Die Diagnose Pneumonie basiert auf der klinischen Untersuchung, einer vollständigen hämatologischen Blutuntersuchung und den Befunden im Thoraxröntgen. Nicht bakterielle Ursachen, insbesondere parasitäre Erkrankungen, müssen ausgeschlossen werden. Bei Katzen kann, je nach Haltungs- und Impfanamnese, ein Ausschluss von Retrovirusinfektionen sinnvoll sein. Gelegentlich können Pneumonien bei Katzen mit Infektionen mit FCV oder FHV-1 assoziiert sein.
CT-Untersuchungen des Thorax können in komplizierten Fällen indiziert sein, z.B. zur Identifikation eines möglichen Fremdkörpers, bergen aber ein Narkoserisiko, insbesondere bei instabilen Patienten.
Bei Tieren mit Hinweis auf Pneumonie sollte eine transtracheale, endotracheale oder bronchoalveoläre Lavage für eine zytologische und bakteriologische Untersuchung mit Antibiogramm eingeleitet werden, sofern der Allgemeinzustand eine Probenentnahme zulässt. Die Probenentnahme sollte vor Beginn einer Antibiotikatherapie erfolgen. Bei Anzeichen von Sepsis muss die Antibiotikagabe jedoch schnellstmöglich innerhalb von 1 - 2 Stunden initiiert werden (siehe auch Sepsis). Bei Tieren mit Verdacht auf Sepsis und instabilem Allgemeinzustand können allenfalls, anstelle einer Probe aus den Luftwegen, Blutkulturen mit Antibiogramm eingeleitet werden (siehe Kapitel 1.15 Durchführung von mikrobiologischen Tests). Da bakterielle Pneumonien häufig sekundär zu einer Grunderkrankung auftreten, sollten diagnostische Massnahmen ergriffen werden, um eine solche zu identifizieren und zu behandeln.
Bei Anzeichen von Sepsis muss die Antibiotikatherapie sofort, schnellstmöglich innert 1 - 2 Stunden begonnen und intravenös verabreicht werden (siehe auch Sepsis). Grundsätzlich ist die intravenöse Behandlung einer Pneumonie zu bevorzugen, insbesondere bei mgr. bis hgr. klinischer Symptomatik. Bei milden Fällen kann eine orale Therapie durchgeführt werden. Nach Erhalt des Antibiogramms kann die Therapie angepasst werden, sofern keine klinische Verbesserung eingetreten ist, und falls immer möglich sollte die Antibiotikatherapie im Spektrum eingeengt werde (Deeskalation).
Es gibt keine Daten zur optimalen Dauer der Antibiotikatherapie von bakteriellen Pneumonien bei Hunden und Katzen. Ältere Guidelines empfahlen eine Therapiedauer von 3 - 6 Wochen bzw. 1 - 2 Wochen über die Resolution radiologischer Veränderungen hinaus. Aktuellere Studien weisen darauf hin, dass bei Hunden mit Pneumonie oder Aspirationspneumonie eine Therapiedauer von 1 - 3 Wochen, je nach Schweregrad, keine höhere Rückfallrate nach sich zieht, sofern sich die klinischen Symptome und der CRP-Wert (C-reaktives Protein, Akut-Phase Protein) im Blut normalisiert haben.
Basierend auf diesen Daten ist eine Kontrolle 7 - 10 Tage, spätestens 14 Tage nach Start der Antibiotikatherapie angeraten. In der Kontrolle sollte eine klinische Untersuchung, eine hämatologische Untersuchung inkl. Leukozyten-Differenzierung (Blutchemie nach Bedarf) und, nach Bedarf, ein Kontrollröntgen und/oder Kurzultraschall der Lunge (TFAST) durchgeführt werden. Die Therapie kann abgesetzt werden, wenn sich die klinischen Symptome und das Blutbild (inkl. Leukogramm) normalisiert haben. Falls Röntgen- oder TFAST-Untersuchungen durchgeführt werden, sollte eine klare Verbesserung sichtbar sein, eine vollständige Resolution der Veränderungen ist für das Absetzen der Therapie nicht Voraussetzung.
Bakterielle Pneumonie: milde bis mittelschwere Fälle | |||
Zu beachten | Die Antibiotikatherapie sollte, wenn immer möglich, nach Antibiogramm und bei mgr. bis hgr. klinischer Symptomatik intravenös erfolgen. Bei Aspirationspneumonie sollte die Therapie parenteral verabreicht werden. | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 20 mg/kg 2 - 3 × tgl. initial i.v., später p.o. | 1 - 3 Wochen bzw. bis zur Normalisierung der klinischen Symptome und der labordiagnostischen Veränderungen (insbesondere Leukogramm). Eine vollständige Resolution der radiologischen Veränderungen ist nicht Voraussetzung für das Absetzen der Therapie. | Bei Aspirationspneumonie und bei mgr.- hgr. Symptomatik bevorzugt (parenterale Verabreichung möglich). |
Ampicillin/Sulbactama | 30 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. | ||
Doxycyclin | 10 mg/kg 1 × tgl. p.o. | Bei Verdacht auf Pneumonie infolge Zwingerhusten aufgrund der Wirkung gegen B. bronchiseptica und Mycoplasma spp. |
a | Wird teils zur intravenösen Anwendung anstelle von Amoxicillin-Clavulansäure bei Hunden verwendet (s. Kapitel 1.12.1, Unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach intravenöser Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure). Die beiden Präparate unterscheiden sich primär bzgl. Pharmakokinetik, das Wirkspektrum ist für Amoxicillin und Ampicillin beinahe identisch. Für Clavulansäure und Sulbactam können aber Unterschiede im Wirkspektrum bei verschiedenen Betalaktamasen auftreten. |
Bakterielle Pneumonie: schwere Fälle mit hohem Sepsisrisiko | |||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure
oder Ampicillin/Sulbactama oder Clindamycin In Kombination mit einem Fluorchinolon Marbofloxacin |
12,5 - 20 mg/kg
3 - 4 × tgl. i.v. 30 mg/kg 3 × tgl. i.v. 10 - 15 mg/kg 2 - 3 × tgl. i.v. 2 (-4) mg/kg 1 × tgl. i.v. |
1 - 3 Wochen bzw. bis zur Normalisierung der klinischen Symptome und der labordiagnostischen Veränderungen (insbesondere Leukogramm). Eine vollständige Resolution der radiologischen Veränderungen ist nicht Voraussetzung für das Absetzen der Therapie. |
a | Wird teils zur intravenösen Anwendung anstelle von Amoxicillin-Clavulansäure bei Hunden verwendet (s. Kapitel 1.12.1, Unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach intravenöser Anwendung von Amoxicillin + Clavulansäure). Die beiden Präparate unterscheiden sich primär bzgl. Pharmakokinetik, das Wirkspektrum ist für Amoxicillin und Ampicillin beinahe identisch. Für Clavulansäure und Sulbactam können aber Unterschiede im Wirkspektrum bei verschiedenen Betalaktamasen auftreten. |
Nicht untersucht
Bei Katzen Impfung gegen FCV/FHV-1 (siehe Katzenschnupfen).
Verabreichung von Sauerstoff. Infusions-, Schmerz- und Inhalationstherapie nach Bedarf. Insbesondere die Aufrechterhaltung einer adäquaten Hydrierung ist für Patienten mit Pneumonie essenziell, um die Clearance der respiratorischen Sekrete zu erleichtern. Bei Aspirationspneumonie müssen Vorkehrungen getroffen werden, um eine erneute Aspiration zu verhindern (Grunderkrankung identifizieren und behandeln, allenfalls Fütterungsmanagement anpassen).