Siehe auch Antibiotika in der Chirurgie: Übersicht
Eine postoperative Infektion kann bis zu 30 Tage nach einer Operation auftreten. Werden Implantate verwendet, erweitert sich dieses Fenster auf 90 Tage. In der Tiermedizin wird aktuell die Definition der CDC aus der Humanmedizin angewendet:
Tabelle 5. SSI-Definitionen gemäss CDC
Oberflächliche SSI
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Infektionen, welche innerhalb von 30 Tage nach der Operation entstehen, Haut und subkutanes Gewebe der Inzision betreffen und mindestens eines der folgenden Kriterien aufweisen:
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Tiefe SSI | Infektionen, welche innerhalb von 30 Tagen (ohne Implantat) oder 90 Tagen (mit Implantat) nach der Operation entstehen, tiefes Gewebe (Faszien, Muskeln) der Inzision betreffen und mindestens eines der folgenden Kriterien aufweisen:
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Organ/Raum SSI | Infektionen, welche innerhalb von 30 Tagen (ohne Implantat) oder 90 Tagen (mit Implantat) nach der Operation entstehen, Organe und/oder Organhöhlen betreffen und mindestens eines der folgenden Kriterien aufweisen:
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Keine SSI | Gemäss aktueller CDC-Definition (Januar 2023) gelten folgende Symptome alleine nicht als Hinweise auf eine oberflächliche Infektion:
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Oberflächliche SSI können unter Kontrolle mit lokalen Antiseptika behandelt werden. Hat der Patient zusätzlich Fieber und oder andere Anzeichen einer systemischen Infektion (Leukozytose, CRP-Erhöhung bei Hunden/ SAA Erhöhung bei Katzen, die über dem postoperativen Wert liegt), wird zusätzlich eine therapeutische Antibiotikagabe empfohlen.
Ab der Stufe der tiefen SSI ist eine Revision und Resektion von entzündlich verändertem und nekrotischem Gewebe als erster Schritt, verbunden mit einer systemischen Antibiotikatherapie, indiziert. Je nach Operation kann die ausschliesslich systemische Antibiotikatherapie ausreichen. Die Therapie sollte immer nach Antibiogramm erfolgen.
Bei einer durch die Symptome des Tieres und durch eine Punktion bestätigten Infektion wird empfohlen, den Patienten mit einem Breitspektrum-Antibiotikum zu behandeln, bis die Ergebnisse der Bakterienkultur vorliegen. Die Probe muss strikt aseptisch entnommen und eine weitere Kontamination verhindert werden. Je nach Ergebnis der Kultur und des Antibiogramms kann die Antibiotikabehandlung gegebenenfalls angepasst werden, sofern bis dahin keine klinische Besserung eingetreten ist.
First-line werden Beta-Laktam Antibiotika mit oder ohne Betalaktamase-Inhibitoren empfohlen. Insbesondere bei Patienten, die bei der Erstoperation perioperativ bereits eine Antibiose erhalten hatten, ist ein Abstrich der Wunde bei der Revision unbedingt notwendig, da bei diesen Patienten ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit einem resistenten Keim besteht.
Wenn unter der initialen Therapie keine klinische Verbesserung erreicht wird, muss die Antibiotikatherapie ggf. nach Resistenztest angepasst werden. Hierbei muss aber sichergestellt sein, dass alle anderen auslösenden Faktoren adäquat adressiert wurden. Besteht weiterhin nekrotisches Gewebe und eine massive systemische Infektion, muss ggf. eine offene Wundtherapie einem erneuten Verschluss vorgezogen werden.
Postoperative Infektion (Surgical site infection, SSI) | |||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Cefazolin | 22 mg/kg 2 × tgl. p.o. | 5 Tage, Verlängerung 2 - 3 Tage über klinische Symptome hinaus |
Oder Anwendung eines anderen Cephalosporins der 1. Generation |
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 20 mg/kg 3 - 4 × tgl. p.o. | ||
Second line | |||
Zu beachten | Nur bei ausbleibendem klinischem Erfolg und nachgewiesener Resistenz gegen ein First-line Antibiotikum! Ggf. ist eine offene Therapie einer Anpassung der Antibiotikatherapie vorzuziehen. | ||
Marbofloxacin | Hund: 2 - 4 (- 8) mg/kg 1 × tgl. p.o. | 5 - 7 Tage, Verlängerung 2 - 3 Tage über klinische Symptome hinaus |
Sind kritische Antibiotika und daher für Initialtherapie nicht geeignet; nur nach Antibiogramm bei ausbleibendem Therapieerfolg. |
Enrofloxacin | Hund: 10 - 20 mg/kg 1 × tgl. p.o. |