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Zutreffende Spezies (Botanik)

Colchicum autumnale L. - sehr stark giftig
 

Toxizitätsgrad

Sehr stark giftig +++ (Erläuterungen)
 

Hauptwirkstoffe

Tropolonalkaloide
-Hauptalkaloide: Colchicin, Colchicosid, Demecolcin: Alkaloidgehalt stark schwankend (0.1-2.0%; reife Samen 0.5-1.2%, frische Blüten 1.2-2.0%, frische Blätter 0.15-0.4%, Knollen 0.1-0.6%) (Liebenow & Liebenow, 1993; Teuscher & Lindequist, 1994). Mit der Reife nimmt der Alkaloidgehalt zu, während er mit zunehmender Höhenlage des Standorts abnimmt (Libenow & Libenow, 1993). Beim Trocknen (Heu), Lagern oder Kochen bleibt die Giftwirkung erhalten.
 

 

Zielorgane

Schleimhaut des Magendarmtraktes und Bindehaut; Zellen; Knochenmark; Blutgefässe; peripheres und zentrales Nervensystem; glatte und quergetreifte Muskulatur; Nieren; Leber; Embryo- und Foetotoxizität
 

Wirkungsmechanismen

Colchicin ist ein Mitose-Zellgift, d.h. es hemmt die Zellteilung. Es wird nach oxydativer Umsetzung im Darm wird rasch resorbiert und gelangt in den enterohepatischen Kreislauf.
-Nach der oxidativen Umsetzung wirkt Colchicin an der Schleimhaut lokal stark reizend und führt zu Stomatitis, Pharyngitis und Gastroenteristis mit Brennen und Kratzen im Maul, Salivation, Durst, Schluckbeschwerden, Nausea, Vomitus, kolikartigen Bauchschmerzen und Diarrhö mit Dehydratation, Elektolytimbalance (Hyponatriämie, Hypophosphatämie, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie), metabolischer Azidose, Hypotension und Hämorrhagien führt.
-Intrazellulär binden die Tropolonalkaloide an die Tubulindimere, d.h. an die Bausteine der Mikrotubuli, und bewirken deren Abbau. Dadurch wird die Mitose und der intrazelluläre Transport gehemmt. Es sind vor allem die Zellen mit einer hoher hohen Teilungs- und Metabolisierungsrate wie das Knochenmark und das Darmepithel betroffen.
-Nach einer initialen Leukozytose folgt eine Leuko- und Thrombozytopenie, infolge einer Knochenmarksdepression. Es kommt zu Hämorrhagien, zu einer Disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC) und Kreislaufschock oder, beim Ansprechen auf die Therapie, zu einer Erholungsphase mit einer Rebound- Leukozytose.
-Die Schädigung der Kapillaren verstärkt die Hämorrhagien.
-Cholchicin passiert die Blut-Hirn-Schranke und wirkt auf die medullären Zentren des zentralen Nervensystem zuerst initial erregend und dann lähmend. Die Symptome sind: Delirium, Konvulsionen, Hirnödem, Koma, Atemdepression und Dyspnoe.
-Betroffen ist auch die glatte und quergetreifte Muskulatur: nach einer initialen Erregung erfolgt eine Lähmung, was sich in Blasen- und Muskelkrämpfen sowie einer Muskelschwäch zeigt. Zusätzlich kann es zu neuromuskulären Störungen kommen, die auch nach einer Erholung noch andauern können, sowie zu einer Myopathie mit Rhabdomyolyse, die eine Nephropathie mit Nierenversagen verursachen kann.
- Die sensiblen Nervenendigungen werden initial erregend und dann gelähmt, zusätzlich kommt es zu einer Neuritis.
-Cholchicin wird über die Milch ausgeschieden, was zu sekundären Vergiftungen führen kann (Hamscher et al., 2005).
-Tropolonalkaloide wirken teratogen.
 
