentrale Rolle zu. Bei den meisten erkrankten Tieren ist eine intravenöse Infusionstherapie unumgänglich. Aufgrund des hohen Risikos einer Septikämie ist eine Therapie mit parenteral verabreichten Antibiotika mit ausreichend breitem Spektrum indiziert (siehe auch: AntibioticScout). Bei persistierendem Erbrechen kommen antiemetische Medikamente zum Einsatz. Unterstützend können gastroprotektive Medikamente eingesetzt werden. Die Blutglukose sollte, insbesondere bei Jungtieren oder Zwergrassen, gut überwacht und die Infusionen bei Bedarf mit Glukose supplementiert werden. Bei schweren Anämien oder DIC können Blut- oder Plasmatransfusionen nötig sein.
 
Der früher propagierte Futterentzug ist kontraindiziert, da neure Studien nahelegen, dass eine frühzeitige enterale Ernährung zur Abheilung beiträgt. Dies kann nach Sistieren des Erbrechens z.B. mittels einer nasogastrischen Sonde geschehen, die Tiere sollten mit hochverdaulichem Futter angefüttert werden.
 
Die Verabreichung von felinem Interferon omega intravenös in hohen Dosen und sehr früh im Verlauf kann die Ausprägung der klinischen Symptomatik sowie die Mortalität reduzieren. Ein Nutzen von Immunsera mit Panleukopenie-Antikörpern ist nur bei sehr frühem Therapiestart - idealerweise noch vor dem Eintreten der klinischen Symptome - gegeben. Neuere Studien legen nahe, dass eine Kottransplantation (fecal microbiota transplantation, einmalig 10 g verdünnt im 10 ml NaCl) die Durchfall- und Hospitalisationsdauer verkürzen kann.

 
Impfleitlinien Die Impfung gegen CPV gehört zu den Core-Vakzinen und sollte bei allen Hunden, unabhängig von Haltungs- und Umgebungsfaktoren, durchgeführt werden. Sie führt bei korrekter Grundimmunisierung (siehe unten) zur Ausbildung einer guten und lang andauernden protektiven Immunität gegen alle CPV Varianten.
 
Tabelle 1: In der Schweiz zugelassene Impfstoffe gegen CPV
 
ProduktZulassungs­inhaberinEnthält (CPV-Komponente)Enthält (weitere Komponenten)Zugelassen ab (Alter)
Nobivac® PARVO ad us. vet.MSD Animal Health GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm 154-6 Wochen
Versican® Plus P ad us. vet.Zoetis Schweiz GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm CPV-2b-Bio 12/B-6 Wochen
Canigen® SHA2PPi/L ad us. vet.Virbac (Switzerland) AGAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm CPV780916Attenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 2, attenuiertes canines Parainfluenzavirus, inaktivierte Leptospira canicola und icterohaemorrhagiae8 Wochen
Eurican® DAPPi-Lmulti ad us. vet.Boehringer Ingelheim (Schweiz) GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm CAG2Attenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 2, attenuiertes canines Parainfluenzavirus, inaktivierte Leptospira canicola, icterohaemorrhagiae und grippotyphosa7 Wochen
Nobivac® DHP ad us. vet.MSD Animal Health GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm 154Attenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 28 Wochen
Nobivac® DHPPi ad us. vet.MSD Animal Health GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm 154Attenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 2, attenuiertes canines Parainfluenzavirus8 Wochen
Versican® Plus DHPPi/L4 ad us. vet.Zoetis Schweiz GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm CPV-2b-Bio 12/BAttenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 2, attenuiertes canines Parainfluenzavirus, inaktivierte Leptospira icterohaemorrhagiae, canicola, grippotyphosa und australis6 Wochen
Versican® Plus DHPPi/L4R ad us. vet.Zoetis Schweiz GmbHAttenuiertes canines Parvovirus CPV-2, Stamm CPV-2b-Bio 12/BAttenuiertes canines Staupevirus, attenuiertes canines Adenovirus Typ 2, attenuiertes canines Parainfluenzavirus, inaktivierte Leptospira icterohaemorrhagiae, canicola, grippotyphosa und australis, inaktiviertes Tollwutvirus8 Wochen
 
Grundimmunisierung
Tabelle 2: Impfschema CPV - Grundimmunisierung
 
8 - 9 Wochen12 Wochena16 Wochenb6 - 12 Monatec
 
aAb einem Alter von 12 Wochen genügen 2 Impfungen im Abstand von 3 - 4 Wochen, plus eine Impfung mit 6 - 12 Monaten zum Abschluss der Grundimmunisierung.
  
bDie Impfung mit ≥ 16 Wochen wird empfohlen, da vor diesem Zeitpunkt allenfalls vorhandene maternale Antikörper die Ausbildung einer ausreichenden Immunantwort hemmen können.
  
cBei Tieren > 6 Monaten genügt gemäss internationaler Guidelines eine einmalige Impfung, um eine protektive Immunantwort zu induzieren.
 
