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Abszesse

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

Abszesse treten bei Reptilien gelegentlich auf. Aufgrund der Stoffwechselprozesse werden sie oft als Fibriszesse bezeichnet.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Ursachen: Hauterkrankungen, Weichteilverletzungen, insbesondere Stich- und Bissverletzungen. Eine sekundäre Bakteriämie aufgrund von Grunderkrankungen wie Zahn-, Atemwegs- und Harnwegserkrankungen ist ebenfalls möglich.
 
Abszesse können mit Bakterien, Pilzen, Parasiten und Fremdkörpern in Verbindung gebracht werden.
Prädisponierend sind:
 
-Ungeeignete Haltungsbedingungen, Stress (mit folgender Immunsuppression): zu hohe oder zu niedrige Temperatur und/oder Luftfeuchtigkeit, ungeeignete Terrarienhaltung (zu klein, keine Rückzugsgebiete, abrasive Substrate), Überbelegung, Mangelernährung (Hypovitaminose-A mit Metaplasie und sekundäre bakteriellen Infektionen)
-Trauma: Bissverletzungen durch Beutetiere oder Insekten, durch andere Tiere (Käfiggenossen, andere Haustiere), Verletzungen durch Terrarienscheiben- und Terrarieneinrichtung oder durch Fluchtversuch (männlichen Tiere während Fortpflanzungssaison, vor allem wenn weibliche Tiere in der Nähe sind). Deckverletzungen können bei Testudo hermanni durch den Schwazdorn bei ungeeigneten Geschlechterzusammensetzung vorkommen
 
Typische Lokalisationen sind:
 
-Ohrenabszess (Sumpfschildkröten): häufig bei Hypovitaminose-A
-Perikloakaler Abszess bei Testudo hermanni
-Duftdrüsen Abszesse: Verstopfung der Drüsen durch mangelnden Gebrauch
-Fuss-Abszess (Pododermatitis): bei zu hoher Luftfeuchtigkeit oder abrasiven Substraten
-Schwanzabszesse
 
Komplikationen: Osteomyelitis, Sepsis, Abszesse der inneren Organe.
 

Erreger

In Abszesse werden häufig mehrere Erreger gefunden.
 
Gramnegative Bakterien sind häufig mit Abszessen assoziiert: Pseudomonas spp., Klebsiella spp., Proteus spp., Providencia spp., Escherichia spp., Morganella spp., Salmonella spp., Aeromonas spp., Citrobacter spp.
 
Seltener sind grampositive Bakterien (Streptococcus spp., Staphylococcus spp., Corynebacterium spp.) oder Anaerobier (oft bei Biss- und Kratzverletzungen, Bacteroides spp., Fusobacterium spp., Clostridium spp.).
 
Mycobacterium spp. und Nocardia spp. sind ebenfalls mögliche Ursachen für Abszesse.
 

Symptome

Abszess in der typischen Lokalisation mit entsprechender Klinik (z.B. Abszess der Duftdrüsen verbunden mit übelriechendem Geruch) oder eine bis mehrere subkutanen Schwellungen von fester Konsistenz, eingekapselt, unspezifische Symptome wie Anorexie und Apathie.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (empfehlenswert bei Komplikationen wie Osteomyelitis), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Kultur und Antibiogramm aus Biopsien der Abszesskapsel. Zytologie (Diff-Quick, Gram-Färbung, säurefeste-Färbung) aus Aspirat (selten diagnostisch) oder Abklatsch.
 
Eine Kultur eines Tupfers aus dem Inneren des Abszesses ist nicht indiziert da diese meistens steril ist.
 
Sowohl anaerobe als auch aerobe Kulturen sind notwendig.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Chirurgische, analgetische und antiseptische Therapie sind die Grundlage für die Behandlung eines Abszesses. Die Eigenschaften des Abszesses (fibröse Kapsel, käsigen Inhalt) erschweren die optimale Wirkung von Antibiotika, weshalb eine rein medikamentöse Therapie meist erfolglos bleibt. Aus diesem Grund ist eine chirurgische Therapie die Therapie der Wahl.
 
Spezielle Behandlungsindikationen (z.B. Operationstechnik) entsprechend der Abszesslokalisation beachten.
 
Subkutane Abszesse erfordern mitunter eine lange Behandlung deswegen ist die Compliance des Besitzers (Medikamentengabe, Spülung und Hygiene der Wunde) besonders wichtig, um ein Rezidiv zu vermeiden.
 

Antibiotika

Oberflächliche Abszesse können mit lokaler Therapie behandelt werden.
 
Es werden auch lokale antibiotische Behandlungen mit variablem Erfolg eingesetzt.
 
Systemische Antibiotika sind nur indiziert bei stark kontaminierten Wunden, bei immunsupprimierten Tieren, wenn Zeichen einer Generalisierung bestehen, bei Nähe zu empfindlichen Geweben (z.B. Gelenke), Osteomyelitis (siehe «Frakturen») und/oder bei schlechtem Allgemeinzustand.
 
Ein Antibiotikaeinsatz sollte, wenn immer möglich aufgrund einer bakteriellen Kultur und einem Antibiogramm erfolgen.
 
Als «first-line» Antibiotika sind Amikacin, Trimethoprim-Sulfonamid und/oder Metronidazol angezeigt.
 
Amikacin ist ein Aminoglykosid-Antibiotikum mit einem breiten Spektrum und bakterizider
Wirkung, welche konzentrationsabhängig ist. Es wirkt gegen gramnegative und einige grampositive aerobe Bakterien. Um das Nierentoxizitätsrisiko zu verringern, wird empfohlen dieses Antibiotikum gleichzeitig mit einer Flüssigkeitstherapie zu verabreichen, den Einsatz anderer nierentoxischer Medikamente zu vermeiden und Amikacin in die vordere Extremität des Tieres zu spritzen.
 
