2. Quellen
Die Triazine werden als Herbizide, Fungizide und zur Algenbekämpfung eingesetzt.
3. Kinetik
In der Regel werden die Triazine im Säugerorganismus nach oraler Gabe rasch absorbiert. Der Abbau erfolgt über Hydrolyse, Desalkylierung, Desaminierung, die Abspaltung von Chlor und letztlich durch Öffnung des Triazinrings.
Innerhalb von 24 Stunden werden 50-90% der aufgenommenen Triazinmenge zum Teil in unveränderter Form wieder ausgeschieden, bevorzugt über die Nieren. Nur ein Bruchteil (< 5%) wird über die Milch ausgeschieden.
4. Toxisches Prinzip
Triazine verursachen eine Irritation der Haut und Schleimhäute; die Vergiftung äussert sich durch Anorexie, Pansenatonie bei Wiederkäuern, Kolik, Erbrechen und Durchfall.
Für Pflanzenfressser spielt die vermehrte Kontamination von Dürrfutter und Silage mit Giftpflanzen eine wichtige Rolle: Da einige Giftpflanzen resistent gegen Triazine sind, kann es zur Anreicherung dieser Pflanzen im Futter kommen.
5. Toxizität bei Labortieren
Akute, orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Ametryn | 965 | 1'110 | | |
Aminotriazol | 14'700 | 11'000 | | |
Anilazin | 3'672-5'000 | 2'710 | 400 | |
Atraton | 905 | 2'400 | | |
Atrazin | 1'750 | 2'500-3'080 | 750 | 2200 |
Aziprotryn | | 3'600-5'833 | | |
Cyanazin | 380 | 149-344 | 141 | |
Cyprazin | | 1'200 | | |
Desmetryn | | 1'390 | | |
Dipropetryn | | 3'900 | | |
Hexazinon | | 1'690 | | |
Isomethiozin | > 2'500 | > 10'000 | | |
Metamitron | 1'450 | 1'800-3'343 | | |
Methoprotryn | 2'400 | > 5'000 | | |
Metribuzin | 700 | 2'200 | | |
Prometon | 2'160 | 2'980 | | |
Prometryn | 2'500 | 3'750 | | |
Propazin | > 5'000 | > 5'000 | | |
Sebuthylazin | | 4'430 | | |
Secbumeton | | 2'680 | 700 | |
Simazin | > 5'000 | > 5'000 | > 5'000 | > 5'000 |
Terbumeton | 2'343 | 483-651 | | |
Terbutryn | 5'000 | 2'980 | | 4'000 |
Terbutylazin | | 2'160 | | |
Trietazin | | 2'830-4'000 | | |
6. Umwelttoxikologie
Triazine verbleiben relativ lange in der Umwelt. Zum Beispiel wird Atrazin im Boden mit einer Halbwertszeit von 6-10 Wochen abgebaut. Die Gefährlichkeit der Triazinrückstände in der Umwelt ist umstritten, weil hohe Konzentrationen dieser Substanzen notwendig sind, um im Tierversuch karzinogene und endokrine Wirkungen auszulösen.
Atrazin führt allerdings schon in geringen Dosen zur Feminisierung von männlichen Fröschen (durch Induktion mit des Enzyms Aromatase) und wird deshalb mit dem fortschreitenden Verschwinden der Amphibienpopulationen in Zusammenhang gebracht.
II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer
1. Toxizität
Ernsthafte Vergiftungen sind durch die Aufnahme von besprühtem Gras nicht möglich. Nur durch die direkte Aufnahme grösserer Mengen der Konzentrate oder Spritzlösungen kann es zu Vergiftungserscheinungen kommen. Einzelne Toxizitätsdaten sind wie folgt:
1.1 | Atrazin |
Rind: | Die minimale toxische Dosis beträgt 100 mg/kg Körpergewicht p.o. oder 25 mg/kg p.o. an 2 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 2mal 250 mg/kg p.o. oder 25 mg/kg p.o. während 28 Tagen. |
Schaf: | Die minimale toxische Dosis beträgt 100 mg/kg p.o. oder 5 mg/kg an 10 Tagen, 100 mg/kg/Tag p.o. führt nach 2 Wochen zum Tod, ebenso 250 mg/kg p.o. an 2 Tagen. |
|
1.2 | Aminotriazol |
Schaf: | Die minimale letale Dosis beträgt 2 g/kg p.o. |
|
1.3 | Propazin |
Rind, Schaf: | 250 mg/kg/Tag p.o. während mehreren Tagen führen zu Vergiftungserscheinungen. |
|
1.4 | Prometryn |
Rind: | Die minimale toxische Dosis beträgt 50 mg/kg an 2 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 100 mg/kg p.o. |
Schaf: | Die minimal letale Dosis beträgt 100 mg/kg p.o. an 6 Tagen. |
|
1.5 | Simazin |
Rind: | Die minimale toxische Dosis beträgt 200-250 mg/kg p.o. oder 25 mg/kg/Tag p.o. an 3-10 Tagen, die minimale letale Dosis beträgt 50 mg/kg/Tag p.o. während mehreren Tagen. |
Schaf: | Die minimale toxische Dosis beträgt 200-250 mg/kg p.o., die minimale letale Dosis beträgt 500 mg/kg p.o., wiederholte Gaben von 50 mg/kg/Tag p.o. können nach 17 Tagen letal sein, 400 mg/kg an 6 Tagen sind letal, ebenso 100 mg/kg an 14 Tagen. |
2. Latenz
Es können sowohl akute wie chronische Vergiftungen auftreten.
