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ACE-Hemmer

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

ACE (Angiotensin-Konversionsenzym)-Hemmer sind Antihypertensiva, die das Angiotensin Converting Enzyme (ACE, Kininase II) hemmen und dadurch auf das kardiovaskuläre System und die Nieren einwirken. ACE-Hemmer sind strukturverwandt mit dem Pentapeptid BPP5a, das aus dem Schlangengift der brasilianischen Jararaca-Lanzenotter (Bothrops jararaca) isoliert wurde. Folgende ACE-Hemmer sind auf dem Markt: Benazepril, Captopril, Cilazapril (Cilazaprilat), Enalapril, Fosinopril, Imidapril, Lisinopril, Moexipril, Perindopril (Perindoprilat), Quinapril (Quinaprilat), Ramipril (Ramiprilat), Spirapril, Trandolapril und Zofenopril.
 

2. Quellen

ACE-Hemmer werden in der Human- und Veterinärmedizin zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (vor allem Herzinsuffizienz), systemischem Bluthochdruck und einigen Nierenerkrankungen eingesetzt.
 

3. Kinetik

Die am häufigsten verschriebenen ACE-Hemmer bei Katzen und Hunden sind Benazepril und Enalapril. Ausser Captopril und Lisinopril sind alle ACE-Hemmer Prodrugs und müssen in ihre aktive Form metabolisiert werden, z.B. Benazepril in Benazeprilat. Die Elimination der ACE-Hemmer verläuft in zwei Ausscheidungsphasen, initial wird der freie, danach der gewebegebundene Wirkstoff ausgeschieden.
 
ACE-HemmerTier­artZeit­punkt des maxi­malen Blut­spiegelsWirk­dauerPlasma­protein­bindungElimi­nationPlasma­halbwerts­zeit
BenazeprilHund75 min30 h85%55% biliär, 45% renal19 h
BenazeprilKatze2 h  85% biliär, 15% renal16-23 h
CaptoprilHund 4 h40%> 95% renal2.8 h
EnalaprilHund4-6 h12-14 h > 95% renal (Metabolit Enalaprilat) 
ImidaprilHund5 h mässig 10 h
LisinoprilHund4 h24 h   
RamiprilHund 24 h   
RamiprilKatze    20 h
 

4. Toxisches Prinzip

-Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) erfüllt eine wichtige homöostatische Funktion, indem es durch die Freisetzung von Angiotensin II und Aldosteron das Flüssigkeitsvolumen und den Blutdruck reguliert. Eine chronische Überaktivierung des RAAS infolge Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen führt zu Bluthochdruck, Gewebeumbau, Entzündungen und Fibrose.
-ACE-Hemmer unterdrücken das RAAS, indem sie die ACE-vermittelte Umwandlung von Angiotensin I in Angiotensin II hemmen. Zu den positiven Wirkungen der RAAS-Suppression gehören die Senkung des Blutdrucks, die Verringerung der Angiotensin II-induzierten Mesangiumzellen-Proliferation in den Nieren und die renale Vasodilatation mit Verringerung der Proteinurie.
-Die toxischen Wirkungen von ACE-Hemmern basiert auf ihrer pharmakologischen Wirkungen. Angiotensin II ist ein starker Vasokonstriktor und erhöht den Sympathikotonus. Es stimuliert die Aldosteronsekretion sowie den Durst, die Wasserretention und tubuläre Natriumrückresorption, wodurch das extrazelluläre Flüssigkeitsvolumen erhöht wird. Die Blockade dieser Wirkungen führt zu einer Vasodilatation sowie zu Natrium- und Wasserverlust.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Die akute orale LD50 ist wie folgt (in mg/kg Körpergewicht):
 MausRatte
Benazepril4019> 5000
Captopril25004525
Cilazapril > 5000
Enalapril2000-35002000-3500
Imidapril> 50003536
Lisinopril> 9100> 8500
Moexipril22094015
Perindopril> 2500> 3000
Quinapril17393541
Ramipril1050010000
Spirapril> 2500> 2500
Trandolapril3990-4875> 2000
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