Zur Kompensation der reduzierten Wirkung auf Anaerobier kann Amikacin mit Metronidazol kombiniert werden.
 
In schweren Fällen kann es mit Ceftiofur oder Ceftazidim kombiniert werden (vorzugweise nach einem Antibiogramm).
 
Trimethoprim-Sulfonamid-Kombination wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin (bei Herbivoren selten), ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Reptilien, die eine Trimethoprim-Sulfonamid Therapie erhalten, sollten hydriert sein. Staphylokokken, Pseudomonas spp. und weitere Bakterien können resistent sein.
 
Zur Kompensation der reduzierten Wirkung auf Anaerobier kann Trimethoprim-Sulfonamid mit Metronidazol kombiniert werden.
 
Für Anaerobier ist Metronidazol als «first-line» Antibiotikum indiziert (Alternativen: Ceftiofur oder Ceftazidim, kritische Antibiotika). Metronidazol wirkt gegen anaerobe Bakterien und Protozoen, Resistenzen sind bei Actinomyces spp. und Bacteroides spp. möglich. Hohe Dosis oder lange Behandlungszeiten können mit Nebenwirkungen wie Anorexie, Kopfschiefhaltung und Anzeichen von Hepatotoxizität einhergehen.
 
Ceftiofur ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit einem breiten Wirkspektrum und bakterizider Wirkung. Es wirkt gegen Streptokokken sowie Enterobacteriaceae einschliesslich Citrobacter spp., Morganella spp., Acinetobacter spp., Providencia spp. und Serratia spp. Es wirkt nicht gegen P. aeruginosa und selten gegen Staphylokokken. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Ceftazidim ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit bakterizider Wirkung. Es wirkt gegen verschiedene grampositive und gramnegative Bakterien, einschliesslich P. aeruginosa. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) sollten nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Fluorchinolone wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen und können peroral oder parenteral (s.c., i.m., i.v.) verabreicht werden. Bei Reptilien kann i.m. oder s.c. Applikation von Enrofloxacin zur Muskelnekrose führen. Übererregung und Inkoordination wurden für Enrofloxacin bei Schildkröten als Nebenwirkungen beschrieben. Fluorchinolone gehören zu den kritischen Antibiotika und bei verschiedenen Bakterien (z.B. Pseudomonas aeruginosa) wurden variable Resistenzraten nachgewiesen.
 
Im Falle einer generalisierten Mykobakteriose (Zoonose) wird eine Therapie nur in Ausnahmefällen empfohlen. Eine Euthanasie muss in Betracht gezogen werden.
 
Die Therapiedauer beträgt mindestens 3 Wochen und sie sollte nach dem Abklingen der Symptome noch 1-2 Wochen fortgesetzt werden, um Rezidiven zu vermeiden.
 
Subkutane Abszesse
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineAmikacin5 mg/kg i.m. als Initialdosis,
dann 2.5 mg/kg jeden 3. Tag i.m.
Bis klinische AbheilungNephrotoxizität, gleichzeitig mit Flüssigkeit verabreichen, in vorderer Körperhälfte spritzen

Sehr wichtig: Hydratation des Tieres
 Trimethoprim-Sulfonamid10 - 30 mg/kg 1 × täglich p.o.
oder
30 mg/kg 1 × täglich für 2 Tage und dann jeden 2. Tag i.m.
  
 Metronidazol
(Anaerobier)
25 - 50 mg/kg jeden 2. Tag p.o. (3 - 5 Gaben) Metronidazol kann bei hohen Dosierungen und langer Behandlungsdauer zu neurologischen Symptomen und plötzlichen Todesfällen führen
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Ceftiofur2 - 4 mg/kg 1× täglich i.m.Bis klinische AbheilungKritische Antibiotika
 Ceftazidim20 - 40 mg/kg jeden 2. - 3. Tag s.c./i.m.  
 Enrofloxacin5 - 10 mg/kg 1 × täglich p.o./i.m./s.c. Enrofloxacin kann bei s.c. und i.m. Injektionen zu Gewebsnekrosen führen
 

Resistenzlage

Aufgrund der Vielfalt der Bakterien, die bei einem Abszess beteiligt sein können, und der bekannten Resistenzen (z.B. Pseudomonas aeruginosa) wird eine antibiotische Therapie nach Kultur und Antibiogramm empfohlen.
 
MRSA (Methycillin resistant Staphylococcus aureus) Staphylokokken sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 

Unterstützende Massnahmen

Optimale Haltungsbedingungen (Hygiene, Luftfeuchtigkeit, UVB-Licht, Fütterung, Wärme).
 
Salben mit wundheilender Wirkung (z.B. Zinksalbe) können die Therapie unterstützen.
 
Flüssigkeitstherapie und assistierte Fütterung (z.B. mit Ösophagussonde) für Reptilien mit Anorexie.
 

Prävention

Der Art entsprechende Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Quarantäne beim Einführen eines neuen Individuums in eine Gruppe, kranke von gesunden Tieren trennen.
 
Salben mit wundheilender Wirkung (z.B. Zinksalbe) können die Therapie unterstützen.
 
Flüssigkeitstherapie und assistierte Fütterung (z.B. mit Ösophagussonde) für Reptilien mit Anorexie.
 

Prävention

Der Art entsprechende Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Quarantäne beim Einführen eines neuen Individuums in eine Gruppe, kranke von gesunden Tieren trennen.
 
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