Veterinärtoxikologie

Letale Dosis

Alle Tierarten:1 mg/kg Körpergewicht Colchicin p.o.; starke Diarrhoe ab 0.25 mg/kg Körpergewicht (Wiesner, 1967; Lorgue et al., 1987; Humphreys, 1988; Kühnert, 1991; Chareyre & Meram, 1989).
Rind:8-16 g/kg Körpergewicht oder 1200-1500 g/Tier frische Blätter (= 2-3 g/kg Körpergewicht oder 200-250 g/Tier getrocknete Pflanzen); 1500-2500 g/Tier frisches Blatt- und Kapselmaterial (Lorgue et al., 1987; Chareyre & Meram, 1989; Kühnert, 1991; Liebenow & Liebenow, 1993).
Pferd:1200-3000 g/Tier frisches Blatt- und Kapselmaterial. 3 Tage nach Aufnahme von 5 kg/Tier/Tag Heu mit einem Anteil von 1.48% Herbstzeitlose Kolik und Todesfälle möglich (Kühnert, 1991; Liebenow & Liebenow, 1993).
Schwein:30 g/100 kg Körpergewicht frische Zwiebeln (Wiesner, 1967).
Lamm:6.4 g/kg Körpergewicht frische Pflanzen.
LD50 Rind (oral):1 mg/kg Körpergewicht Colchicin (Kühnert, 1991).
LD50 Katze (oral):0.125 mg/kg Körpergewicht Colchicin (Kühnert, 1991).
 

Klinische Symptome

Latenzzeit 2-48 h: Kolik, Salivation, Apathie, schwankender Gang, Zähneknirschen, Vomitus, gelblich-braune, grünlich-schleimige oder blutige Diarrhoe, Polyurie, Hämaturie, Milchversiegen, Kreislaufstörungen bis Kollaps, Anurie, Hypothermie, Paralyse; Tod kann nach 1-3 (bis 7) tägiger Dauer durch Atemlähmung eintreten (Letalität: 25-50%). Ausscheidung der Gifte auch über die Milch laktierender Tiere, die klinisch symptomlos sind. Vergiftung bei Tieren hauptsächlich im Frühling. Pferd und Schwein sind wesentlich empfindlicher als Rind und Schaf (Wiederkäuer können eine Resistenz gegen Colchicin entwickeln).
Rind:Erkrankung nach 1-3 Tagen (verzögerte Umsetzung des Giftes im Tierkörper), dann akut bis perakut einsetzende Symptome: Inappetenz, teilweise Salivation und/oder Schweissausbruch, Wiederkauen und Pansentätigkeit unterdrückt (seltener auch Tympanie), kolikartige Unruhe (erregtes Umherlaufen, Auf- und Niedergehen, Stöhnen, Würgen, Umsehen nach dem voll erscheinenden Leib, gespannte Bauchdecke, Vorpressen des Afters), später Zittern und Taumeln infolge lähmungsartiger Schwäche der Nachhand, kleiner frequenter Puls bei pochendem Herz, fortschreitende Apathie, schliesslich Festliegen und Absinken der Körperoberflächentemperatur; die Milchleistung geht rasch stark zurück oder versiegt völlig. Typisch ist der profuse flüssige, oft gelblich-braune, eventuell blutige und übelriechende Diarrhoe, die zu schneller Abmagerung führt, eventuell gesteigerter Harndrang. Bei 50% Tod infolge Versagen der Atmung; die Übrigen genesen langsam. Die Milch erkrankter Kühe kann bei damit getränkten Kälbern Diarrhoe auslösen.
Pferd:Kolik, blutige Diarrhoe, Kreislaufversagen.
Schwein:Schleimig-wässrige Diarrhoe, Vomitus, Anorexie mit Polydipsie, Kolik, Krämpfe, Lähmungen, Hypothermie, Somnolenz, Herz-Kreislaufversagen.
 

Therapie

Dekontamination / Symptomatische Therapie (siehe Notfalltherapie)
 
Veterinärpathologie

Sektionsbefunde

Akute Gastroenteritis; Ansammlung von seröser Flüssigkeit in Brust- und Bauchraum, dunkelrote Verfärbung des Dünndarms.
 
Rind:
-Ausgeprägte Entzündungen (Rötungen, Blutungen) der Schleimhäute in Vormägen, Labmagen und Darm; "Psalterverstopfung"; zum Teil subendokardiale und/oder subseröse Blutungen. Im Mageninhalt meist noch Reste von Herbstzeitlosen oder deren Samen nachweisbar.
 
Histologie des Epithel des Gastrointestinaltraktes, des Lymph- und Blutbildendes Gewebes:
-Karyopyknose, Karyorrhexis und Stillstand der Mitose (Yamada et al., 1998 & 1999).
 
Humantoxikologie

Toxische Dosis

Wenig Pflanzenmaterial.
Im Frühling Verwechslungen mit den Blättern des Bärlauchs (Allium ursinum). Bärlauchblätter riechen stark nach Knoblauch, sind etwas kürzer, breiter und gestielt, Colchicumblätter sind geruchlos.
 

