2. Quellen
Piperazin ist ein älteres Anthelminthikum, dessen Bedeutung auf Grund seines schmalen Wirkungsspektrum stark zurückgegangen ist. Die Anwendung erfolgt ausschliesslich oral in Form von Sirup, Pasten, Pulver oder Tabletten.
3. Kinetik
Piperazin wird nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Kanal resorbiert. Höchste Plasmaspiegel bestehen nach 2 Stunden.
Seine Ausscheidung aus dem Organismus erfolgt vornehmlich über den Urin, wobei Teile der Substanz in metabolisierter Form vorliegen.
Die Plasmahalbwertzeit liegt bei 2-6 Stunden, und die Ausscheidung ist 24 Stunden nach Aufnahme praktisch abgeschlossen.
4. Toxisches Prinzip
Piperazin besitzt GABA-agonistische Wirkung, das heisst, es potenziert die inhibitorischen Synapsen. Bei Beachtung der angegebenen Dosierung des Medikaments wird die Blut-Hirn-Schranke von Piperazin nicht überwunden, im Fall einer Überdosierung erhöht sich jedoch die Durchlässigkeit der Gefässmembranen, und Piperazin erlangt beim Säuger zentrale Wirkung.
Des weiteren kommt es im Magen zur Bildung geringer Mengen von N-Nitrosopiperazinen, die als potentiell Mutagene und Kanzerogen anzusehen sind. Wegen dieses Risikofaktors sollte auf die Anwendung von Piperazin bei Lebensmittel-liefernden Tieren verzichtet werden.
5. Toxizität bei Labortieren
Die akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht) ist wie folgt:
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Piperazin | 600 | 1'900 | | |
II. Spezielle Toxikologie - Kleintier
1. Toxizität
Bei Einhaltung der angegebenen Dosierungen (100-200 mg/kg Körpergewicht) sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Bei der Behandlung von Welpen und kleinen Tieren ist aber die Dosierung oft nicht genau gewichtsbezogen. Die minimal toxische Dosis wird mit 500-600 mg/kg angegeben. Es ist empfehlenswert, anderen besser wirksamen und weniger bedenklichen Anthelminthika den Vorzug zu geben.
2. Latenz
Die Latenzzeit beträgt 30 Minuten bis zu wenigen Stunden.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Unruhe, Apathie, Kopfpressen, Depression, Ataxie |
|
3.2 | Nervensystem |
| Hyperästhesie, Tremor, Krämpfe, Parese |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Hypersalivation, Erbrechen |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Durchfall |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Bradykardie |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Keine Symptome |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Bei postmortalen Untersuchungen lassen sich keine spezifischen Veränderungen mit Piperazin-Vergiftungen in Zusammenhang bringen.
5. Weiterführende Diagnostik
- | Der Nachweis von Piperazin in Blut oder Harn ist möglich. |
6. Differentialdiagnose
- | Andere Ursachen von Gastroenteritis |
- | Vergiftungen mit anderen GABA-Agonisten (zum Beispiel Ivermectin) oder Parasympathomimetika (zum Beispiel Carbamaten oder Organophospahten) |
7. Therapie
7.2 | Dekontamination und Elimination |
- | Provozierte Emesis |
- | Sofern guter Schluckreflex: wiederholte Verabreichung von Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml) |
7.3 | Forcierte renale Elimination |
7.4 | Weitere symptomatische Massnahmen |
8. Fallbeispiele
8.1 | Zwei Katzenwelpen (8 Wochen) haben vor 24 Stunden die 8-fache therapeutische Dosis eines oralen Piperazin-Präparats erhalten. |
| Symptome: Eines der Welpen zeigt Depression, Hyperästhesie, Ataxie der Hintergliedmassen. |
| Therapie: Ruhe, Amoxicillin |
| Verlauf: Besserung nach 8 Stunden, nach 20 Stunden vollständige Genesung |
| (Goddard & Johnston, 1986). |
|
8.2 | Neun Afghanische Windhunde (3 Wochen) haben vor 7 Stunden die 5- bis 6-fache therapeutische Dosis eines oralen Piperazin-Präparats erhalten. |
| Symptome: Tetanie, Vorderbeine sind flach an den Rumpf nach hinten gepresst |
| Therapie: Pentobarbital, Vitamin B-Präparat |
| Verlauf: 20 Minuten nach Administration des Barbiturates kommt es zur Entspannung der Muskulatur. Die Wirkung hält jeweils wenige Stunden und das Barbiturat wird 3 Tage lang nachdosiert. Die Welpen erholen sich vollständig |
| (Bownass, 1987). |
9. Literatur
Bownass RC (1987) Piperazine toxicity in Afghan puppies. Vet Rec 120, 310
Darke PG (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 507
Goddard PC & Johnston AM (1986) Piperazine toxicity in a kitten. Vet Rec 119, 635
Greenberg J & Seymour WE, (1958) Effect of piperazine citrate on puppies. Vet Med 53, 609-610
Hartigan P (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 70
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillere Tindall, London, pp 99
Lovell RA (1990) Ivermectin and piperazine toxicoses in dogs and cats. Vet Clin North Am Small Anim Prac 20, 453-468
Windholz M (1983) The Merck Index. Merck & Co, Rahway, New Jersey
Woolliscroft G (1987) Piperazine toxicity. Vet Rec 120, 70