3. Symptome
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Schwäche, Anorexie, Ataxie, Hyperthermie, Festliegen, Tod |
|
3.2 | Nervensystem |
| Tetanie der Nachhand, Muskelschwäche |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Speicheln |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Durchfall, Kolik |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Husten, Dyspnoe |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Keine Symptome |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Steifer Gang |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Keine Symptome |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefund
Die Triazinvergiftung hinterlässt nur unspezifische Veränderungen: Gastroenteritis, Hämorrhagien an Herz, Leber und Nieren möglich, eventuell Kongestion von Lunge und Magen-Darm-Trakt, Vergrösserung und Degeneration der Leber, myokardiale Degeneration.
5. Weiterführende Diagnostik
Triazine sind in Urin, Magen-Darm-Inhalt, Leber und Fettgewebe mittels Gaschromatographie nachweisbar.
6. Differentialdiagnosen
Es müssen folgende Differentialdiagnosen in Erwägung gezogen werden: Kolik anderer Ursache, Vergiftung mit anderen Herbiziden, Weidetetanie, Weaver-Syndrom, Swayback, Erkrankung des Respirationstraktes, Giftpflanzen.
7. Therapie
- | Kreislauf: Flüssigkeit- und Elektrolytersatz |
7.3 | Weitere symptomatische Massnahmen |
8. Fallbeispiele
8.1 | Eine grössere Menge von Simazin war versehentlich auf einer Weide deponiert worden, so dass die Schafe während 2 Wochen Zugang dazu hatten. Die betroffenen Tiere zeigten Ataxie und eine progressive Tetanie der Nachhand. Bei der Sektion fielen myokardiale Degeneration, Kongestion der Leber und vergrösserte retropharyngeale Lymphknoten auf. Die Diagnose konnte mit dem Nachweis von Simazin in Leber (0.2-1.9 ppm), Fett von (0.2-2.5 ppm), Hirn (um 0.4 ppm) und Rumeninhalt (um 165 ppm) bestätigt werden (Allender & Glastonbury, 1992). |
|
8.2 | In einem Versuch wurde Atrazin an 6 Rindern verabreicht (400 mg/Tier p.o., also eine letale Dosis). Drei Rinder wurden behandelt, indem sie nach 4, 24, 48 und 72 Stunden jeweils 454 g Aktivkohle p.o erhielten. Die anderen 3 Tiere dienten als Kontrollgruppe. Alle 6 Rinder zeigten nach 12 Stunden Salivation, Ataxie, steifes Gehen, leicht erhöhte Körpertemperatur, leicht erhöhte Atemfrequenz sowie einen leicht erhöhten Puls. Die nicht behandelten Tiere verendeten innert 72 h, während sich die anderen 3 Tiere innert 8 Tagen erholten. In dieser Zeit war ihre Futteraufnahme deutlich reduziert (Kobel & Campbell, 1985). |
9. Literatur
Allender WJ & Glastonbury JW (1992) Simazine Toxicosis in Sheep. Vet Hum Toxicol 34, 422-423
Bakke JE, Robbins JD & Feil VJ (1971) Metabolism of 2-methoxy-4-ethylamino-6-sec-butylamino-s-triazine by dairy cow and goat. J Agr Food Chem 19, 462-466
Buck WB (1978) Clinical toxicosis induced by pesticides in livestock. Vet Med 73, 810-819
Humphreys DJ (1988) Veterinary Toxicology, Baillières Tindall, London, pp 139-140
Johnson AE, Van Kampen KR & Binnis W (1972) Effects on cattle and sheep of eating hay treated with the triazine herbicides, atrazine and prometone. Am J Vet Res 33, 1433-1438
Kobel W & Campbell JB (1985) Protective effect of activated charcoal in cattle poisoned with atrazine. Vet Hum Toxicol 27, 185-188
Lorgue G, Lechenet J & Rivière A (1996) Clinical Veterinary Toxicology, Blackwell Science, London, p 184
Plumlee HK (1996) Herbicides. In: Large Animal Internal Medicine (Smith BP ed) Mosby-Year Book, St. Louis, p 1911
Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW (1999) Herbicides. In: Veterinay Medicine (Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW, eds) Saunders Company London, pp 1618-1619