Klinische Symptome

Die Symptomatologie ist 3-phasig.
Phase 1: Nach einer Latenz von 2-18 Stunden schwere gastrointestinale Symptome mit Nausea, Emesis, Kolik, hämorrhagischer Gastroenteritis, was zu Elektrolytstörungen, Volumenverschiebung und Hypotonie führt. Häufig besteht eine Leukozytose.
Phase 2: 24-72 Stunden nach Ingestion kann es zum Multiorganversagen kommen, das heisst kardiovaskulärer Schock, respiratorisches Versagen, Niereninsuffizienz, Rhabdomyolyse, Elektrolytstörungen (Hyponatriämie, Hypophosphatämie, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie), Hyperglykämie (durch Hemmung der Insulinfreisetzung), metabolische Azidose, aszendierende Neuropathie, Knochenmarksdepression mit Leukopenie und Thrombopenie, disseminierte intravasale Gerinnung, Verwirrung, Delirium, Konvulsionen, Koma, Hirnödem.
Phase 3: 7-10 Tage nach Einnahme: Erholungsphase mit "rebound"-Leukozytose, reversibler Alopezie und eventuell neuromuskulären Störungen, die noch lange anhalten können.
 

Therapie

Erste Hilfe Massnahmen durch Laien nach Einnahme von Pflanzenteilen: Verabreichung von Kohlesuspension/-pulver (1 g/kg Körpergewicht; nicht bei bewusstlosen Patienten). Für das weitere Vorgehen den Arzt oder das Tox-Zentrum konsultieren.
Ärzteinformation: Antidot: Antikörper (Fab-Frgmente, sie sind jedoch nicht erhältlich), symptomatische Therapie.
 
Literatur
-Chareyre S. & Meram D. (1989) Acute Poisoning of Cows by Autumn Crocus. Vet Hum Toxicol. 31(3), 261-262
-Dietl W. & Jorquera M. (2003) Wiesen- und Alpenpflanzen. Agrarverlag, FAL Reckenholz, ISBN 3-7040-1994-1, p. 586
-Hamscher G., Priess B., Nau H. & Panariti E. (2005) Determination of colchicine residues in sheep serum and milk using high-performance liquid chromatography combined with electrospray ionization ion trap tandem mass spectrometry. Anal Chem. 77(8), 2421-2425
-Humphreys D.J. (1988) Veterinary Toxicology. 3rd edition. Baillière Tindall, London (GB), pp. 224
-Kamphues J. & Meyer H. (1990) Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) im Heu und Kolikerkrankungen bei Pferden. Tierärztl. Praxis 18, 273-275
-Kühnert M. (1991) Veterinärmedizinische Toxikologie. G. Fischer Verlag, Jena, pp. 391-392
-Liebenow H. & Liebenow K. (1993) Giftpflanzen - Vademekum für Tierärzte, Landwirte und Tierhalter. G. Fischer Verlag, Jena, pp. 150-152
-Lohner E. & Gindele H.R. (1989) Kolchizinvergifung beim Schwein. Tierärztl. Umschau 44, 314-317
-Lorgue G., Lechenet J. & Rivière A. (1987) Précis de toxicologie clinique vétérinaire. Editions du Point Vétérinaire, Maisons-Alfort (F), pp. 71-72
-Mayer H., Wacker R. & Dalchow W. (1986) Phytotoxikosen durch Kastanien, Oleander, Eicheln und Herbstzeitlose bei verschiedenen Zoo- und Wildtieren. Tierärztl. Umschau 41, 169-178
-PubChem (2016) pubchem.ncbi.nlm.nih.gov
-Rosenberger G., Dirksen G., Gründer H.-D. & Stöber M. (1994) Krankheiten des Rindes. G. Rosenberger (ed.). Blackwell Wissenschaftsverlag, Berlin
-Schulz O. von & Hommel H. (1975) Herbstzeitlose als Ursache einer Rindervergiftung. Monatshefte für Veterinärmedizin 30, 333-334
-Teuscher E. & Lindequist U. (2010) Biogene Gifte. 3. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, pp. 514-515
-Yamada M., Nakagawa M., Haritani M., Kobayashi M., Furuoka H. & Matsui T. (1998) Histopathological study of experimental acute poisoning of cattle by autumn crocus (Colchicum autumnale L.). J Vet Med Sci 60(8), 949-952.
-Yamada M., Matsui T., Kobayashi Y., Furuoka H., Haritani M., Kobayashi M. & Nakagawa M. (1999) Supplementary report on experimental autumn crocus (Colchicum autumnale L.) poisoning in cattle: morphological evidence of apoptosis. J Vet Med Sci. 61(7), 823-825
-Wiesner E. (1967) Ernährungsschäden der landwirtschaftlichen Nutztiere. G. Fischer Verlag, Jena
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