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Pododermatitis

Wichtige Hinweise

Hintergrundinformationen

Pododermatitis kommt häufig bei Greifvögeln und Hühnern vor, aber auch bei Ziervögeln (z.B. Papageienvögel). Ein gebräuchliches Synonym ist «Bumblefoot».
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Ursachen, Risikofaktoren, Schlüsselstellen

Häufige Ursachen sind: harte, abrasive Böden oder Sitzstangen, nasse/feuchte oder unhygienische Oberflächen (z.B. kotverschmutzte Böden), abnorme Gewichtsbelastung (angeborene oder erworbene Bein-Missbildung, Trauma, Lahmheit, Parese, Obesitas, zu kleine oder zu grosse Sitzstangen) und bewegungseinschränkende Zustände (Obesitas, orthopädische Erkrankungen, Schmerzen). Mangelernährung kann zu verschiedenen Hautkrankheiten prädisponieren (z.B. können Psittaziden mit einseitiger Samendiäten eine Hypovitaminose-A mit Hyperkeratose, Verlust der Hautelastizität und dadurch weitere Hautveränderungen entwickeln). Traumatische Verletzungen (z.B. Bissverletzungen, chemische oder thermische Verbrennungen) und andere Erkrankungen (Knemidokoptes bei Wellensittichen oder Erfrierungen) können für Pododermatitis prädisponieren.
 
Ischämie und Nekrose des komprimierten Gewebes können zu Ulzerationen führen. Durch die Schmerzen bewegt sich das Tier weniger und die Läsionen werden schlimmer.
 
Komplikationen: Zellulitis, Osteomyelitis, Synovitis, Tendinitis, septische Arthritis, Abszess, Endokarditis, Amyloidose.
 

Erreger

Escherichia coli, Staphylococcus spp.
 

Symptome

Erytheme, trockene Krusten, schwielenartige Schwellung, Hyperkeratose bei chronischer Entzündung, oberflächliche bis tiefe Ulzerationen.
 
Die Symptome können in einem Pododermatitis-Score (ursprünglich für Greifvögel entwickelt) zusammengefasst werden:
 
Grad I: Rötung (Hyperämie) und Glättung der verhornten Haut auf der Plantarseite des Fusses.
 
Grad II: Hyperkeratose, anfängliche Hautnekrose und sichtbare Entfärbung, sowie Entwicklung von Krusten und milde Schwellung um die Läsion herum. Lokale Infektion.
 
Grad III: Hyperkeratotische bis nekrotische Kerne, Entzündung der subkutanen Gewebe, Abszess mit deutlicher Schwellung.
 
Grad IV: Beteiligung der Sehnenscheiden und Sehnen, aufsteigende Infektion in Intertarsalgelenke.
 
Grad V: Beteiligung der Knochen in Form von Osteomyelitis oder septischer Arthritis.
 
Diagnose / Tests Klinische Untersuchung: Vollständige klinische Untersuchung sowie neurologische Untersuchung der Extremitäten.
 
Als weitere diagnostische Hilfsmittel können zugezogen werden: Bildgebung (Röntgen, CT, MRT), Hämatologie, Blutchemie.
 
Identifikation der Erreger: Biopsie (Gewebe, Knochen) für Kultur und Antibiogramm. Eine Kultur aus einem oberflächlichen Tupfer ist selten diagnostisch.
 
Therapieleitlinien

Grundsätzliches

Läsionen von Grad I können unter Kontrolle gebracht werden durch Beseitigung der Ursachen (Haltung, Gewicht, Grunderkrankung).
 
Ab Grad II: Beseitigung der Ursachen, lokale Therapie (Antiseptika, Flüssigkeitsspülung, evtl. Antibiotika), analgetische, entzündungshemmende Therapie, systemische Antibiose.
 
In fortgeschrittenen Fällen ist eine chirurgische Therapie (Débridement, Spülung) erforderlich. Es ist Vorsicht geboten, da starke Blutungen auftreten können.
 
