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Chronische Enteropathie (CE, IBD)

Wichtige Hinweise

Grundsätzliches

Die chronische Enteropathie wird als Sammelbegriff für Erkrankungen verwendet, welche zu chronischen oder intermittierenden gastrointestinalen Symptomen führen. Sie können mit entzündlichen und strukturellen Läsionen im Darm einhergehen. Verschiedene Faktoren (z.B. Dysbiosen, Futtermittelallergien bzw. Unverträglichkeiten, Parasiten, Algen, Pilze, Bakterien) können zu einer Entzündungsreaktion in der Darmschleimhaut führen. Nach dem histologischen Nachweis von Art und Anzahl von Entzündungszellen und dem Grad struktureller Veränderungen (WSAVA Kriterien) werden diese Erkrankungen bei Hund und Katze in verschiedene Gruppen eingeteilt. Der inflationär benutzte und aus der Humanmedizin stammende Begriff IBD (inflammatory bowel disease) wird in der Regel für Patienten verwendet, welche eine chronisch entzündliche Darmerkrankung aufweisen, wobei keine Grundursache für die Entzündung (meist lymphozytär/plasmazellulär) identifiziert werden kann und die Patienten auf immunsuppressive Therapie ansprechen.

 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren und Schlüsselstellen

Die chronische Enteropathie ist häufig eine multifaktorielle Erkrankung. Sowohl Umweltfaktoren, Genetik und Immunantwort des Wirtstieres, sowie luminale bakterielle Antigene spielen bei der Entwicklung der idiopathischen CE sehr wahrscheinlich eine wichtige Rolle. Die genaue Ätiopathogenese ist aber weiterhin unbekannt.
 
Es gibt keine Geschlechtsprädisposition, mittelalte Tiere (Hund, Katze) erkranken am häufigsten.
 
Entzündliche Darmerkrankungen gehen in ca. der Hälfte der Fälle mit einer starken Veränderung des intestinalen Mikrobioms (sog. Dysbiose) einher. Der Nachweis eines gestörten intestinalen Mikrobioms erfordert spezifische Untersuchungsmethoden wie zum Beispiel PCR-basierte Verfahren (Dysbiose Index) und kann nicht anhand von Kotkulturen erfasst werden. Hunde und Katzen mit entzündlichen Darmerkrankungen haben neben einer verminderten Quantität an Bakterien v.a. eine deutlich verminderte Diversität der verschiedenen Stämme. Es ist mittlerweile sehr genau bekannt, dass sogenannte "gute Bakterien" über Verdrängung intestinaler Pathogene, Produktion antimikrobieller Substanzen, Verstärkung von Immunantworten und Aufregulierung diverser Metabolite die Gesundheit der Darmmukosa mitregulieren.
 

Symptome

Chronische, d.h. mindestens 3 Wochen andauernde klinische Symptome wie Vomitus, Nausea, Diarrhoe, Borborygmus, verminderter Appetit, Gewichtsverlust und/oder abdominale Dolenz sind Kennzeichen einer CE. Auch können Flatulenz, erhöhte/s Kotabsatzvolumen oder -frequenz sowie Tenesmus, Salivation oder Reflux vorkommen.

 
Diagnose / Tests

In einem ersten Schritt werden extra-intestinale Erkrankungen (von Pankreas, Leber etc.) ausgeschlossen. Kotuntersuchungen dienen dazu, parasitäre Ursachen zu identifizieren. Grundsätzlich bestätigt zuletzt die histologische Untersuchung von zumeist endoskopisch genommenen Biopsien die Diagnose.
 

Blutuntersuchung

In einem ersten Schritt sollten extraintestinale Ursachen (Nephropathie, Hepatopathie, Hypoadrenokortizismus usw.) mittels einer vollständigen Blutuntersuchung (Hämatologie, Chemie) ausgeschlossen werden.

- Ausschluss atypischer Hypoadrenokortizismus: mittels einer normalen Basalkortisolkonzentration und/oder eines normalen ACTH-Stimulationstestes
- Ausschluss exokrine Pankreasinsuffizienz: anhand der Bestimmung der trypsin-like immunoreactivity (TLI)
- Ausschluss Pankreatitis: durch spezifischen Pankreaslipase-Tests (DGGR-Lipase, cPLI/fPLI)
- Ausschluss einer Leberfunktionsstörung durch Messung der Serumgallensäuren
- Ausschluss einer schweren Nierenerkrankung durch Bestimmung von Harnstoff, Kreatinin und Urin-spezifischem Gewicht

 
Eine Bestimmung von Cobalamin und Folsäure ist ebenfalls indiziert, um die Erkrankung besser lokalisieren und den Schweregrad (Cobalamin) einschätzen zu können.
 

