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Harnwegserkrankungen

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

In diesem Kapitel werden Urethritis, Zystitis, Nephritis, Pyelonephritis, subklinische Bakteriurie und Urolithiasis bei Nagetieren diskutiert.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Urolithiasis: Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, oft scheint es sich um eine multifaktorielle Erkrankung zu handeln. Kalziumreiche Ernährung in Verbindung mit dem physiologisch basischen Urin von Pflanzenfressern wirkt prädisponierend für Harngriess und Harnsteine. Eine unzureichende Wasseraufnahme ist ein weiterer Risikofaktor.
 
Zystitis/Urethritis: Harnabsatzstörungen (z.B. bei Wirbelsäulenerkrankungen), übermassige Urinsedimente und Harnblasensteine können die Harnblase schädigen und sie für eine sekundäre bakterielle Infektion prädisponieren. Es wird auch vermutet, dass Zystitis präsisponierend für Harnblasensteine wirkt.
 
Pyelonephritis/Nephritis: verursacht durch aufsteigende oder systemische bakterielle Erreger.
 
Komplikationen: insbesondere bei Urolithiasis oder Pyelonephritis/Nephritis kann es zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion mit der Folge einer Niereninsuffizienz und/oder Nierenversagen kommen. Eine persistierende Verschmutzung des Perineums mit Harn kann Dermatitis (oft mit Pyodermie) verursachen. Schmerzen können eine sekundäre gastrointestinale Hypomotilität / Stase verursachen.
 
Achtung! Bei Fütterung von bestimmten Pflanzen (z.B.Petersilie), die Porphyrine enthalten, wird der Urin bräunlich, wenn diese oxidieren.
 

Erreger

Zystitis, Urethritis, subklinische Bakteriurie, Urolithiasis (Harnblase): beim Meerschweinchen am häufigsten E. coli, Streptococcus pyogenes, Proteus mirabilis, Corynebacterium renale, Staphylococcus spp.; bei Mäusen Pasteurella pneumotropica und Staphylococcus aureus.
 

Symptome

Polyurie, Polydypsie, Inkontinenz, perineale Harnverschmutzung, perineale Urindermatitis, Hämaturie (kann auch bei Erkrankungen des Geschlechtsapparates oder einer Koagulopathie auftreten), Pyurie, Strangurie, Pollakisurie, abnormales Harnabsatzverhalten sowie unspezifische und schmerzbedingte Symptome wie Anorexie, Apathie, verminderte Bewegung und gekrümmter Rücken.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Die Palpation des kaudalen Abdomens, zur Beurteilung von abnormaler Grösse, Kontur der Nieren, abnormaler Inhalt der Harnblase und Schmerzhaftigkeit der Organe sowie eine Urin-Untersuchung sind Teil der allgemeinen Untersuchung.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Ultraschall, Röntgen, CT, Zysto-/Urethroskopie), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Wenn Bakterien in der Harnzytologie (Sediment) sichtbar sind, Zystozenteseharn zur Kultur und zum Antibiogramm (vor Beginn der antibiotischen Therapie) einsenden.
 
Im Falle eines chirurgischen Eingriffs bei Harnblasensteinen (siehe Therapie), kann man einen Tupfer oder eine Biopsie der Harnblasenwand für eine bakterielle Kultur und ein Antibiogramm entnehmen.
 
Bei Verdacht auf Sepsis ist eine Blutkultur angezeigt (siehe auch Kapitel 2.8.1 Sepsis).
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Analgesie (Opioide oder nicht-steroidale Entzündungshemmer) und Flüssigkeitstherapie sind wichtig bei der Behandlung von Harnwegserkrankungen.
 
Achtung! Nicht-steroidale Entzündungshemmer sollten bei Nierenfunktionsstörungen mit Vorsicht eingesetzt werden. Zusätzlich ist eine Flüssigkeitstherapie bei kompletter Obstruktion der Harnwege vor Lösung der Obstruktion kontraindiziert.
 
Flüssigkeitstherapie (bei Ausschluss einer Obstruktion), bei obstruierter Urethra Katheterisierung der Harnröhre in Sedation (wenn möglich), chirurgische Therapie; Zystotomie bei grossen Harnblasensteinen, Pyelolithotomie oder Nephrolithotomie bei Nierensteinen (wenn minimale Nierenparenchymschädigung und erhaltene Nierenfunktion) oder Nephrektomie (bei Nierenparenchymschädigung und/oder reduzierter Nierenfunktion).
 

Antibiotika

Eine bakterielle Infektion muss zuerst diagnostiziert werden, um den Antibiotikaeinsatz zu rechtfertigen. In den meisten Fällen kann mit der antibiotischen Therapie gewartet werden bis der Erreger kulturell identifiziert und ein Antibiogramm durchgeführt wurde. Bei gestörtem Allgemeinzustand oder bei einem hohen Bakteriengehalt in der Zytologie von Zystozenteseurin ist eine antibakterielle Therapie sofort zu beginnen.
 
Als «first line» Antibiotikum ist Trimethoprim-Sulfonamid indiziert. Diese Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum, reichert sich in den Harnwegen an und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Es gibt variable Resistenzraten bei Anaerobiern, Staphylokokken und E. coli.
 
Als «second line» Antibiotikum ist Chloramphenicol angezeigt. Dieses Antibiotikum ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen zahlreiche grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen. Deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Enrofloxacin und Marbofloxacin sind auch harngängig und wirken gegen die häufigsten Erreger von Harnwegserkrankungen. Fluorchinolone gehören zu den kritischen Antibiotika und bei einigen Erregern wie E. coli und Staphylococcus spp. können Resistenzen vorkommen. Ein Einsatz sollte erst nach Antibiogramm erfolgen. Im Fall einer Niereninsuffizienz oder bei Verdacht auf eine Sepsis ist jedoch Enrofloxacin anstelle von Trimethoprim-Sulfonamid einzusetzen.
 
Harnwegsinfektionen bedingen gelegentlich Langzeit-Therapien.
 
Harnwegserkrankungen
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineTrimethoprim-Sulfonamid50 - 100 mg/kg 1 × täglich p.o./s.c.Bis Zystozenteseurin frei von BakterienNicht bei Niereninsuffizienz
Second lineChloramphenicol30 - 50 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o.Bis Zystozenteseurin frei von BakterienKann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 - 20 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.m.Bis Zystozenteseurin frei von BakterienKritische Antibiotika

s.c. Injektionen mit Fluorchinolonen sind schmerzhaft und können Gewebskrosen verursachen

Fluorchinolone können gastrointestinale Nebenwirkungen bei Ratten und Mäusen verursachen
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o./s.c./i.m.  
 

Resistenzlage

E. coli, Streptococcus spp., Staphylococcus spp. und andere Erreger können gegenüber mehreren Antibiotika Resistenzen aufweisen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Kalziumreiche Ernährung vermeiden (z.B. keine Kräuter, keine Luzerne), Mineralsupplemente absetzen.
 
Ausgewogene Ernährung, Bewegung fördern, Flüssigkeitsaufnahme steigern (mehrere Trinkmöglichkeiten zur Verfügung stellen), Hygiene.
 
Harnsäuerungsmittel wirken bei Herbivoren nicht.
 

Prävention

Artgerechte Fütterung, Hygiene der Trinkflasche/Wasserschale, Hygiene der Umgebung, mehrere Trinkmöglichkeiten zur Verfügung stellen, Bewegung fördern.
 
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