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Frakturen

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

In diesem Kapitel werden Frakturen, Osteosynthese und Osteomyelitis bei Kaninchen und Nagetieren (Meerschweinchen, Chinchilla, Degu, Maus, Ratte, Hamster, Gerbil) diskutiert.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Die häufigste Ursache für eine Fraktur ist ein Trauma. Auch metabolische Erkrankungen und Osteomyelitiden können ein Trauma begünstigen.
 
Eine Fraktur kann offen oder geschlossen sein. Eine offene Fraktur ist häufig kontaminiert und kann sich schnell infizieren, insbesondere, wenn sie unbehandelt oder unsachgemäss behandelt wird.
 
Komplikationen: Osteomyelitis, Implantatversagen, verzögerte Heilung, Nonunion, Malunion.
 
Eine unbehandelte oder unvollständig behandelte Osteomyelitis kann chronische Infektionen verursachen, welche sich im gesamten Körper ausbreiten kann und zu septischen Prozessen führen.
 

Erreger

Alle: fakultativ pathogene Bakterien aus der Umwelt-, Magen-Darm- und Hautflora (siehe «Chirurgie»).
 
Kaninchen, Nagetiere: am häufigsten Staphylococcus spp. (insbesondere S. aureus) aber auch Pasteurella multocida, Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa und Clostridium spp. möglich.
 

Symptome

Lahmheit, Lethargie, Schmerzen, verminderte Bewegung, Anorexie, Apathie.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung, orthopädische Untersuchung, neurologische Untersuchung. Die Asepsis ist bei offenen Frakturen zwingend, auch wenn diese stark kontaminiert oder infiziert sind.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Röntgen, CT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Tupfer aus der offenen Wunde bei der Erstuntersuchung oder intraoperative Biopsie für Histologie, anaerobe und aerobe Kultur und Antibiogramm.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Chirurgische Therapie (Débridement, Spülung) in Kombination mit medikamentöser Therapie (Antibiotika, Analgesie) bei kontaminierten offenen Frakturen zur Vermeidung von Komplikationen.
 
Die Therapie einer Osteomyelitis sollte aggressiv sein: Débridement, Spülung sowie lokale und/oder systemische Antibiotika. Nur eine Kombination aus chirurgischer und medikamentöser Therapie kann erfolgreich sein.
 

Antibiotika

Eine intraoperative antibiotische Therapie ist bei offenen Frakturen und bei geschlossenen Frakturen mit einer voraussichtlichen Operationsdauer von mehr als 90 Minuten und/oder der Verwendung von osteosynthetischem Material angezeigt.
 
In diesen Fällen sollte das Antibiotikum 60 bis 30 Minuten vor der Operation verabreicht und intraoperativ alle 90-120 Minuten wiederholt werden. Bei offenen Frakturen, die nicht schmutzig/infiziert sind, sollte die Antibiotikatherapie maximal bis 24 Stunden postoperativ (nach dem Antibiogramm anzupassen) verabreicht werden. Bei schmutzigen, infizierten Frakturen sollte die postoperative Antibiotikatherapie 1 bis 5 Tage postoperativ und bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen lang verabreicht werden. Die Wahl des Antibiotikums ist immer dem Antibiogramm anzupassen.
 
Antibiotika, die in Knochengewebe wirken sind Amoxicillin, Cephalosporine, Trimethoprim-Sulfonamid, Doxycyclin, Aminoglykoside (z.B. Amikacin), Fluorquinolone (Enrofloxacin, Marbofloxacin), Clindamycin, Metronidazol und Chloramphenicol.
 
Intraoperative antibiotische Therapie
 
Als «first line» Antibiotikum ist Trimethoprim-Sulfonamid indiziert. Diese Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Staphylokokken, Anaerobier, E. coli, Pseudomonas spp. und weitere Bakterien können resistent sein.
 
Enrofloxacin soll nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden, weil es zu den kritischen Antibiotika gehört und es gegen dieses Antibiotikum variable Resistenzraten gibt. Enrofloxacin wirkt gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen. Es kann peroral oder parenteral (s.c., i.m., i.v.) verabreicht werden und gilt als verträgliches Antibiotikum.
 
Zur Kompensation der reduzierten Wirkung auf grampositive Bakterien (Enrofloxacin) und Anaerobier (Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid) werden Trimethoprim-Sulfonamid und Enrofloxacin mit Metronidazol kombiniert. Metronidazol wirkt gegen anaerobe Bakterien und Protozoen und verursacht selten Nebenwirkungen. Resistenzen sind bei Actinomyces spp. und Bacteroides spp. möglich.
 
Es werden auch lokale antibiotische Behandlungen mit variablem Erfolg eingesetzt. Solche Behandlungen sollten immer durch eine adäquate systemische Antibiose unterstützt werden.
 