Kotuntersuchung

Die parasitologische Untersuchung einer Kotsammelprobe von drei aufeinanderfolgenden Tagen auf Helminthen (mittels Sedimentation und Flotation) und Protozoen (z.B. Giardien, Trichomonaden) stellt ebenfalls einen wichtigen Teil der initialen Untersuchung dar. Meist wird jedoch angenommen, dass ein milder bis moderater Parasitenbefall bei adulten Tieren mit einer CE nicht die Ursache der Erkrankung ist, sondern oft nur eine Komorbidität. Die Behandlung sollte deshalb bei einem positiven Ergebnis nicht allein aus der antiparasitären Therapie bestehen. Der diagnostische Wert einer bakteriologischen Kotuntersuchung ist gemäss einer aktuellen Studie nicht gegeben und deswegen sollte eine solche nicht routinemässig bei CE durchgeführt werden. Neue PCR-basierte Verfahren zur Evaluierung einer Dysbiose (Dysbiose-Index) sind sowohl bei Hund als auch bei Katze kommerziell verfügbar und besser, um die intestinale Mikrobiota zu beurteilen.
 

Abdominale Sonographie

Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens ist zur weiteren diagnostischen Abklärung der Problematik unverzichtbar und dient zum Ausschluss von extraintestinalen Erkrankungen und zur Lokalisation der intestinalen Veränderungen. Veränderte Lymphknoten und fokale Veränderungen der Magen-/Darmwand können aspiriert und zytologisch untersucht werden.
 

Biopsieentnahme

Die histologische Untersuchung von Darmbiopsien ist wichtig für die exakte Typisierung/Beschreibung der Darmentzündung. Anhand der Biopsien werden sowohl Schweregrad und Typ der Entzündung eingeschätzt als auch das Ausmass der strukturellen Veränderungen des Darms erfasst. Die Histologie hilft auch, eine neoplastische Infiltration zu diagnostizieren. Die Biopsieentnahme kann sowohl endoskopisch als auch chirurgisch durchgeführt werden.

 
Therapieleitlinien

Diät-responsive Enteropathie - Diätetischer Aspekt

Da eine Futtermittel-responsive Enteropathie nicht durch klinische, serologische und histologische Befunde eindeutig von anderen Ursachen einer chronischen Darmerkrankung unterschieden werden kann, sollten in der Regel in einem ersten therapeutischen Schritt ein bis zwei Versuche mittels Diätumstellung getätigt werden. Hierbei kommen zwei verschiedene Ansätze für die diätetische Versuchstherapie in Frage: 1) Fütterung einer hydrolysierten oder Eliminationsdiät, oder 2) Zugabe von verschiedenen Fasern zur Diät. In manchen Futtermitteln wird bereits eine Kombination aus beiden Komponenten verwendet.
 
Die neue Diät sollte strikt während mindestens 2 - 4 Wochen gefüttert werden. In der Regel sprechen aber die meisten Patienten innerhalb von 1 - 2 Wochen an. Bei Erfolg sollte diese Fütterung beibehalten werden.
 

Immunosuppressive/zytotoxische Therapie (historische Bezeichnung: Steroid-responsive Enteropathie)

Hunde und Katzen, bei denen keine Grundursache für die chronische entzündliche Enteropathie gefunden wird und welche nicht auf diätetische Behandlungen ansprechen, müssen in der Regel zusätzlich zu speziellen Diätmassnahmen, Modulation der intestinalen Mikrobiota sowie symptomatischer Therapie mit antientzündlichen Medikamenten behandelt werden. Es sind in der Regel Tiere, die klinisch deutlich krank sind. Aufgrund der geringen Kosten und der schnellen Wirksamkeit stellen Glukokortikoide die Medikamente der ersten Wahl dar. Bringt eine Therapie mit Glukokortikoiden nicht den gewünschten Effekt bzw. wenn sie langfristig in höherer Dosis eingesetzt werden muss, um die klinischen Symptome zu kontrollieren, dann werden sie häufig mit zytotoxischen Medikamenten kombiniert.
 
