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Durchfallerkrankungen beim Schwein

Wichtige Hinweise

Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes gehören in der Schweizer Schweineproduktion zu den häufigsten und wirtschaftlich verlustreichsten Erkrankungen. Da Durchfallerreger überwiegend peroral aufgenommen werden, sind Hygiene und Management von zentraler Bedeutung!
 
Impfungen gegen spezifische Erreger bei Jung- und Altsauen, aber auch bei Saugferkeln können dazu beitragen, das Auftreten klinischer Erkrankungen zu verringern und die Notwendigkeit antibiotischer Therapien zu reduzieren.

 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Hintergrundinformationen

Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes können bezüglich ihrer Ätiologie auf infektiöse oder nicht infektiöse Ursachen zurückgeführt werden. Eine vollumfängliche Bestandsuntersuchung inklusive weiterführender Untersuchungen ist in der Regel notwendig, um die Kausalität eines Problems zu erkennen. Je nach Ätiologie werden die infektiös bedingten Durchfälle verursacht durch:
 

Hypersekretion (E. coli)
Enteritis (C. perfringens, Brachyspiren spp.)
Malabsorption (Rota-, Coronaviren, L. intracellularis)

 

Ursachen und Risikofaktoren

Da Durchfallerreger überwiegend peroral aufgenommen werden, sind Hygiene- und Managementmassnahmen, wie Futterumstellungen, Zusammenstallen von Tieren unterschiedlicher Alters- oder Produktionsgruppen, Haltungsbedingungen etc., sowie die Immunitätslage von zentraler Bedeutung.
 