Als Ultima Ratio bei sehr komplizierten oder therapieresistenten Fällen kann eine Amputation beziehungsweise eine Euthanasie in Betracht gezogen werden.
 
Die Anwendung topischer Medikamente kann mit oder ohne Verband erfolgen. Bei Vögeln sind Präparate, die Kortikosteroide enthalten (Immunsuppression, verzögerte Wundheilung) und Produkte auf Ölbasis (Schädigung der Federqualität und Beeinträchtigung der Thermoregulation) zu vermeiden.
 

Antibiotika

Eine systemische Antibiotikatherapie ist bei tiefen oder persistierenden Infektionen, welche ab Grad II auftreten, indiziert und sollte auf der Basis des Antibiogramms erfolgen.
 
Als «first line» Antibiotikum ist Clindamycin angezeigt. Es handelt sich um ein Lincosamid, das eine bakteriostatische Wirkung hat, aber in höheren Konzentrationen bakterizid wirkt. Es ist wirksam gegen Anaerobier und einige Protozoen, aber nicht gegen gramnegative Bakterien. Resistenzen wurden in einigen Stämmen von Staphylokokken sowie in Bacteroides spp. und Fusobacterium spp. nachgewiesen.
 
Als «second line» Antibiotika sind Amoxicillin-(Clavulansäure) oder Trimethoprim-Sulfonamid angezeigt.
 
Amoxicillin(-Clavulansäure) ist eine Kombination mit einem breiten Wirkspektrum und bakterizider Wirkung. Es wurden mehrere Resistenzen nachgewiesen. Bei gastrointestinalen Erkrankungen kann die Wirkung von peroral verabreichtem Amoxicillin-Clavulansäure beeinträchtigt sein.
 
Trimethoprim-Sulfonamid wirkt bakterizid, besitzt ein breites Wirkspektrum und verursacht selten Nebenwirkungen. Aufgrund des Risikos einer Kristallbildung in den Nierentubuli durch Trimethoprimderivate in saurem Urin, ist Trimethoprim-Sulfonamid bei vorbestehender Niereninsuffizienz kontraindiziert. Resistenzen wurden bei Pseudomonas spp. und weiteren Erregern nachgewiesen. Tiere mit Leberinsuffizienz oder Knochenmarksuppression sollten nicht mit Trimethoprim-Sulfonamid behandelt werden. Gastrointestinale Stase und Regurgitation können auftreten.
 
Bei Koinfektionen mit Anaerobiern kann es mit Metronidazol kombiniert werden.
 
Ceftiofur ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit einem breiten Wirkspektrum und bakterizider Wirkung. Es wirkt gegen Streptokokken sowie Enterobacteriaceae. Es wirkt nicht gegen P. aeruginosa und selten gegen Staphylokokken. Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Langwirkende Präparate (Ceftiofur Crystalline-Free Acid, CCFA) sind ebenfalls wirksam.
 
Ceftazidim ist ein Cephalosporin der 3. Generation mit einem breiten Wirkspektrum und bakterizider Wirkung (einschliesslich Pseudomonas spp.). Es handelt sich um ein kritisches Antibiotikum, deswegen sollte es nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden.
 
Fluorchinolone (Enrofloxacin und Marbofloxacin) sollten nicht ohne vorheriges Antibiogramm eingesetzt werden. Fluorchinolone wirken gegen die meisten gramnegativen Keime, viele grampositive Bakterien sowie gegen Mycoplasmen und können peroral oder parenteral (s.c., i.m., i.v.) verabreicht werden. Bei Graupapageien können Polyurie und Polydipsie während der Behandlung mit Enrofloxacin auftreten, sind aber nach Absetzen der Therapie reversibel. Sie gehören zu den kritischen Antibiotika und bei verschiedenen Bakterien (z.B. Pseudomonas aeruginosa) wurden variable Resistenzraten nachgewiesen.
 
