Die canine Otitis externa führt bei Chronizität oft zu einer absteigenden Otitis media. So ist die Otitis media beim Hund regelmässig mit einer Otitis externa vergesellschaftet, jedoch kann sie auch in Verbindung mit Trauma oder Fremdköper auftreten. Bei brachycephalen Rassen liegt eine Otitis media oft unabhängig von einer Otitis externa vor und entsteht aufgrund einer beeinträchtigten Funktion der Eustaichsche Röhre.
Bei Otitis media sollte immer eine Kultur mit Antibiogramm eingeleitet werden. Die Therapie basiert auf der Reinigung und einer topischen Behandlung mit/ohne systemische Antibiose. Falls möglich sollte mittels CT/MRI eine Abklärung des Schweregrades vorgenommen werden.
Hund:
● | Als Folge einer chronischen Otitis externa |
● | Zusätzlich zu den klinischen Symptomen der Otitis externa |
● | Schmerzen beim Kauen von harten Gegenständen |
● | Schmerzen beim Bellen |
● | Schmerz auslösbar bei Palpation der Bulla |
● | Neurologische Ausfälle |
● | Parasympathetische Nase |
● | Hornersyndrom (selten beim Hund) |
● | Facialisparese (selten beim Hund) |
Die klinische Diagnose ist ohne weitere diagnostische Tests schwierig und weitere Diagnostik teuer. Trotzdem kann die Diagnose nur nach Einsatz von zusätzlichen diagnostischen Methoden wie Video-Otoskopie, CT/MRT, bakterieller Kultur und Antibiogramm sichergestellt werden. CT/MRI dienen auch der Einschätzung des Schweregrades. Eine Myringotomie braucht Erfahrung und ist nicht ohne Risiko für das Tier.
Eine bakterielle Kultur und ein Antibiogramm sollten bei Patienten mit Otitis media immer angefertigt werden:
● | Die beste Methode ist Kultur von Material aus dem Mittelohr (bei Bedarf Myringotomie) |
● | Mikroflora des äusseren Gehörganges ist häufig nicht repräsentativ |
● | Evtl. Überweisung an spezialisierten Dermatologen (dipl. ECVD/ACVD) |
Eine definitive Diagnose sollte durch CT/MRT Befunde unterstützt und die Resultate sollten zusammen mit den klinischen Symptomen beurteilt werden.
Die Therapie basiert auf einer Reinigung, einer topischen Behandlung und, bei Mitbeteiligung des Innenohrs, einer systemischen Antibiotikatherapie basierend auf einem Antibiogramm.
● | In der Bulla angesammeltes, entzündliches Material muss mechanisch entfernt werden, damit die Otitis media erfolgreich behandelt werden kann. Eine Mittelohrspülung ist der wichtigste Schritt zum langfristigen Erfolg. |
● | In vielen Fällen kann eine Otitis media mit lokaler antibakterieller Therapie besser behandelt werden als mit systemischer Antibiose, da so vor Ort viel höhere Antibiotikakonzentrationen erzielt werden können. Die lokale Therapie basiert auf wässrigen Lösungen und muss nach Magistralrezeptur angefertigt werden. Topischen Otologika auf Ölbasis (alle registrierten Topika sind ölige Suspensionen) sind potenziell ototoxisch und dürfen deshalb nicht eingesetzt werden. |
● | Eine systemische Antibiotikatherapie ist immer erforderlich bei klinischen und/oder radiologischen Hinweisen auf Beteiligung des Innenohrs (Otitis interna). |
● | Eine regelmässige Ohrreinigung ist von grösster Wichtigkeit. Damit werden Debris, Eiter, Biofilme, Medikamentenreste und Erreger aus dem Ohrkanal mechanisch entfernt und die Antibiotika vor Deaktivierung geschützt. Als Ohrreiniger eignen sich bei bakterieller Otitis am ehesten Tris-EDTA/Chlorhexidin Ohrreiniger. |
● | Bei Biofilm-produzierenden Bakterien kann N-Acetylcystein lokal (als Lösung in Kombination mit Tris-EDTA) und/oder systemisch verwendet werden |
● | Für eine erfolgreiche Behandlung spielt auch die Compliance der Besitzer:innen und die Machbarkeit der Behandlung eine wichtige Rolle. |
Otitis media | |||
Zu beachten | Keine empirische Behandlung, stets Kultur und Antibiogramm. Keine topischen Otologika auf Ölbasis (alle registrierten Topika sind ölige Suspensionen und damit potenziell ototoxisch). Eine systemische Antibiotikatherapie ist immer indiziert bei klinischen und/oder radiologischen Hinweisen auf Beteiligung des Innenohrs (Otitis interna). | ||
Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
Topische Behandlung | |||
Silbersulfadiazine (+Dexamethason) als Magistralrezeptur | Silbersulfadiazine in NaCl | 2 × tgl. 1ml pro Ohr bis zytologisch steril | Auch wirksam gegen Malassezien |
Fluorchinolone (Magistralrezeptur) | Enrofloxacin oder Marbofloxacin in Tris-EDTA | 2 × tgl. 1ml pro Ohr bis zytologisch steril | Tris-EDTA ist ein Chelatbildner und führt zu einer Destabilisierung gram- Zellwände. Dadurch entsteht ein synergistischer Effekt mit Antibiotika und Chlorhexidin. |
Systemische Behandlung | |||
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 25 mg/kg 2 × tgl. p.o. | Initiale Behandlung, spätere Anpassung gemäss Resultat des Antibiogramms | |
Second line | |||
Enrofloxacin |
2 mg/kg 1 × tgl. p.o. |
Bei akuten (neurologischen) Symptomen während mind. 4 Wochen. Die Behandlungsdauer ist abhängig von der Klinik, der Therapieerfolg sollte durch regelmässige Kontrollen überprüft werden. | Sind kritisch wichtige Antibiotika und sollten deshalb nur nach Kultur und Antibiogramm eingesetzt werden. |
Hund: Da Otitis media häufig eine Folge einer Otitis externa ist, gelten die gleichen Grundsätze wie bei Otitis externa: Prädisponierende, primäre und sekundäre wie auch perpetuierende Faktoren sollen eruiert und behoben werden.
Eine regelmässige Ohrpflege mit desinfizierende Ohrreinigern (z.B. Tris-EDTA/Chlorhexidin oder Tris-EDTA/ N-Acetylcystein) und/oder die Applikation von Peptivet Otogel alle 2 - 3 Tage dienen der Prophylaxe einer erneuten bakteriellen Infektion.
Kortikosteroide (topische und systemisch) sind in der Behandlung von chronischen Otitiden unverzichtbar. Sie reduzieren Schwellung und Exsudation im Ohrkanal, vermindern Stenose, Ödem und Drüsenhyperplasie und sind zudem analgetisch.