-Nach kleinen Überdosierungen (< 5-fache therapeutische Dosis) können die Patienten zu Hause überwacht werden.
-Analog der Humanmedizin: nach Einnahme einer grösseren Dosis sollten asymptomatische Patienten über 6 Stunden in einer Klinik überwacht werden, da sich innerhalb von etwa 5 Stunden eine Hypotonie entwickeln kann, unabhängig davon, welcher ACE-Hemmer eingenommen wurde.
-Patienten mit Herzinsuffizienz, Salzmangel, Leberfunktionsstörungen und/oder Nierenerkrankungen können anfälliger sein.
Benazepril: Therapeutische Dosis Hund: 0.25-1 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden; Katze: 0.25-0.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden.
-Akute Toxizität: LD50 Hund oral: 1000 mg/kg Körpergewicht.
-Chronische Toxizität: Verminderte Erythrozytenzahlen traten bei Katzen auf, die 10 mg/kg Körpergewicht/Tag erhielten, und bei Hunden, die 12 Monate lang 150 mg/kg/Tag erhielten. Hunde tolerierten eine 200-fache Überdosierung.
Enalapril: Therapeutische Dosis: Hund: 0.25-2 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden; Katze: 0.25-0.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden.
-Akute Toxizität: TD Hund oral: 100 mg/kg Körpergewicht, LDLo Hund oral: > 200 mg/kg Körpergewicht.
-Chronische Toxizität: Bei Hunden, die bis zu einem Jahr lang 15 mg/kg Körpergewicht/Tag erhielten, wurden keine unerwünschten Wirkungen festgestellt.
Captopril: Therapeutische Dosis: Hund: 0.5-2 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 8 Stunden; Katze: 3.125-6.25 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 8-12 Stunden.
-Toxizität: TD Hund oral: 1500 mg/kg Körpergewicht führen zu Erbrechen und Hypotonie.
-Chronische Toxizität: Hund: Dosen > 6.6 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 8 Stunden, können zu akutem Nierenversagen führen.
Imidapril: Therapeutische Dosis: Hund: 0.25 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden.
-Chronische Toxizität: Katzen, die 3 Monate lang 0.5 mg/kg Körpergewicht/Tag p.o. erhielten, zeigten keine unerwünschten Wirkungen; Hunde tolerieren bis zu 5 mg/kg Körpergewicht/Tag.
Lisinopril: Therapeutische Dosis: Hund: 0.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 12-24 Stunden; Katze: 0.25-0.5 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden.
-Toxizität: Bei Hunden können Dosen unter 20 mg/kg Körpergewicht p.o. Erbrechen verursachen, während 27 mg/kg Körpergewicht zu Hypotonie führen können; Hypotonie entwickelte sich bei 1/218 Katzen, denen 4.9 mg/kg Körpergewicht verabreicht wurden.
Perindopril: LD50 Hund oral: > 1600 mg/kg Körpergewicht.
Ramipril: Therapeutische Dosis: Hund, Katze: 0.125-0.25 mg/kg Körpergewicht p.o., alle 24 Stunden.
-Akute Toxizität: LD50 Hund oral: > 1000 mg/kg Körpergewicht; Dosen bis zu 1000 mg/kg Körpergewicht verursachten leichte gastrointestinale Symptome.
Trandolapril: Akute Toxizität: LD50 Hund oral: 2000 mg/kg Körpergewicht.
 

2. Latenz

Klinische Symptome entwickeln sich in der Regel innerhalb von 2 Stunden; eine Hypotonie innerhalb von etwa 5 Stunden.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Apathie, Lethargie, Ataxie, Anorexie
  
3.2Nervensystem
Schwäche
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Vomitus
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Diarrhoe
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Synkope, Hypotonie (infolge Vasodilatation), Tachykardie (kompensatorisch), Bradykardie (selten, infolge Wegfall der sympathischen Stimulation durch Angiotensin II und/oder Unterbrechung der Angiotensin II-vermittelten vagalen Hemmung)
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Keine Symptome
  
3.9Harntrakt
Akute Niereninsuffizienz (infolge Verlust der Angiotensin II-vermittelten Nierenautoregulation und Verringerung der glomerulären Filtrationsrate)
  
3.10Haut, Schleimhäute
Keine Symptome
  
3.11Blut, Blutbildung
Hyperglykämie (infolge reduzierten Aldosteronspiegeln)
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Veränderungen in den Nierentubuli.
 

