2. Quellen
2.1 | Nicht-ionische und anionische Detergentien |
sind in Seifen, Reinigungsmitteln, Geschirrspülmitteln, Shampoos und Waschmitteln vorhanden. Anionische Detergentien sind die am häufigsten vorkommenden Vertreter.
2.2 | Kationische Detergentien |
kommen in Weichmachern, Desinfektionsmitteln, Antiseptika, Fungiziden, Algenbekämpfungs- oder Rostschutzmitteln vor.
3. Kinetik
Die anionischen und kationischen Detergentien werden gastrointestinal resorbiert und können systemische Wirkung erlangen. Eine weitere Resorption ist im Bereich verletzter Hautpartien möglich. Die aufgenommenen Substanzen werden in der Leber metabolisiert und über die Nieren ausgeschieden. Seifen und nicht-ionische Detergentien werden kaum resorbiert.
4. Toxisches Prinzip
Die toxische Wirkung beruht auf der Eigenschaft, Zellmembranen aufzulösen und Protein zu fällen. Zwischen den verschiedenen Substanzen sind beträchtliche Unterschiede im Ausmass der toxischen Risiken festzustellen.
4.1 | Seifen, nicht-ionische und anionische Detergentien |
weisen eine geringe Toxizität auf, die sich mit Erbrechen, Durchfall oder Erosionen der Kornea manifestieren kann. Handelsübliche Produkte, die in automatischen Geschirrspülern Anwendung finden, sind besonders stark alkalisch und wirken daher korrosiv auf Schleimhäuten. Die Resorption anionischer Detergentien kann zu Hämolyse führen.
4.2 | Die kationischen Detergentien |
weisen ein höheres Gefährdungspotential auf. Auf Grund ihrer Korrosionsfähigkeit schädigen sie die Haut und Schleimhaut an den Kontaktstellen. Nach Exposition der Augen entstehen schwere Corneaschäden. Die kationischen Detergentien werden auch enteral resorbiert und bewirken Hypersalivation, Erbrechen, Muskelzuckungen, Krämpfe, Muskelschwäche, ZNS- und Atemdepression, Hyperthermie und Koma. Es ist nicht geklärt, ob die systemischen Wirkungen durch Hemmung der Acetylcholinesterase zustande kommen.
5. Toxizität bei Labortieren
Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Alkoniumbromid | | 560 | | |
Benzalkoliumbromid | | 460 | | |
Benzalkoliumchlorid (= Zephiran) | | 234-400 | | |
Benzethoniunchlorid (= Phemerol) | | 420 | | |
Cetalkoniumchlorid (= Cetol) | 175 | | | |
Cetylpyridiniumchlorid (= Ceepryn) | | 200 | | |
Methalkoliumchlorid | | 350-800 | | |
Natriumlaurylsulfat (= Natriumdodecylsulfat) | | 1'288-1860 | | |
Roccal (= Tretolit XC511) | | 150-300 | | |
Tetrosan | | 316-2'000 | | |
II. Spezielle Toxikologie - Kleintier
1. Toxizität
Die Toxizität der verschiedenen Substanzklassen variiert. Die Mortalität ist bei allen drei Gruppen gering, während die Morbidität bei den kationischen hoch, bei den anionischen mittel bis gering und bei den nicht-ionischen Detergentien sehr gering ist. Die minimal letale Dosis von Spülmaschinenpulver liegt bei 0.5-2.5 g/kg Körpergewicht p.o. beim Hund.
2. Latenz
Bis zum Einsetzen erster Symptome kann es Minuten aber auch Wochen dauern. Vor allem bei nachfolgenden Strikturen können die Störungen mit Verzögerung auftreten.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Ataxie, Hyperthermie, Depression, Koma |
|
3.2 | Nervensystem |
| Muskeltremor, Zuckungen, Krämpfe, Paresen |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Erbrechen, Hämatemesis, Maulschleimhautödem und -läsionen, Schäumen, Hypersalivation, Speiseröhrenulkus, Schluckstörungen, Dysphagie |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Kolik, Durchfall |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Dyspnoe, wenn Kontakt mit der Schleimhaut des Atemapparats bestanden hat, Atemdepression; Aspirationspneumonie, die oft zum Tod des Tieres führen kann |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Keine Symptome |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Tränen, Konjunktivitis, Kornea-Erosion oder Ulceration, Blepharospasmus |
|
3.9 | Harntrakt |
| Hämaturie, Hämoglobinurie |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Schleimhaut- und Hautreizung, Ulceration |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Anämie, Ikterus |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Charakteristisch sind Ulcerationen an den Schleimhäuten des Magen-Darm-Traktes, insbesondere auch in der Speiseröhre. Perforationen und Strikturen sind möglich. Nach Aspiration sind entzündliche Veränderungen in Bronchien und Lunge festzustellen. Bei Vergiftungen mit kationischen Detergentien sind ausgedehnte Hämorrhagien und Ödeme in den oberen Gastrointestinalabschnitten zu erwarten. Die anliegenden Teile der Lunge sind in ähnlicher Weise verändert. Ferner treten Tubulidegenerationen in den Nieren auf.
