Die Otitis interna tritt fast ausschliesslich als Otitis media et interna auf - praktisch nie isoliert. Daher ist das vorher Beschriebene (Otitis media) unbedingt zu berücksichtigen. Sie ist die häufigste Ursache für eine Erkrankung des peripheren Vestibulärsystems beim Hund und für ca. 50% der Fälle verantwortlich. Bei der Katze liegt die Inzidenz niedriger. Die Ätiologie ist multifaktoriell. Die Otitis media et interna kann sich aus einer Otitis externa durch Überwinden des Trommelfells entwickeln, den Weg vom Nasopharynx über die Eustachische Röhre oder gar hämatogen gehen. Als sekundäre Komplikation entsteht sie infolge Überempfindlichkeitsreaktionen (Atopie, Kontakt- oder Futtermittelallergie), Otodectes oder Demodex Infektionen, Fremdkörper oder Tumoren.
Als häufigste Infektionserreger werden isoliert:
● | Staphylococcus spp., beim Hund meist Staphylococcus pseudintermedius |
● | Pseudomonas spp., meist Pseudomonas aeruginosa |
● | Escherichia coli |
● | Streptococcus spp. meist Streptococcus canis |
● | Enterococcus spp. |
● | Corynebacterium spp. |
● | Proteus spp. |
● | Pasteurella spp. |
● | Malassezia spp, meist Malassezia pachydermatis |
Eine Otitis interna führt meist zu peripher vestibulärer Symptomatik wie Kopfschiefhaltung zur Seite der Läsion, pathologischem Nystagmus mit langsamer Komponente zur Seite der Läsion und ventralem positionellem Strabismus dort. Dazu kommen eine vestibuläre Ataxie und Drall zur Seite der Läsion. Die Kopfnerven sind i.d.R. normal, die Propriozeption ebenso. Ein Horner-Syndrom begleitet die Symptome häufig, und Schmerzen sind die Folge von Entzündung und Druck im Mittelohr. Eine ipsilaterale Facialisparese ist möglich.
● | Die Diagnose sollte vor der Behandlung mittels Bildgebung gesichert sein. |
● | Bei Vorliegen einer begleitenden Otitis media sollte eine Myringotomie und eine zytologische sowie mikrobiologische Untersuchung mit Antibiogramm erfolgen. |
● | Eine Diagnose kann nach Einsatz von zusätzlichen diagnostischen Methoden wie Video-Otoskopie, CT/MRT, Myringotomie für Zytologie & bakterielle Kultur mit Antibiogramm sichergestellt werden. Die Resultate sollten zusammen mit den klinischen Symptomen beurteilt werden. |
● | Schon eine Beurteilung des Trommelfells ist in vielen Fällen nicht ohne Anästhesie durchführbar. |
● | Gerade im Falle einer Bulla-Osteotomie sollte Material für eine mikrobiologische Untersuchung mit Antibiogramm und für eine histologische Untersuchung gewonnen werden. |
● | Die Therapie besteht einerseits aus antibiotischer Therapie auf Basis von Kultur und Antibiogramm. |
● | Um den entzündlichen Prozess zu sanieren, bedarf es konsequenterweise einer zusätzlichen ventralen Bulla-Osteotomie. Diese ist spätestens bei nicht-Ansprechen auf eine konservative Therapie anzuraten! |
Otitis interna Bestätigte Diagnose (CT, MRT, Myringotomie) sowie vestibulären Symptomen |
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Priorisierung/Antibiotika | Dosierung | Behandlungsdauer | Bemerkungen |
First line | |||
Amoxicillin/Clavulansäure | 12,5 - 25 mg/kg 2 - 3 × tgl. p.o. | Die Therapiedauer ist abhängig von der Klinik, i.d.R. beträgt sie 3 - 6 Wochen (mind. 4 Wochen) mit regelmässigen Kontrollen. Eine Verbesserung der Ataxie und des Nystagmus sollte innerhalb von 7 - 10 Tagen eintreten, Kopfschiefhaltung (ggf. in geringerer Ausprägung) kann trotz erfolgreicher Behandlung dauerhaft bestehen bleiben. | initiale Behandlung, spätere Anpassung gemäss Resultat des Antibiogramms |
Second line | |||
Enrofloxacin |
2 mg/kg 1 × tgl. p.o. |
s. oben | Sind kritisch wichtige Antibiotika, Therapie immer gemäss Antibiogramm. |
No go Aminoglykosid-Antibiotika wie Gentamicin, Kanamycin, Neomycin, Streptomycin |
CAVE: mögliche Ototoxizität! |
Für die Behandlung einer begleitenden Otitis externa und/oder media siehe Otitis externa und media. Zur Rekonvaleszenz bei vestibulären Symptomen sind Steh- und Gangschulung sowie spezifische physiotherapeutische Massnahmen (Schaukelbrett etc.) von Bedeutung.