2. Quellen
Futtermittel, insbesondere Kraftfutter, Mais oder Silage, die mit Fusariumarten (
F. graminearum,
F. roseum) befallen sind. Bedingungen für das Schimmelpilzwachstum: Mindestens 12% Wassergehalt des Futters, ein pH-Wert zwichen 4-8 und genügend Sauerstoff. Die Toxinproduktion kann durch Schädlingsbefall oder Pestizideinsatz gesteigert werden. Fusarien entwickeln sich auch in kälteren Regionen. Obwohl viele unterschiedliche Zearalenone bekannt sind, wird in kontaminierten Futtermitteln meistens das F-2 Toxin nachgewiesen. Synthetisches Zearalenol wird in einigen Ländern als Leistungsförderer eingesetzt.
3. Kinetik
Die Mykotoxine werden oral aufgenommen. Über die Milch wird der Metabolit α-Zearalenon ausgeschieden. Die Verbraucher müssen mit der Festlegung von Grenzwerten geschützt werden: Bei Mädchen könnte der Konsum kontaminierter Milch zu einer vorzeitigen Geschlechtsreifung führen, bei Frauen zu Störungen im Östrus und bei Männern zu einer Abnahme der Fertilität.
4. Toxisches Prinzip
Zerealenone binden an östrogenrezeptoren und führen zu Hyperöstrogenismus mit Fruchtbahrkeitsstörungen, Totgeburten, Aborten und Missbildungen. Das Schwein ist die empfindlichste Spezies.
5. Toxizität bei Labortieren
Die akute orale LD
50 von Zearalenon liegt für die Ratte über 16 g/kg Körpergewicht.
II. Spezielle Toxikologie - Wiederkäuer
1. Toxizität
Die minimal toxische Konzentration von Zearalenon im Futter beträgt für das Rind 12 ppm (bezogen auf das Nassgewicht). Das kontaminierte Futter verursacht vorwiegend Fruchtbarkeitsstörungen.
2. Latenz
Die ersten Symptome treten 4-7 Tage nach Beginn der Aufnahme der Zearalenone auf.
3. Symptone
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Anorexie |
|
3.2 | Nervensystem |
| Keine Symptome |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Keine Symptome |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Rektumprolaps |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Keine Symptome |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Keine Symptome |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Keine Symptome |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Keine Symptome |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Keine Symptome |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Feminisierung männlicher Tiere, Vaginitis, Schwellung der Vulva, vergrösserte Milchdrüsen und Zitzen, Rückgang der Milchleistung, herabgesetzte Fruchtbarkeit; die Lämmer betroffener Auen zeigen Symptome des Hyperöstrogenismus |
4. Sektionsbefunde
Hypertrophie des Uterus, Vulvaschwellung, Vulvovaginitis, Vergrösserung der Zitzen, Ovaratrophie.
5. Weiterführende Diagnostik
5.1 | Allgemeines Vorgehen bei Verdacht auf Mycotoxinvergiftung |
- | Die Untersuchung gestorbener Tiere veranlassen: Sektion, Histologie etc., damit andere Krankheits- oder Todesursachen ausgeschlossen werden können. |
- | Das verdächtige Futter absetzen und für den Nachweis von Mycotoxinen sicherstellen. |
- | Schimmelpilze und Mycotoxine sind oft ungleichmässig im Futter verteilt, deshalb mehrere Proben an verschiedenen Orten sammeln (zum Beispiel in der Mitte und der Peripherie eines Heuballens). |
- | Probenentnahme protokollieren: Zeitpunkt, Ort im Heuballen oder Silo, Beschaffenheit (feucht, trocken, klumpig), Farbe und Geruch der Proben. |
- | Proben trocknen und in Papier einwickeln. Plastiktüten oder -behälter eignen sich nur, wenn die Proben sofort eingefroren werden. |
- | Detaillierten Situationsbericht mitschicken; das Labor muss mit Hilfe ihrer Informationen entscheiden, nach welchen Mycotoxinen gesucht wird. |
5.2 | Nachweis der Zearalenone im Futter |
Bei einem Verdacht auf Mycotoxine sollte folgendes berücksichtigt werden:
- | Wegen der grossen Zahl von chemisch verschiedenen Verbindungen muss in der Regel nach mehreren Toxinen gesucht werden. |
- | Ein hoher Schimmelpilzbefall bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Proben tatsächlich mit Mycotoxinen kontaminiert sind. Es ist bekannt, dass nicht alle der vielen Schimmelpilzarten Toxine bilden, und auch die potentiellen Toxinbildner brauchen für die Produktion der toxischen Verbindungen bestimmte Umweltbedingungen (Nährstoffzusammensetzung). Auch wenn eine bestimmte Schimmelpilzart identifiziert wird, ist es deshalb nicht möglich, auf die Gegenwart des entsprechenden Mycotoxins zu schliessen. |
- | Andererseits ist es möglich, dass die Proben hohe Konzentrationen eines Mycotoxins enthalten, ohne dass die Zahl der Schimmelpilze erhöht ist. Dies könnte geschehen, wenn die Schimmelpilze während der Futterzubereitung zum Beispiel durch Erhitzung zerstört würden und nur die hitzestabilen Toxine erhalten blieben. |
6. Differentialdiagnosen
Ovarialzysten
7. Therapie
Entzug des kontaminierten Futtermittels.