Prednisolon: 1 - 2 mg/kg 1 - 2 × pro Tag p.o. initial, Dosisreduktion um 25 - 50% alle 3 - 4 Wochen (Katze und Hund)
 
Budesonid: 1 - 3 mg/Hund 1 × pro Tag p.o. oder 1 mg/Katze 1 × pro Tag p.o. bis zum Effekt (Katze und Hund)
 
Ciclosporin: 5 - 10 mg/kg 1 × pro Tag, bis zum Effekt (Katze und Hund)
 
Azathioprin: Initial 2 mg/kg 1 × pro Tag p.o. über 14 Tage, dann 2 mg/kg alle 2 Tage p.o. bis zum Effekt (Hund)
 
Chlorambucil: 2 - 6 mg/m2 1 × pro Tag p.o. (Hund), 2 mg/Katze alle 2 Tage p.o. bis zum Effekt (Katze und Hund)
 

Antibakterielle Therapie (historische Bezeichnung: Antibiotika-responsive Enteropathie)

Es ist bekannt, dass bei vielen Hunden und Katzen mit CE die schützende Mucus-Schicht auf der intestinalen Mucosa nicht mehr adäquat vorhanden ist und somit diese erste Instanz der intestinalen Barriere gestört ist. Dadurch kann das intestinale Mikrobiom bis ganz an die Mucosa gelangen und steht somit im ständigen Kontakt mit dem intestinalen Immunsystem. Man geht davon aus, dass hierdurch ein dauerhafter Antigenreiz auf die immunologisch aktiven Zellen der Mucosa besteht und somit die Entzündung, welche im Zuge der CE vorhanden ist, weiter verstärkt werden kann. Eine Hypothese, warum Antibiotika bei CE wirken, ist, dass die Mucosa-ständigen Bakterien in ihrer Anzahl durch eine antibiotische Therapie reduziert werden und somit weniger Stimulus für eine Entzündungsreaktion vorhanden ist. Setzt man das Antibiotikum wieder ab kommt es aber bei den meisten Tieren zu einer erneuten Verschlechterung der klinischen Symptomatik, da die Grundursache der CE und die Entzündungsreaktion an sich nicht behoben worden ist.
 
Dementsprechend sollte die Gabe von Antibiotika den Tieren mit CE vorbehalten sein, welche nicht auf andere Massnahmen (zwei Diätversuche, immunsuppressive (Kombinations-)Therapie, Modulation der Mikrobiota mittels Kottransplantationen und Probiotika) ansprechen. Die Grössenordnung der sog. Antibiotika-responsiven Enteropathien liegt bei ca. 5 - 15 % aller entzündlichen Darmerkrankungen - je nach Studienlage.
 
Bei Tieren mit chronischen Darmentzündungen aufgrund Mucosa-invasiver Bakterien (z. B. E. coli assozierte histiozytär-ulzerative Kolitis bei Französischen Buldoggen und Boxern) und Auftreten von Anzeichen einer systemischen Entzündungsreaktion infolge einer Komplikation der chronischen Erkrankung oder sekundärer Translokation von Bakterien aus dem Gastrointestinaltrakt wird eine antibiotische Therapie empfohlen. Siehe dazu Akuter Durchfall, Gruppe 3; siehe Histiozytär-ulzerative Colitis, granulomatöse Colitis; siehe Spezialliteratur).
 

Antibiotika

Chronische Enteropathie
Zu beachten Eine Gabe von Antibiotika ist Tieren mit chronischer Enteropathie vorbehalten, welche nicht auf andere Massnahmen (zwei Diätversuche, immunsuppressive (Kombinations-)Therapie, Modulation der Mikrobiota mittels Kottransplantationen und Probiotika) ansprechen.
Priorisierung/­Antibiotika Dosierung Behandlungs­dauer Bemerkungen
First line  
Metronidazol 10 - 15 mg/kg 2 × tgl. p.o. In den seltenen Fällen, bei denen kein Ansprechen auf andere Therapiemassnahmen besteht, muss eine dauerhafte Therapie in Betracht gezogen werden. Nach Absetzen der Therapie wird es in der Regel zur Verschlechterung der Symptomatik kommen. Metronidazol führt zu einer signifikanten intestinalen Dysbiose.
Second line  
Tylosin 25 mg/kg 1 × tgl. p.o. oder
12,5 mg/kg 2 × tgl. p.o.
In den seltenen Fällen, bei denen kein Ansprechen auf andere Therapiemassnahmen besteht, muss eine dauerhafte Therapie in Betracht gezogen werden. Nach Absetzen der Therapie wird es in der Regel zur Verschlechterung der Symptomatik kommen. Sind kritische Antibiotika und daher für Initialtherapie nicht geeignet. Die Dosis kann bei gutem Ansprechen bis auf 5 mg/kg 1 × tgl. reduziert werden.
Unter Tylosingabe kommt es zu einer signifikanten intestinalen Dysbiose.

 

Unterstützende Massnahmen

Entzündungshemmende Therapie

Sulfasalazin (nur bei Kolitis/Dickdarmdurchfall): 10 - 30 mg/kg alle 8 - 10 Std p.o; mindestens 2 - (4) Wochen (Hund)
 

Kottransplantation, Präbiotika und Probiotika

Modulation des Mikrobioms mittels Kottransplantationen und Prä-/Probiotika kann den Verlauf entzündlicher Darmerkrankungen positiv beeinflussen.

 
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