Erreger

Enterotoxische E. coli (ETEC): Nach der oralen Aufnahme haften die enterotoxischen E. coli (ETEC) mit ihren Fimbrien F4, F5, F6, F18 (ac und ad) und F41 an den Rezeptoren der Enterozyten im Dünndarm (v.a. Jejunum und Ileum). Nach der Anheftung und Keimvermehrung werden die hitzelabilen (LT) resp. die hitzestabilen (STa und STb) Enterotoxine gebildet, welche eine sekretorische Diarrhoe verursachen.
Enteropathogene E. coli (EPEC): EPEC kolonisieren den Dünndarm durch Bildung von "bundle forming pili" oder Anheftung an die Enterozyten durch das Adhäsin Intimin (attaching and effacing). Dabei kommt es zur Zerstörung der Mikrovilli in den betroffenen Darmabschnitten, was zu einer geringeren Resorptionskapazität und zu einer osmotischen Diarrhoe führt.
Shigatoxin bildende E. coli (STEC/EDEC): STEC haften wie ETEC mit ihren Fimbrien (F18ab) an den Enterozyten und produzieren ein sehr potentes Toxin (Shigatoxin STx2e, früher Neuro- oder Vasotoxin genannt). Dieses Toxin zerstört die feinen Blutkapillargefässe und verursacht Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe mit fatalen Folgen, die als "Ödemkrankheit" bezeichnet wird (Synonym "edema disease E. coli" (EDEC)).
Clostridium perfringens Typ C: Clostridium perfringens Typ C ist ein Gram-positives, anaerobes, aber aerotolerantes, sporenbildendes Stäbchen. Virulenzfaktor ist das plasmid-kodierte β-Toxin (cpb), welches einen zyto- und neurotoxischen Effekt hat und beim Saugferkel aufgrund der im Kolostrum befindlichen Trypsininhibitoren nicht abgebaut wird. Durch die Fähigkeit zur Sporenbildung weisen Clostridien eine sehr hohe Tenazität auf (> 60 Jahre!).
Clostridium perfringens Typ A: ist ein normaler Darmbewohner älterer Schweine. In Saugferkeln verursacht das α-Toxin neben Diarrhoe eine Kapillarschädigung, intravaskuläre Hämolyse und eine Thrombozytenaggregation, in deren Folge es zu einem Kreislaufschock kommen kann. C. perfringens Typ A-Stämme im Feld besitzen unterschiedliche Vermögen, das α-Toxin zu bilden. In vielen Fällen verstärken Minortoxine wie z. B. das zytotoxische β2-Toxin (cpb2) das klinische Geschehen. In erkrankten Ferkeln können oftmals signifikant höhere Mengen an β2-Toxin nachgewiesen werden, als in gesunden.
Brachyspiren: Brachyspira (B.) hyodysenteriae, B. pilosicoli (B. hampsonii, bisher noch nicht in der Schweiz nachgewiesen):
    - B. hyodysenteriae: Gram-negativ, anaerobes, sehr langsam wachsendes Bakterium, mit hoher Tenazität in der Umwelt. Der Erreger ist empfindlich gegen Austrocknung, bleibt, bei hoher Feuchtigkeit und niedrigen Temperaturen jedoch bis zu 2 Monate überlebensfähig. Der Eintrag in einen Bestand erfolgt meist über den Zukauf infizierter Tiere sowie über Schadnager (Erregerausscheidung über 180 Tage) sowie durch Vektoren, wie Vögel, Haustiere, Personal oder Gerätschaften. Es folgt eine langsame Ausbreitung im Bestand und es sind wiederholte Krankheitsausbrüche in der gleichen Gruppe möglich (latent infizierte Schweine als Ansteckungsquelle). Alle Altersklassen können betroffen sein, typischerweise sind es jedoch Tiere zwischen 40 und 80 kg Körpergewicht.
    - B. pilosicoli: siehe B. hyodysenteriae, aber milderer Verlauf ohne blutigen Durchfall
    - B. hampsonii: siehe B. hyodysenteriae Dieser Erreger kann auch eine Typhlocolitis verursachen.
L. intracellularis: Gram-negativ, anaerob, intrazelluläres, ubiquitäres Bakterium mit hoher Tenazität (3 Wochen im Kot/in der Gülle). Am häufigsten sind frühe Infektionen von Ferkeln im Alter von 6 - 12 Wochen mit moderaten Erregermengen im Ileum, welche eine porzine intestinale Adenomatose (PIA), nekrotisierende Enteritis (NE) oder regionale Ileitis (RI) verursachen kann. Diese Erkrankungen repräsentieren die oftmals subakute bis chronische Form der porzinen proliferativen Enteropathie (PPE). Die akute Form der PPE wird als porzine hämorrhagische Enteropathie (PHE) bezeichnet. Sie tritt oft erst im Alter von 3 - 12 Monaten auf, geht mit grossen Erregermengen einher und führt nicht selten zum Tod betroffener Tiere.
Weitere relevante Ursachen von Diarrhoe bei Schweinen sind Infektionen mit Rotaviren (vor allen bei Saug- und Absetzferkeln; osmotische Diarrhoe) und die PCV-2 assoziierte Enteritis (PCV2-ED). Coronaviren haben in der Schweiz eine untergeordnete Bedeutung; differentialdiagnostisch kommen die Enzootische Virusdiarrhoe (EVD) und die Transmissible Gastroenteritis (TGE) als Auslöser von Diarrhoe in Frage.
Isospora suis (Kokzidiose) sind die häufigsten Erreger von Durchfallerkrankungen in der 2./3. Lebenswoche. Die Oozysten können schon in den ersten Lebensstunden von den Ferkeln oral aufgenommen werden. Durch Eindringen der Sporozoiten in das Darmepithel von Jejunum und Ileum kommt es zu Villusatrophie und danach zu einer katarrhalisch-nekrotisierenden, pseudomembranösen Enteritis. Bei Masttieren muss ausserdem an den Peitschenwurm (Trichuris suis) gedacht werden. Bei Absetzferkeln sind Parasiten als Auslöser von Diarrhoe eher selten anzutreffen.
In seltenen Fällen kommen auch Salmonella Typhimurium-Infektionen vor.
 
Diagnose / Tests

Für eine gezielte Therapie und Erstellung eines Impfkonzepts, sind labordiagnostische Untersuchungen unentbehrlich. Da für das Überleben der Tiere häufig sofortige Therapien erforderlich sind, können makroskopische Befunde und Lokalisation von Veränderungen bei Hofsektionen bereits wichtige ätiologische Hinweise liefern. Vor der Etablierung einer Impfung sollte jedoch auf jeden Fall eine ätiologische Diagnose erarbeitet werden, im deren Rahmen der/die Erreger und nach Möglichkeit auch der Infektionszeitpunkt bestimmt werden.
 