Parvovirose-Problembestände
In Beständen mit bekannter Parvovirose-Problematik wird ein abweichendes Impfschema bei Hundewelpen empfohlen. Hierbei erfolgt die erste Impfung bereits im Alter von 6 Wochen, und wird bis und mit 16 Wochen alle 2 Wochen wiederholt. Danach entspricht das Impfschema wieder dem in der Tabelle 2 dargestellten Vorgehen.
 
Zu beachten ist hierbei, dass Impfstoffe verwendet werden, welche für die Anwendung bei Tieren unter 8 Wochen zugelassen sind (siehe Tabelle 1).
 
Wiederholungsimpfungen
Eine Wiederholungsimpfung sollte nach erfolgter Grundimmunisierung nicht häufiger als alle 3 Jahre durchgeführt werden. Verlängert sich der Zeitraum zwischen 2 Impfungen, genügt gemäss internationalen Impfrichtlinien eine einzelne Wiederholungsimpfung, um wieder einen ausreichenden Schutz sicherzustellen.
 
Eine Alternative zu den 3-jährlichen Wiederholungsimpfungen stellt ein individuelles Impfschema gemäss Antikörpertiter-Messungen dar. Die Immunität gegen CPV ist lang andauernd und ein positiver Antikörpertiter korreliert gut mit einem Schutz vor Erkrankung. Nebst POC Schnelltests für CPV Antikörper bieten auch Veterinärlabore CPV Antikörpermessungen an. Es gibt jedoch keine Standardisierung zwischen den in den jeweiligen Labors verwendeten Tests. Eine Wiederholungsimpfung ist dann indiziert, wenn kein Impftiter mehr nachweisbar ist. Die WSAVA empfiehlt eine Titerkontrolle alle 3 Jahre bei adulten Tieren und jährlich bei geriatrischen Patienten.
 
Kontraindikationen
Aktuell sind in der Schweiz nur modifizierte Lebendvakzinen (MLV) gegen CPV zugelassen. Grundsätzlich sollten MLV nicht während der Trächtigkeit verabreicht werden. Die Herstellerangaben sind zu beachten. Der Einsatz der Vakzine bei Tieren mit immunsuppressiven Erkrankungen oder Medikamenten sollte im Einzelfall abgewogen werden.
 
Durchgemachte Parvovirus-Infektion
Nach einer durchgemachten CPV-Infektion wird eine lebenslange Immunität erwartet. Bei diesen Tieren ist keine CPV-Impfung mehr notwendig. Da bei den in der Schweiz zugelassenen Kombinationsimpfstoffen CPV mit enthalten ist, kann diese Komponente dennoch mitgeimpft werden.
 
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Bei Verwendung der in Tabelle 1 aufgeführten Impfstoffen kann es vereinzelt zu gastrointestinalen Symptomen wie Durchfall, Erbrechen und Appetitlosigkeit oder verminderter Aktivität kommen. Weiter kommen lokale Reaktionen mit vorübergehender Schwellung an der Injektionsstelle vor. Wie bei allen Impfungen ist das Auftreten von Überempfindlichkeitsreaktionen möglich.
 

Prävention

Eine zentrale Rolle in der Prävention von CPV-Ausbrüchen spielt die Herdenimmunität. Möglichst viele Tiere einer Population sollten korrekt gegen CPV geimpft sein.
 
Die wichtigsten Massnahmen bei der Bekämpfung von Ausbrüchen sind strikte Quarantänemassnahmen für erkrankter Tiere, die Desinfektion aller Kontaktflächen und Utensilien und die Impfung möglicher (gesunder) Kontakttiere. Das Virus ist extrem stabil in der Umwelt und auf kontaminierten Gegenständen und gegen die meisten herkömmlich verwendeten Desinfektionsmittel resistent. Bei der Wahl des Desinfektionsmittels muss zwingend auf die Wirksamkeit gegen Parvoviren geachtet werden und die Herstellerangaben zur Anwendung müssen eingehalten werden. Falls keine Angaben über die Wirksamkeit gegen Parvoviren vorliegen, können Desinfektionsmittel verwendet werden, welche gegen Polioviren geprüft und als wirksam aufgelistet sind. Wirksam sind unter anderem Desinfektionsmittel auf Basis von Natriumhypochlorit (Chlorbleichlauge), Peressigsäure, Formaldehyd oder Natriumhydroxid (Natronlauge). Ein in der Schweiz erhältliches Produkt auf der Basis von Kaliummonopersulfat ist ebenfalls wirksam. Die Wirksamkeit von Alkoholpräparaten ist nicht ausreichend. Eine mechanische Reinigung zur Entfernung von grobem Schmutz und organischem Material muss der Desinfektion vorangehen.
 
Patienten mit bestätigter oder vermuteter CPV-Infektion müssen unter strikter Einhaltung der Schutzmassnahmen in gesonderten Räumen untersucht und bei Hospitalisation in einer Quarantänestallung untergebracht werden.
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