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Augenerkrankungen

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

In diesem Kapitel werden Konjunktivitis, Epiphora, Hornhautläsionen, Keratitis und Exophthalmus bei Nagetieren diskutiert.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Konjunktivitis: die Ursache kann primär (viral, bakteriell, umweltbedingt) oder sekundär (Zahnerkrankung, Vitamin-C-Mangel bei Meerschweinchen, Rhinitis, Glaukom, Uveitis, Neoplasie) sein.
 
Epiphora: Augenausfluss, der nicht unbedingt auf infektiöse Ursachen zurückzuführen ist, meist verursacht durch Reizung und Entzündung des Tränennasenkanals.
 
Hornhautverletzung, Keratitis: Trauma, Fremdkörper, Zahnerkrankung, Rhinitis, Otitis, neurologische Störung.
 
Exophthalmus: Zahnerkrankung (retrobulbärer Abszess), Fremdkörper, Trauma.
 
Risikofaktoren für eine bakterielle Augenerkrankung sind Trauma (z.B. durch andere Tiere oder durch Käfigeinrichtung), Staub (z.B. bei übermässigem Sandbaden von Chinchillas), mangelnde Hygiene (hohe Ammoniakspiegel in der Luft), ungeeignetes Bodenmaterial (z.B. Zedernholz), andere Augenkrankheiten (z.B. Fremdkörper, Infektionen mit Viren, Pilzen, Hefen), andere Erkrankungen (Diabetes mellitus, Allergien, Zahnerkrankungen, Rhinitis) und Immunsuppression. Die physiologisch grossen und exponierten Hornhautsegmente von Chinchillas sind anfällig für Traumata.
 
Ratte, Maus, einige Hamsterarten: Chromodacryorrhö ist ein physiologischer Prozess, der jedoch häufiger bei Stress und chronisch-systemischen Erkrankungen auftritt. Es handelt sich um eine Porphyrin-pigmentierte Ausscheidung (rötlich), der von den Harder'schen Drüsen ausgeschieden wird.
 

Erreger

Hamster: Pasteurella spp., Streptococcus spp. (infektiöse Keratokonjunktivitis).
 
Es wurden Staphylococcus spp., Streptococcus spp., Proteus spp., Corynebacterium spp., Bacillus spp., Escherichia coli und Citrobacter spp. in einer Studie mit klinisch gesunden Hamstern und Staphylococcus spp., Streptococcus spp. und Corynebacterium spp. in einigen Studien bei gesunden Meerschweinchen und Chinchillas isoliert. Diese Erreger können bei sekundären bakteriellen Infektionen eine Rolle spielen.
 

Symptome

Konjunktivale Hyperämie, seröser bis eitriger Augenausfluss, Chemosis, Pyodermie, Blepharospasmus, Exophthalmos, Trübung des Auges, Hyphema, Hypopyon, Prolaps des dritten Augenlids, Gesichtsjuckreiz, Symptome der Grunderkrankung.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung. Zusätzlich Augenuntersuchung und neurologische Untersuchung.
 
Eine Maulhöhlenuntersuchung ohne Allgemeinanästhesie mit Otoskop oder Kindernasenspekulum und einer starken Lichtquelle sollte bei jeder klinischen Untersuchung durchgeführt werden
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Ultraschall, Röntgen, CT, MRT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Tupfer für Kultur und Antibiogramm vor Beginn der Behandlung oder konjunktivale Tupfer für PCR bei Verdacht auf eine C. caviae Infektion.
 
Konjunktivale oder korneale Zytologie kann Hinweise auf die Ursache geben.
 
Für C. caviae sind die Färbungen Giemsa oder Macchiavello notwendig, um intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen nachzuweisen.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Konjunktivitis, Keratitis, Hornhautläsionen, Uveitis: lokale Therapie bei bakteriellen Ursachen (Spülung, Antibiotika und Entzündungshemmer; bei tiefen Läsionen mit Perforationsgefahr nur Antibiotikatropfen, keine Salbe). Eine systemische Therapie (Entzündungshemmer, Analgetika, Antibiotika) ist, zusätzlich zur lokalen Therapie, bei Hornhautperforation und systemischen bakteriellen Erkrankungen angezeigt. In einigen Fällen ist eine chirurgische Therapie notwendig.
 
Epiphora: lokale und wenn nötig systemische entzündungshemmende und evtl. lokale antibiotische Behandlung.
 
Retrobulbärer Abszess: in der Regel chirurgische Therapie (Enukleation) und Analgesie, je nach Fall mit einer Antibiotikatherapie kombinieren.
 
Grunderkrankungen müssen gleichzeitig behandelt werden.
 
Kortikosteroide sind kontraindiziert.
 

Antibiotika

Wenn möglich, sollte die lokale Therapie der systemischen Therapie vorgezogen werden. Eine topische antibiotische Behandlung ist wichtiger und wirksamer, da höhere Konzentrationen im Auge erreicht werden als bei einer systemischen Behandlung. Auch eine topische Antibiose sollte dem Antibiogramm angepasst werden.
 
Eine systemische Antibiose ist indiziert bei Begleiterkrankungen wie Zahnerkrankungen oder Rhinitis und bei persistierenden chronischen Fällen, die auf eine lokale Therapie nicht ansprechen.
 
Als «first line» Antibiotika werden Doxycyclin und Trimethoprim-Sulfonamid (evtl. mit Metronidazol kombiniert) empfohlen.
 
Doxycyclin wirkt bakteriostatisch und in hohen Konzentrationen bakterizid gegen viele grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe Bakterien, einschliesslich Mycoplasmen und Chlamydien. In einer Studie wies B. bronchiseptica weniger Resistenzen gegen Doxycyclin auf im Vergleich zu anderen Antibiotika. Doxycyclin gilt als sicher für die perorale und parenterale Verabreichung, hat entzündungshemmende Eigenschaften und verursacht seltener Nebenwirkungen als andere Tetracycline. Doxycyclin kann durch Kalzium inaktiviert werden und sollte aus diesem Grund nicht gleichzeitig mit der Nahrung verabreicht werden. Zusätzlich kann eine vorübergehende kalziumarme Diät die Bioverfügbarkeit verbessern. Die meisten P. aeruginosa-Stämme sind resistent.
 
Trimethoprim-Sulfonamid wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Resistenzen wurden bei Pseudomonas spp. und weiteren Erregern nachgewiesen.
 
Als «second line» Antibiotikum ist Chloramphenicol angezeigt. Es ist auch oral verabreicht verträglich und wirkt gegen viele grampositive, gramnegative und anaerobe Bakterien. Pseudomonas spp. sind oft resistent gegen dieses Antibiotikum. Der Wirkstoff kann beim Menschen eine aplastische Anämie verursachen, deshalb wird dringend empfohlen, Chloramphenicolpräparate nur mit Handschuhen und erhöhter Vorsicht zu verabreichen.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) sollten nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Fluorchinolone wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen, können peroral oder parenteral (s.c., i.v.) verabreicht werden und gelten als verträgliche Antibiotika. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika und bei mehreren Bakterien (z.B. Pseudomonas aeruginosa) wurden variable Resistenzraten nachgewiesen.
 
Zur Kompensation der reduzierten Wirkung auf grampositive Bakterien (Enrofloxacin) und Anaerobier (Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid) können Trimethoprim-Sulfonamid und Enrofloxacin mit Metronidazol kombiniert werden, z.B. wenn eine Zahnerkrankung als Ursache für die Augenprobleme identifiziert wird.
 
Amikacin ist für eine systemische Therapie von Infektionen mit multiresistenten Pseudomonas aeruginosa angezeigt. Amikacin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit einem breiten Spektrum und bakterizider Wirkung, welche konzentrationsabhängig ist. Wenn die Augen betroffen sind, sollte eine systemische Therapie mit einer lokalen Antibiotikatherapie kombiniert werden, da Aminoglykoside kaum ins Augengewebe eindringen können. Amikacin dringt kaum in ZNS-Gewebe ein. Um das Nierentoxizitätsrisiko zu verringern, wird empfohlen, dieses Antibiotikum gleichzeitig mit einer Flüssigkeitstherapie zu verabreichen.
 
Augenerkrankungen, chronische persistierende Fälle
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First LineDoxycyclin2.5 - 5 mg/kg 2 × täglich p.o.Mindestens 2 WochenDoxycyclin nicht mit kalziumhaltigen Futtermitteln verabreichen
 Trimethoprim-Sulfonamid15 - 30 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.m. Trimethoprim-Sulfonamid nicht bei Niereninsuffizienz
 Trimethoprim-Sulfonamid evtl. mit Metronidazol kombinieren10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
Second lineChloramphenicol25 mg/kg 2 - 3 × täglich p.o.Mindestens 2 WochenKann beim Menschen aplastische Anämie verursachen, NUR mit Handschuhen verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 - 20 mg/kg 1 - 2 × täglich p.o./s.c./i.m.Mindestens 2 WochenKritische Antibiotika

s.c. Injektionen mit Fluorchinolonen sind schmerzhaft und können Gewebskrosen verursachen
 Marbofloxacin2 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o./s.c./i.m.  
 Enrofloxacin und Marbofloxacin evtl. mit Metronidazol kombinieren10 - 20 mg/kg 2 × täglich p.o.  
 Amikacin5 - 15 mg/kg 2 - 3 × täglich s.c./i.m./i.v. Amikacin ist nierentoxisch, gleichzeitig mit Flüssigkeit verabreichen

Bei i.v. Gabe verdünnen und über 20 Minuten verabreichen
 

Resistenzlage

P. aeruginosa kann gegenüber mehreren Antibiotika (Chloramphenicol, Doxycyclin, Trimethoprim-Sulfonamid, Enrofloxacin und manchmal auch Marbofloxacin) Resistenzen aufweisen.
 
Weitere Erreger wie Streptococcus spp., Staphylococcus spp., Salmonella spp., Bordetella spp. können Resistenzen gegen mehrere Antibiotika aufweisen.
 
MRSA (Methycillin resistant Staphylococcus aureus) Staphylokokken sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin, Ofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Hygiene der Augenregion, regelmässig die Augen von Ausfluss reinigen, Augensalbe (Tränensubstitution), Halskragen bei Selbstverstümmelung, assistierte Fütterung und Flüssigkeitstherapie bei Hyporexie oder Anorexie.
 

Prävention

Artgerechte Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Zusätzlich sind präventive Massnahmen der Grunderkrankungen (Rhinitis, Zahnerkrankung) zu beachten. Kastration der Tiere bei Gruppenhaltung zur Vermeidung von Aggressionen.
 
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