Pododermatitis, tiefe oder persistierende Infektionen, ab Grad II
PriorisierungAntibiotikaDosierungDauerBemerkungen
First lineClindamycin50 - 100 mg/kg 1 - 4 × täglich p.o. (für 3 - 10 Tage)Bis AbheilungNicht gleichzeitig mit Erythromycin verabreichen
Second lineAmoxicillin150 - 175 mg/kg 2 - 6 × täglich p.o.
oder
150 mg/kg 1 - 3 × täglich i.m.
Bis Abheilung 
 Amoxicillin-Clavulansäure60 - 120 mg/kg 2 - 3 × täglich i.m.
oder
125 mg/kg 2 - 4 × täglich p.o.
oder
35 mg/kg 1 × täglich i.v.
  
 Trimethoprim-Sulfonamid15 - 30 mg/kg 2 × täglich p.o.
oder
20 mg/kg 1 - 2 × täglich s.c./i.m.
 Trimethoprim-Sulfonamid nicht bei Nieren- und Leberinsuffizienz
Stark
eingeschränkter
Einsatz, nur
nach Erregernachweis
und
Antibiogramm
Enrofloxacin5 - 30 mg/kg 1 - 2 × täglich i.m./p.o.Bis AbheilungKritische Antibiotika

Mit Enrofloxacin reversible PU/PD beim Graupapagei
 Marbofloxacin2.5 - 5 mg/kg 1 × täglich p.o.
(Ara)
  
 Ceftiofur10 - 100 mg/kg 2 - 6 × täglich i.m.  
 Ceftiofur
(langwirkend)
10 - 20 mg/kg jeden 1.5. - 4. Tag i.m.  
 Ceftazidim50 - 100 mg/kg 3 - 6 × täglich i.m./i.v.  
 

Resistenzlage

Bei Staphylococcus spp. (v.a. S. aureus) wurden Resistenzen gegen mehrere Antibiotika nachgewiesen.
 
MRSA (Methicillin resistant Staphylococcus aureus) Staphylokokken sind resistent gegen Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme und oft gegen viele andere Antibiotika (einschliesslich Chloramphenicol, Fluorchinolone) und kommen bei verschiedenen Tierarten und beim Menschen vor. Eine Mensch-Tier (und umgekehrte) Übertragung von solchen Bakterien wurde nachgewiesen.
 
Die Durchführung eines Antibiogrammes ist besonders empfehlenswert bei Versagen der initialen antibiotischen Therapie und vor dem Einsatz von kritischen Antibiotika (z.B. Enrofloxacin, Marbofloxacin), insbesondere wenn die antibiotische Therapie über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden soll.
 

Unterstützende Massnahmen

Weicher Boden/Sitzstangen (z.B. harte Sitzstangen mit weicherem Material wie Vetrap oder Baumwolle polstern), Gewichtsmanagement, Förderung von Bewegung (besonders in leichtgradigen Fällen).
 
Speziesspezifische Bedürfnisse beachten und Haltung entsprechend anpassen (z.B. Psittaziden, die eine nicht artgerechte Diät bekommen, frisches Gemüse, das reich an Beta-Carotin ist, kann die Vitamin-A-Versorgung unterstützen).
 
Assistierte Fütterung und Flüssigkeitstherapie für Tiere mit Hyporexie oder Anorexie.
 
Topische Wirkstoffe (z.B. Zinksalbe) können zur Unterstützung der Wundheilung und Epithelisierung eingesetzt werden.
 
Verschiedene Wundverbände und -auflagen können die Wundheilung unterstützen.
 

Prävention

Der Art entsprechende Fütterung, stressfreie Umgebung und Hygiene gehören zur artgerechten Haltung.
 
Artgerechter Untergrund, Förderung von Bewegung, Gewichtsmanagement, regelmässige Kontrollen zur Erkennung und Behandlung von Frühstadien der Krankheit.
 
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