5. Weiterführende Untersuchungen

-Blutbild: Anämie, Neutropenie.
-Blutchemie: Hyponatriämie, Hyperkaliämie und/oder Azotämie.
-Blutdruck: Hypotonie.
-Serum-Wirkstoffkonzentrationen: klinisch nicht von Nutzen.
 

6. Differentialdiagnose

-Intoxikation mit Angiotensin II Rezeptorblockern (Sartane), Betablockern oder Calciumkanalblockern.
-Hypotonie durch eine primäre Herzerkrankung (z.B. Arrhythmie, systolische Herzinsuffizienz), eine verminderte Vorlast (z.B. Hypovolämie, Hypoadrenokortizismus), eine verminderte Gefässversorgung (z.B. Anaphylaxie, Sepsis) oder einen verminderten venösen Rückfluss (z.B. Herztamponade).
 

7. Therapie

7.1Notfallmassnahmen
-Kreislauf stabilisieren
-Atmung stabilisieren
 
7.2Dekontamination und Elimination
-Provozierte Emesis: innerhalb von 2 Stunden nach Einnahme bei asymptomatischen Patienten.
-Magenspülung: bei der Einnahme grosser Mengen und/oder die provozierte Emesis nicht möglich ist.
-Sofern guter Schluckreflex: Verabreichung von Aktivkohle mit einem Laxans, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml): innerhalb von 2 Stunden.
 
7.3Weitere symptomatische Massnahmen
-Intravenöse Flüssigkeitstherapie mit ausgewogener kristalloiden Lösung (z.B. Ringer-Laktat-Lösung) bei Hypotonie: Hund: Bolus von 20 ml/kg Körpergewicht; Katze 10 ml/kg Körpergewicht, je nach Bedarf, um die volumenbedingte Hypotonie zu beheben; Flüssigkeitsüberlastung vermeiden!, v.a. bei Patienten mit kardiovaskulären und/oder Nierenerkrankungen.
-Vasopressoren: bei Patienten mit anhaltender Hypotonie (arterieller Mitteldruck < 60 mmHg) erforderlich, mit direkter Blutdruck- und EKG-Überwachung zur Aufrechterhaltung des > 60 mmHg mmHg. Vasopressoren sollten wegen des Risikos einer ischämischen Schädigung über ein peripheres Gefäss nicht länger als 1-2 Stunde verabreicht werden: Hunde: Noradrenalin: 0.05-1.0 µg/kg Köpergewicht/min i.v. als konstante Infusion; Katzen: Dopamin: 5-20 µg/kg Köpergewicht/Minute i.v. als konstante Infusion.
-Bei einigen Menschen mit ACE-Hemmern-induzierter Hypotonie, die auf Vasopressoren nicht ansprachen, hat sich Naloxon als wirksam erwiesen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ACE-Hemmer die endorphinvermittelten, blutdrucksenkenden Wirkungen fördern. Naloxon hat relativ geringe unerwünschte Wirkungen, so dass sein Einsatz in Fällen schwerer ACE-Hemmer-Intoxikation in Betracht gezogen werden könnte.
-Antiemetika, je nach Bedarf zur Kontrolle der gastrointestinalen Symptome: Ondansetron 0.25-0.5 mg/kg i.v., alle 8-12 Stunden; Maropitant 1 mg/kg i.v., s.c. alle 24 Stunden.
 
Vorsichtsmassnahmen/Interaktionen
-Antihistaminika, Diuretika, andere Antihypertensiva und alpha-2-adrenerge Agonisten können die ACE-Hemmer-induzierte Hypotonie verschlimmern.
-Die gleichzeitige Gabe von NSAIDs könnte das Risiko einer Nephrotoxizität erhöhen.
-Kaliumpräparate und Spironolacton können das Risiko einer Hyperkaliämie erhöhen.
 