5. Weiterführenden Diagnostik
- | Blutchemie: Urämie, erhöhte Werte der Leberenzyme, Bilirubinämie |
- | Differentialblutbild: Anämie, Leukozytose, Leukopenie nach Aufnahme grosser Dosen im Letalbereich |
- | Harnanalyse: Hämoglobinurie |
- | Nachweis der Schleimhautläsionen im Ösophagus- und Magenbereich |
6. Differentialdiagnosen
- | Bei Vergiftungen mit anionischen Detergentien kommen differentialdiagnostisch Säuren und Laugen in Frage |
- | Bei kationischen Detergentien sind Hemmer der Acetylcholinesterase in Betracht zu ziehen. |
- | Weitere Differentialdiagnose: Tollwut, andere Ursachen von Dysphagie. |
7. Therapie
- | Dimethylpolysiloxan (Dimeticon, Simeticon) ist aufgrund seiner geringen Oberflächenspannung in der Lage, die Schaumbildung zu unterbrechen. Der Wirkstoff verhindert somit die Gefahr, dass Schaum in die Atemwege gelangt. Dosierung: bis 10 mg/kg p.o. als 2-5%ige Lösung in Wasser. Erst 10 Minuten nach der Verabreichung von Dimeticon soll Wasser zu Trinken angeboten werden. |
- | Haut- und Schleimhautkontaktstellen werden sorgfältig und lang (20 Minuten) mit lauwarmem Wasser gespült |
- | Augen 20 Minuten lang mit lauwarmem Wasser oder steriler Kochsalzlösung spülen |
- | Magenspülung und Emesis sind wegen Aspirationsgefahr und chemischer Pneumonitis kontraindiziert! |
- | Aktivkohle ist unwirksam |
7.4 | Weitere symptomatische Massnahmen |
- | Behandlung der Kolik mit einem Spasmolytikum |
- | Behandlung allfälliger Cornealäsionen: antibiotische Augensalbe, Vitamin A |
- | Antiemetika: Metoclopramid oder Domperidon |
- | Schutz der Magenschleimhaut: Ranitidin, Omeprazol und Sucralfat |
- | Antibiotische Versorgung als Prophylaxe bei blutigem Erbrechen und Durchfall: Breitspektrumantibiotika |
8. Fallbeispiele
8.1 | Ein Hund (10 Monate, 20 kg, weiblich) hat vor 8-10 Stunden unbekannte Mengen eines Universalreinigers getrunken. |
| Symptome: starkes schaumiges Erbrechen, Mydriasis, keine Darmgeräusche, am nächsten Tag zusätzlich Durchfall |
| Therapie: Infusion, Metamizol, Vitamin B, nach Auftreten des Durchfalls Ampicillin |
| Verlauf: nach 2 Behandlungstagen geht es dem Hund besser |
| (Tox Info Suisse). |
|
8.2 | Hund (11 Jahre, 23 kg, männlich) hat ein ganzes Stück Seife gefressen. |
| Symptome: keine |
| Therapie: entfällt |
| (Tox Info Suisse). |
9. Literatur
Coppock RW, Mostrom MS & Lillie LE (1988) The toxicology of detergents, bleaches, antiseptics and desinfectants in small animals. Vet Hum Toxicol 30, 463-473
Ellenhorn MJ (1997) Detergents. In. Medical Toxicology, 2nd edition (Matthew J. Ellenhorn ed), Williams & Wilkins, Baltimore, 1080-1082
Gfeller RW & Messonnier SP (2004) Handbook of small animal toxikology and poisonings, Mosby, St. Louis, pp 151-156
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Krenzelok EP (1989) Liquid automatic dishwashing detergents: a profile of toxicity. Ann Emerg Med 18, 60-63
Lee JF, Simonowitz D & Block GE (1972) Corrosive injury of the stomach and esophagus by nonphosphate detergents. Am J Surg 123, 652-656
MacDonald WE, Beasley AG, Cubit DA & Deichmann WB (1972) The acute oral toxicity and the hazard associated with the oral administration of two detergents. Indust Med Surg 41, 9-14
Muggenburg BA, Mauderly JL, Felicetti SA, Silbaugh SA & Hahn FF (1974) Treatment of beagle dogs after the ingestion of a commercial detergent product. Clin Toxicol 7, 615-626
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Murphy M (1994) Toxin exposures in dogs and cats: Drugs and household products. J Am Vet Med Assoc 205, 557-561
Owens J & Dorman D (1997) Common household hazards for small animals. Vet Med 92, 140-141
Trapani M, Brooks DL & Tillman PC (1982) Quaternary ammonium toxicosis in cats. Lab Anim Sci 32, 520-522
Van Berkel M & De Wolff FA (1988) Survival after acute benzalkonium chloride poisoning. Hum Toxicol 7, 191-193
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey