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Frakturen

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

In diesem Kapitel werden Frakturen, Osteosynthese und Osteomyelitis bei Reptilien (Schildkröten, Echsen, Schlangen) diskutiert.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Die häufigste Ursache für eine Fraktur ist ein Trauma. Auch metabolische Erkrankungen und Osteomyelitiden können ein Trauma begünstigen.
 
Eine Fraktur kann offen oder geschlossen sein. Eine offene Fraktur ist häufig kontaminiert und kann sich schnell infizieren, insbesondere, wenn sie unbehandelt oder unsachgemäss behandelt wird.
 
Komplikationen: Osteomyelitis, Implantatversagen, verzögerte Heilung, Nonunion, Malunion.
 
Eine unbehandelte oder unvollständig behandelte Osteomyelitis kann chronische Infektionen verursachen, welche sich im gesamten Körper ausbreiten kann und zu septischen Prozessen führen.
 

Erreger

Alle: fakultativ pathogene Bakterien aus der Umwelt-, Magen-Darm- und Hautflora (siehe «Chirurgie»).
 

Symptome

Lahmheit, Lethargie, Schmerzen, verminderte Bewegung, Anorexie, Apathie.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung, orthopädische Untersuchung, neurologische Untersuchung. Die Asepsis ist bei offenen Frakturen zwingend, auch wenn diese stark kontaminiert oder infiziert sind.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Röntgen, CT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Tupfer aus der offenen Wunde bei der Erstuntersuchung oder intraoperative Biopsie für Histologie, anaerobe und aerobe Kultur und Antibiogramm.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Chirurgische Therapie (Débridement, Spülung) in Kombination mit medikamentöser Therapie (Antibiotika, Analgesie) bei kontaminierten offenen Frakturen zur Vermeidung von Komplikationen.
 
Die Therapie einer Osteomyelitis sollte aggressiv sein: Débridement, Spülung sowie lokale und/oder systemische Antibiotika. Nur eine Kombination aus chirurgischer und medikamentöser Therapie kann erfolgreich sein.
 

Antibiotika

Eine intraoperative antibiotische Therapie ist bei offenen Frakturen und bei geschlossenen Frakturen mit einer voraussichtlichen Operationsdauer von mehr als 90 Minuten und/oder der Verwendung von osteosynthetischem Material angezeigt.
 
In diesen Fällen sollte das Antibiotikum 60 bis 30 Minuten vor der Operation verabreicht und intraoperativ alle 90-120 Minuten wiederholt werden. Bei offenen Frakturen, die nicht schmutzig/infiziert sind, sollte die Antibiotikatherapie maximal bis 24 Stunden postoperativ (nach dem Antibiogramm anzupassen) verabreicht werden. Bei schmutzigen, infizierten Frakturen sollte die postoperative Antibiotikatherapie 1 bis 5 Tage postoperativ und bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen lang verabreicht werden. Die Wahl des Antibiotikums ist immer dem Antibiogramm anzupassen.
 
Antibiotika, die in Knochengewebe wirken sind Amoxicillin, Cephalosporine, Trimethoprim-Sulfonamid, Doxycyclin, Aminoglykoside (z.B. Amikacin), Fluorquinolone (Enrofloxacin, Marbofloxacin), Clindamycin, Metronidazol und Chloramphenicol.
 
Reptilien: intraoperative antibiotische Therapie, Osteomyelitis
 
Im Falle einer mehrtägigen postoperativen antibiotischen Behandlung oder bei einer Osteomyelitis sollten Antibiotika entsprechend dem Antibiogramm angepasst werden.
 
Als «first-line» Antibiotika sind Amikacin oder Trimethoprim-Sulfonamid angezeigt.
 
Amikacin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit einem breiten Spektrum und bakterizider Wirkung, welche konzentrationsabhängig ist. Es wirkt gegen gramnegative und einige grampositive aerobe Bakterien. Um das Nierentoxizitätsrisiko zu verringern, wird empfohlen dieses Antibiotikum gleichzeitig mit einer Flüssigkeitstherapie zu verabreichen, den Einsatz anderer nierentoxischer Medikamente zu vermeiden und Amikacin in die vordere Extremität des Tieres zu spritzen. Aufgrund der langen Halbwertszeit von Amikacin bei Reptilien, erscheint eine Wiederholung nach 90-120 Min. nicht angezeigt zu sein.
 
In schweren Fällen kann es mit Ceftiofur oder Ceftazidim kombiniert werden (vorzugweise nach einem Antibiogramm).
 
Trimethoprim-Sulfonamid-Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Reptilien, die eine Trimethoprim-Sulfonamid Therapie erhalten, sollten gut hydriert sein. Staphylokokken, Pseudomonas spp. und weitere Bakterien können resistent sein.
 
Als «second line» Antibiotikum kann Doxycyclin eingesetzt werden.
 
Doxycyclin wirkt bakteriostatisch und in hohen Konzentrationen bakterizid gegen viele grampositive und gramnegative, aerobe und anaerobe Bakterien. Es hat entzündungshemmende Eigenschaften und verursacht seltener Nebenwirkungen als andere Tetracycline. Doxycyclin kann durch Kalzium inaktiviert werden und sollte aus diesem Grund nicht gleichzeitig mit der Nahrung verabreicht werden. Zusätzlich kann eine vorübergehende kalziumarme Diät die Bioverfügbarkeit verbessern.
 
Ceftiofur, Ceftazidim, Enrofloxacin und Marbofloxacin sollten nur nach Antibiogramm eingesetzt werden, wenn kein alternatives Antibiotikum wirksam ist.
 
Ceftiofur ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit einem breiten Wirkspektrum und bakterizider Wirkung. Es wirkt gegen Streptokokken sowie Enterobacteriaceae einschliesslich Citrobacter spp., Morganella spp., Acinetobacter spp., Providencia spp. und Serratia spp. Es wirkt nicht gegen P. aeruginosa und selten gegen Staphylokokken. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Langwirkende Präparate (Ceftiofur Crystalline-Free Acid, CCFA) sind ebenfalls wirksam.
 
Ceftazidim ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit bakterizider Wirkung. Es wirkt gegen verschiedene grampositive und gramnegative Bakterien, einschliesslich P. aeruginosa. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) sollten nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Fluorchinolone wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen und können peroral oder parenteral (i.m., s.c., i.v.) verabreicht werden. Bei Reptilien kann die i.m. oder s.c. Applikation von Enrofloxacin zu Muskelnekrosen führen. Übererregung und Inkoordination wurden für Enrofloxacin bei Schildkröten als Nebenwirkungen beschrieben. Fluorchinolone gehören zu den kritischen Antibiotika. Es wurden bei verschiedenen Bakterien (z.B. Pseudomonas aeruginosa) variable Resistenzraten nachgewiesen.
 
Einige Antibiotika (Trimethoprim-Sulfonamid, Amikacin, Enrofloxacin) können bei gemischten Infektionen mit Anaerobiern mit Metronidazol kombiniert werden.
 
Metronidazol wirkt gegen anaerobe Bakterien und Protozoen; Resistenzen sind bei Actinomyces spp. und Bacteroides spp. möglich. Hohe Dosis oder lange Behandlungszeiten können mit Nebenwirkungen wie Anorexie, Kopfschiefhaltung und Anzeichen von Hepatotoxizität bei Schildkröten einhergehen. Es ist zu beachten, dass Metronidazol nur peroral verabreicht wird.
 
Es werden auch lokale antibiotische Behandlungen mit variablem Erfolg eingesetzt. Solche Behandlungen sollten immer durch eine adäquate systemische Antibiose unterstützt werden.
 
Reptilien: intraoperative Antibiotikagabe, offene Frakturen, osteosynthetisches Material, Operationen mit Dauer > 90 Min., Osteomyelitis
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineAmikacin5 mg/kg i.m. als Initialdosis
dann 2.5 mg/kg jeden 3. Tag i.m.
30 - 60 Min. vor Operationsbeginn und während der Operation jede 90 - 120 Min. wiederholen
(Amikacin nicht wiederholen!)

Postoperativ 1 - 5 Tage

Bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen
Nephrotoxizität, gleichzeitig mit Flüssigkeit verabreichen, in vorderer Körperhälfte spritzen
 Trimethoprim-SulfonamidAlle:
10 - 30 mg/kg 1 × täglich p.o.

Schildkröten:
30 mg/kg 1 × täglich für 2 Tage und dann jeden 2. Tag i.m.
 Sehr wichtig: Hydratation des Tieres
 Kombination möglich mit
Metronidazol
20 mg/kg 1 × täglich
oder
jeden 2. Tag p.o. (für 7 - 14 Tage)
 Metronidazol kann bei hohen Dosierungen und langer Behandlungsdauer zu neurologischen Symptomen und plötzlichen Todesfällen führen
Second lineDoxycyclinAlle:
5 - 10 mg/kg 1 × täglich p.o.

Schildkröten:
initial 50 mg/kg, dann 25 mg/kg jeden 3. Tag i.m.
30 - 60 Min. vor Operationsbeginn und während der Operation jede 90 - 120 Min. wiederholen

Postoperativ 1 - 5 Tage

Bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen
Doxycyclin oral nicht mit kalziumhaltigen Futtermitteln verabreichen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Ceftiofur2 - 4 mg/kg 1 × täglich i.m.30 - 60 Min. vor Operationsbeginn und während der Operation jede 90 - 120 Min. wiederholen

Postoperativ 1 - 5 Tage

Bei Osteomyelitis mindestens 2 Wochen
Kritische Antibiotika
 Ceftazidim20 - 40 mg/kg jeden 2. - 3. Tag s.c./i.m.  
 Enrofloxacin5 - 10 mg/kg 1 × täglich p.o./i.m./s.c. Enrofloxacin kann bei s.c. und i.m. Injektionen zu Gewebsnekrosen führen
 Für Enrofloxacin Kombination möglich mit
Metronidazol
20 mg/kg 1 × täglich
oder
jeden 2. Tag p.o. (für 7 - 14 Tage)
 Metronidazol kann bei hohen Dosierungen und langer Behandlungsdauer zu neurologischen Symptomen und plötzlichen Todesfällen führen
 

Resistenzlage

Bei mehreren Bakterienspezies sind Resistenzen gegen mehrere Antibiotika nachgewiesen worden.
 
MRSA (Methicillin resistant Staphylococcus aureus) Staphylokokken sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen mehrwöchigen Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Assistierte Fütterung, Flüssigkeitstherapie bei Hyporexie oder Anorexie, Hygiene, regelmässige Kontrolle.
 
Optimale Haltungsbedingungen (z.B. Hygiene, Luftfeuchtigkeit, UVB-Licht, Fütterung, Wärme beachten).
 

Prävention

Der Art entsprechende Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Ein artgerechtes Handling, chirurgische Technik unter Beachtung der Halsted'schen Prinzipien, Hygiene bei der postoperativen Wundversorgung sowie regelmässige Kontrollen der Frakturheilung sind Voraussetzungen, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
 
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