Hofsektion

Die Sektion von akut verendeten Tieren ist eine gute Möglichkeit um sich eine schnelle Übersicht über Art und Lokalisation von Veränderungen zu verschaffen (z. B. hypersekretorische oder hämorrhagisch-nekrotisierende Diarrhoe). Gleichzeitig können gezielt Organproben für weiterführende Untersuchungen entnommen und versandt werden. Zudem ist die Nachweishäufigkeit und Konzentration von Erregern aus den veränderten Lokalisationen in der Regel höher als aus einem Rektumtupfer oder einer Kotprobe.
 

Kot oder Kottupfer

Die Einsendung von Kot oder Kottupfern ist nur sinnvoll bei frisch erkrankten und unbehandelten Tieren. Für den Virusnachweis sind einige Gramm Kot notwendig. Für den kulturellen Nachweis sind Kottupfer mit Amies-Medium geeignet. Die Kottupfer müssen gekühlt und innerhalb von wenigen Stunden im Untersuchungslabor eintreffen. Für den Erregernachweis mittels PCR sind Trockentupfer mit Kunststoffschaft zu verwenden (Tupfer in Amies-Medium sind nicht geeignet); es ist darauf zu achten, dass mind. 1 Gramm Kot am Tupfer haftet. Es ist ferner zu beachten, dass der alleinige qualitative Erregernachweis von ubiquitär vorkommenden Erregern (L. intracellularis, Rotaviren...) wenig Sinn macht und nur in Kombination mit dem Nachweis von Läsionen am Darm aussagekräftig wäre. Daher sind quantitative Untersuchungsverfahren zu bevorzugen.
 

Sektion / Einsenden eines lebenden Ferkels

Für die Sektion eignen sich idealer Weise akut erkrankte oder soeben verendete und unbehandelte Tiere. Die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Diagnose erhöht sich mit der Anzahl untersuchter Tiere. Für eine bakteriologische Untersuchung des Magen-Darmtraktes muss das Untersuchungsmaterial möglichst schnell, gekühlt und auslaufsicher verpackt eingesandt werden. Wegen der schnellen Autolyse ist eine histologische Untersuchung nur an frisch euthanasierten Tieren möglich. Deshalb müssen für histologische Untersuchungen bei der Hofsektion Organproben unmittelbar nach Entnahme in Formalin (4 %) fixiert und eingesandt werden, oder lebende Tiere zur Untersuchung an einer geeigneten Einrichtung gelangen. Die histologische Untersuchung hat den Vorteil, dass qualitative Laborbefunde mit den histologischen Veränderungen korreliert werden können, was die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Diagnose entscheidend erhöht.
 
Nachweis von ETEC: Tupfer aus dem Dünndarm mit anschliessender Anzüchtung und Bestimmung der Fimbrienantigene sowie Toxinvirulenzfaktoren mittels PCR.
 
Nachweis L. INTRACELLULARIS: DNA-Nachweis mittels qPCR. Antigen-Nachweis mittels IHC. Die Versilberung an Histologiepräparaten von Dünndarm ist wenig sensitiv und nicht Erreger-spezifisch.
 
Nachweis B. HYODYSENTERIAE / B. PILOSICOLI: Tupfer mit Transportmedien aus dem proximalen Dickdarm und anschliessende Anzüchtung und Differenzierung mittels PCR (Goldstandard) oder Erreger DNA-Nachweis mittels multiplex qPCR.
 
Eine alleinige Untersuchung von Kotproben aus dem Rektum ist dann angezeigt, wenn keine Tiere für die Sektion zur Verfügung stehen. Die Untersuchung von Koloninhalt verbessert die diagnostische Sensitivität. Insbesondere soll sie bei blutigem Durchfall durchgeführt werden, um zumindest B. hyodysenteriae nachzuweisen resp. auszuschliessen. Der Nachweis von L. intracellularis mittels qPCR macht auch dann Sinn, wenn die Tiere geimpft sind; der Impfstamm ist i.d.R. nur etwa drei Tage nach der Impfung im Kot mittels PCR nachweisbar.

 
Therapieleitlinien

Siehe Therapieleitfaden.

 
Impfleitlinien

Siehe bei den spezifischen Indikationen.

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