Intraoperative Antibiotikagabe, offene Frakturen, osteosynthetisches Material, Operationen mit Dauer > 90 Min.
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineTrimethoprim-Sulfonamid50 - 100 mg/kg 1 × täglich p.o./s.c. Trimethoprim-Sulfonamid nicht bei Niereninsuffizienz
 Für Trimethoprim-Sulfonamid Kombination möglich mit
Metronidazol
10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 - 20 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.m.30 - 60 Min. vor Operationsbeginn und während der Operation jede 90 - 120 Min. wiederholenKritisches Antibiotikum

s.c. Injektionen mit Fluorchinolonen sind schmerzhaft und können Gewebsnekrosen verursachen
 Kombination möglich mit
Metronidazol
10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
 
Osteomyelitis
 
Im Falle einer mehrtägigen postoperativen antibiotischen Behandlung (siehe Einführungsteil «Trauma und chirurgische Eingriffe»; Unterkapitel «perioperative Anwendung von Antibiotika») oder bei einer Osteomyelitis sollten Antibiotika entsprechend dem Antibiogramm angepasst werden.
 
Als «first-line» Antibiotika sind Trimethoprim-Sulfonamid in Kombination mit Metronidazol, wenn Anaerobier in der Kultur vorhanden sind, indiziert.
 
Als «second line» Antibiotika werden Chloramphenicol, Doxycyclin oder Amikacin empfohlen.
 
Chloramphenicol ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen viele grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen, deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Doxycyclin wirkt bakteriostatisch und in hohen Konzentrationen bakterizid gegen viele grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe Bakterien, einschliesslich Mykoplasmen und Chlamydien. Doxycyclin gilt als sicher für die perorale und parenterale Verabreichung, hat entzündungshemmende Eigenschaften und verursacht auch seltener Nebenwirkungen als andere Tetracycline. Doxycyclin kann durch Kalzium inaktiviert werden und sollte aus diesem Grund nicht gleichzeitig mit der Nahrung verabreicht werden. Zusätzlich kann eine vorübergehende kalziumarme Diät die Bioverfügbarkeit verbessern. Am häufigsten kommen Resistenzen bei P. aeruginosa-Stämme vor.
 
Amikacin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit einem breiten Spektrum und bakterizider Wirkung, welche konzentrationsabhängig ist. Es wirkt gegen gramnegative und einige grampositive aerobe Bakterien. Um das Nierentoxizitätsrisiko zu verringern, wird empfohlen dieses Antibiotikum gleichzeitig mit einer Flüssigkeitstherapie zu verabreichen.
 
Enrofloxacin sollte nur nach einem Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Es werden auch lokale antibiotische Behandlungen mit variablem Erfolg eingesetzt. Solche Behandlungen sollten immer durch eine adäquate systemische Antibiose unterstützt werden.
 
Osteomyelitis
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineTrimethoprim-Sulfonamid50 - 100 mg/kg 1 × täglich p.o./s.c. Trimethoprim-Sulfonamid nicht bei Niereninsuffizienz
 Für Trimethoprim-Sulfonamid Kombination möglich mit
Metronidazol
10-20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
Second lineChloramphenicol30 - 50 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o.Postoperativ 1 - 5 Tage

Bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen
Chloramphenicol kann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
 Doxycyclin2.5 - 5 mg/kg 2 × täglich p.o. Doxycyclin oral nicht mit kalziumhaltigen Futtermitteln verabreichen
 Amikacin5 - 15 mg/kg 2 - 3 × täglich s.c./i.m./i.v.. Amikacin ist nierentoxisch, gleichzeitig mit Flüssigkeit verabreichen

Bei i.v. Gabe verdünnen und über 20 Minuten verabreichen
 Für Amikacin Kombination möglich mit
Metronidazol
10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 - 20 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.m.Postoperativ 1 - 5 Tage

Bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen
Kritisches Antibiotikum

s.c. Injektionen mit Fluorchinolonen sind schmerzhaft und können Gewebsnekrosen verursachen
 Kombination möglich mit
Metronidazol
10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
 

Resistenzlage

Bei mehreren Bakterienspezies sind Resistenzen gegen mehrere Antibiotika nachgewiesen worden.
 
MRSA (Methicillin resistant Staphylococcus aureus) Staphylokokken sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Assistierte Fütterung, Flüssigkeitstherapie bei Hyporexie oder Anorexie, Hygiene, regelmässige Kontrolle.
 
Optimale Haltungsbedingungen.
 

Prävention

Der Art entsprechende Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Ein artgerechtes Handling, chirurgische Technik unter Beachtung der Halsted'schen Prinzipien, Hygiene bei der postoperativen Wundversorgung sowie regelmässige Kontrollen der Frakturheilung sind Voraussetzungen, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
 
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