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Aminopyridin

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

4-Aminopyridin löst sich in Wasser und verschiedenen organischen Lösungsmitteln (zum Beispiel Äther oder Benzol).
 

2. Quellen

4-Aminopyridin wird als Repellens zum Schutz vor Vogelfrass eingesetzt. Zu Vergiftungen kann es durch Aufnahme behandelten Saatgutes kommen.
 

3. Kinetik

Nach oraler Aufnahme wird 4-Aminopyridin fast vollständig resorbiert. Die Ausscheidung erfolgt hauptsächlich in unmetabolisierter Form mit dem Harn. Bei Pferd und Mensch beträgt die Eliminationshalbwertszeit von 4-Aminopyridin etwa 4 Stunden, beim Rind etwa 2 Stunden.
 

4. Toxisches Prinzip

Möglicherweise durch Blockierung von Ionenkanälen verursacht 4-Aminopyridin Übererregbarkeit und Konvulsionen. Vögel werden unruhig und stossen Schreie aus, wodurch der ganze Schwarm zur Flucht bewogen wird.
 

5. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatteKaninchenHuhn
4-Aminopyridin2032  
 

II. Spezielle Toxikologie - Pferd

1. Toxizität

Die minimale letale Dosis von 4-Aminopyridin für das Pferd liegt bei etwa 2-3 mg/kg Körpergewicht p.o.
 

2. Latenz

Die Symptome treten wenige Stunden nach Giftaufnahme ein.
 

3. Symptome

3.1Allgemeinzustand, Verhalten
Unruhe, Ängstlichkeit, Erregung, Hyperthermie, Ataxie
  
3.2Nervensystem
Konvulsionen
  
3.3Oberer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.4Unterer Gastrointestinaltrakt
Keine Symptome
  
3.5Respirationstrakt
Keine Symptome
  
3.6Herz, Kreislauf
Keine Symptome
  
3.7Bewegungsapparat
Keine Symptome
  
3.8Augen, Augenlider
Vorfall des dritten Augenlides
  
3.9Harntrakt
Keine Symptome
  
3.10Fell, Haut, Schleimhäute
Schweissausbrüche
  
3.11Blut, Blutbildung
Keine Symptome
  
3.12Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation
Keine Symptome
 

4. Sektionsbefunde

Ausser einer sehr schnell eintretenden Totenstarre, gibt es keine spezifischen Veränderungen.
 

5. Weiterführende Diagnostik

Möglich ist der Nachweis von 4-Aminopyridin in Saatgut oder Mageninhalt mittels Gaschromatographie.
 

6. Differentialdiagnosen

Es müssen andere Neurotoxine sowie eine Tetanusinfektion ausgeschlossen werden.
 

7. Therapie

7.1Boxenruhe
Pferd in einer ruhigen Boxe einstellen
  
7.2Krämpfe
Diazepam oder Barbiturate verabreichen
  
7.3Dekontamination
Aktivkohle und Glaubersalz oder Paraffinöl per Nasenschlundsonde
  
7.4Kreislauf
Flüssigkeit- und Elektrolytersatz
  
7.5Azidose
Ringerlaktat- oder Bikarbonatinfusion
  
7.6Regulierung der Körpertemperatur
Abkühlen mit kaltem Wasser
 

8. Fallbeispiel

Etwa 4 Stunden nachdem zwei Quarterhorse-Stuten jeweils ungefähr 1 kg eines mit 4-Aminopyridin behandelten Saatgutes gefressen hatten, traten folgende Symptome auf: Unruhe, Fieber, profuses Schwitzen, Vorwärtsspringen, Konvulsionen und Vorfall des dritten Augenlides. Eine Behandlung mit Xylazin blieb erfolglos. Beide Pferde starben zwei Stunden nach Eintritt der Symptome (Ray et al., 1978).
 

9. Literatur

Ellenhorn MJ (1997) Ellenhorn's Medical Toxicology. Williams & Wilkins, Baltimore, Maryland, pp 956-959
 
Evenhuis J, Agoston S, Salt PJ, de Lange AR, Wouthuyzen W & Erdmann W (1981) Pharmacokinetics of 4-aminopyridine in human volunteers. Br J Anaesth 53, 567-570
 
Gangolli S (1999) The dictionary of substances and their effects, Second Edition. Royal Society of Chemistry, Cambridge
 
Hendricks HL, Bush PB, Kitzman JV & Booth NH (1984) Determination of 4-aminopyridine in horse plasma using gas-liquid chromatography. J Chromat 287, 429-432
 
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology. Baillière Tindall, London, p. 186
 
Kitzman JV, Wilson RC, Booth NH, Zahner JM, Hendricks HL & Bush PB (1984) Pharmacokinetics of 4-aminopyridine in cattle. Am J Vet Res 45, 2625-2627
 
Kitzman JV, Wilson RC, Hatch RC & Booth NH (1984) Antagonism of xylazine and ketamine anesthesia by 4-aminopyridine and yohimbine in geldings. Am J Vet Res 45, 875-879
 
Kühnert M (1991) Vergiftungen durch Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und Mittel zur biologischen Prozesssteuerung. In: Veterinärmedizinische Toxikologie (M Kühnert, ed) Gustav Fischer, Jena, pp 98-189
 
Ray AC, Dwyer JN, Fambro GW & Reagor J C (1978) Clinical sings and chemical confirmation of 4-aminopyridine poisoning in horses. Am J Vet Res 39, 329-331.
 
Spyker DA, Lynch C, Shabanowitz J & Sinn JA (1980) Poisoning with 4-aminopyridine: report of three cases. Clin Toxicol 16, 487-497
 
Stork CM, Howland MA & Hoffman RS (1994) 4-Aminopyridine overdose. Vet Hum Toxicol 36, 375
 
Uges DR, Sohn YJ, Greijdanus B, Scaf AH & Agoston S (1982) 4-Aminopyridine kinetics. Clin Pharmacol Ther 31, 587-593
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