Extrakorporale Therapie
-Die Dialysierbarkeit der verschiedenen ACE-Hemmern ist bei Menschen sehr unterschiedlich.
-Captopril, Enalapril, Lisinopril und Perindopril können aufgrund ihrer geringen Proteinbindung und ihres relativ kleinen Verteilungsvolumens durch Hämodialyse entfernt werden.
-Bei schwerer Überdosierung von stärker proteingebundenen ACE-Hemmern wie Ramipril und Fosinopril kann eine Hämoperfusion und/oder ein therapeutischer Plasmaaustausch in Betracht gezogen werden.
-Schwerwiegende unerwünschte Wirkungen sind bei einer ACE-Hemmer-Überdosierung jedoch selten, deshalb ist eine extrakorporale Therapie nur selten erforderlich.
 
Patientenüberwachung
-Die Perfusionsparameter und der Hydratationsstatus sollten nach der anfänglichen Stabilisierung alle vier Stunden neu bewertet werden.
-Der Blutdruck sollte intermittierend (alle vier Stunden) überwacht werden.
-Bei vasopressorabhängigen Patienten wird eine kontinuierliche und direkte Blutdruck- und EKG-Überwachung empfohlen.
-Serumchemie (einschliesslich Nierenparameter) alle 24 Stunden.
 

8. Erwarteter Verlauf und Prognose

-Die Prognose ist in den meisten Fällen ausgezeichnet.
-Asymptomatische Patienten können nach 6 Stunden aus der Klinik entlassen werden.
-Symptomatische oder hypotensive Patienten sollten mindestens 24 Stunden lang überwacht werden.
-Vasopressoren können in der Regel innerhalb von 12 Stunden abgesetzt werden.
-Bei signifikanter Hypotonie sollte der Patienten 36 Stunden lang beobachtet werden, da hypotensive Episoden bei Menschen bis zu 36 Stunden nach der Einnahme erneut aufgetreten sind.
 

9. Literatur

ChemSrc (2024) https://www.chemsrc.com/en/cas/83647-97-6_670661.html (erfasst am 14.10.2024)
 
Drugbank online (2024) https://go.drugbank.com/drugs (erfasst am 14.10.2024)
 
Enalapril (2918) https://vetmeds.org/pet-poison-control-list/enalapril/#!form/PPCDonations
 
Hovda LR, Brutlag AG, Poppenga RH & Epstein SE (2024) Blackwell's five-minute veterinary consult clinical companion: small animal toxicology, 3rd edition. Wiley Blackwell, pp. 145-152
 
PubChem (2024) https://pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
 
SDB Benazepril (2023) https://www2.zoetis.com.au/content/_assets/PDFs/SDS/V/VetACE-Tablets-SDS.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Cilazapril (2016) https://assets.lgcstandards.com/sys-master%2 Fpdfs%2Fh7a%2Fh72%2F10163664224286%2FSDS_EPC2174000_ST-WB-MSDS-2165114-1-1-1.PDF (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Enalapril (2020) American College of Veterinary Pharmacists, https://www.organon.com/docs/product/safety-data-sheets/Enalapril%20 Formulation_HH_ZA_6N.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Imidapril (2023) https://cdn.caymanchem.com/cdn/msds/18854m.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Lisinopril (2023) https://cdn.caymanchem.com/cdn/msds/16833m.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Moexipril (2024) https://cdn.caymanchem.com/cdn/msds/21255m.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Perindopril (2024) https://cdn.caymanchem.com/cdn/msds/20796m.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Perindopril (2011) https://datasheets.scbt.com/sc-205799.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Rampiril (2010) https://www.szabo-scandic.com/media/product_data/msds/SAC/SAC-MSDS-SACSC-205833.pdf (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Trandolapril (2023) https://sds.edqm.eu/pdf/SDS/EDQM_201600917_1.0_SDS_DE.pdf?ref=1619978708 (erfasst am 14.10.2014)
 
SDB Trandolapril (2010) https://datasheets.scbt.com/sc-203299.pdf (erfasst am 14.10.2014)
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