8. Fallbeispiele
8.1 | In einer 150-köpfigen Kuhherde, welche verschimmeltes Heu frass, war herabgesetzte Fruchtbarkeit festgestellt worden. Nach Nachweis des Toxins und Absetzen des kontaminierten Heues kehrte der Besamungsindex zu einem normalen Wert zurück. Das kontaminierte Heu enthielt 14 ppm Zearalenon (Mirocha et al., 1968). |
|
8.2 | Eine kleine Herde von Kühen zeigte vermehrt Vaginitis und einen verlängerten Östrus, welcher sich von LH-Applikationen nicht beeinflussen liess. Bei genauer Nachforschung wurde im Futter ein Gehalt von 25 ppm Zearalenon gefunden (Roine et al., 1971). |
|
8.3 | Von 20 präpubertalen Rindern entwickelten 17 vergrösserte Mammakomplexe an mindestens einem Viertel. Aus einigen Vierteln konnte ein Sekret gewonnen werden, welches der Magermilch ähnelte. Die Rinder hatten eine Zeit lang verschimmeltes Futter gefressen, bei dem Zearalenon nachgewiesen werden konnte. Sieben Wochen nach Absetzen des kontaminierten Futters waren die Rinder wieder klinisch gesund (Bloomquist et al., 1982). |
9. Literatur
Abramson D, Mills TJ, Marquardt RR & Frohlich AA (1997) Mycotoxins in fungal contaminated samples of animal feed from western Canada, 1982-1994. Can J Vet Res 61, 49-52
Bauer J, Wermter R & Gedek B (1980) Zur Kontamination von Futtermitteln mit toxinbildenden Fusarienstämmen und deren Toxine. Wien Tierärztl Mschr 67, 282-287
Bloomquist C, Davidson JN & Pearson EG (1982) Zearalenone toxicosis in prepubertal dairy heifers. J Am Vet Med Assoc 180, 164-165
Coppock RW, Mostrom MS, Sparling CG, Jacobsen B & Ross SC (1990) Apparent zearalenone intoxication in a dairy herd from feeding spoiled acid-treated corn. Vet Human Toxicol 32, 246-248
Diekman MA & Green ML (1992) Mycotoxins and reproduction in domestic livestock. J Anim Sci 70, 1615-1627
Galey FD (1996) Mycotoxins. In: Large Animal Internal Medicine (Smith BP ed) Mosby- Year Book, St.Louis, Missouri, pp 1890-1895
Juszkiewicz T, Piskorska-Pliszczynska J (1992) Occurrence of mycotoxins in animal feeds. J Environ Pathol Toxicol Oncol 11, 211-215
Mirocha CJ, Harrison J, Nichols AA et al (1968) Detection of fungal estrogen (F-2) in hay associated with infertility in dairy cattle. Appl Microbiol 16, 797-798
Pier Ac, Richard Jl & Cysewski SJ (1980) Implications of mycotoxins in animal disease. J Am Vet Med Assoc 176, 719-723
Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW (1999) Poisoning by zearalenone. In: Veterinay Medicine (Radostits OM, Blood DC, Gay CC & Hinchcliff KW eds) Saunders Company, London, p 1700
Roine K, Korpinen EI & Kallele L (1971) Mycotoxicosis as a probable cause of infertility in dairy cows. Nord Vet Med 23, 629-633
Schuh M & Baumgartner W (1988) Mikrobiologisch und mykotoxikologisch kontaminierte Futtermittel als Krankheitsursache bei Rindern. Wien Tierärztl Mschr 75, 329-332
Weaver GA, Kurtz HJ, Behrens JC, Robison TS, Seguin BE, Bates FY & Mirocha CJ (1986) Effect of zearalenone on dairy cows. Am J Vet Res 47, 1826-1828