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Rauschgift beim Drogenhund - Information für Hundehalter

I. Allgemeine Toxikologie

1. Chemisch-physikalische Eigenschaften

Die häufigsten Rauschgifte, mit denen ein Drogenhund bzw. Drogen-Suchhund in Kontakt kommt, sind Cannabis, Opiate (Heroin), Amphetamine und Kokain.
 
-Die aktiven Substanzen von Cannabis (Cannabis sativas) sind insbesondere die Cannabinoide Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). THC ist sehr lipophil, flüssig und wenig löslich in Wasser. Es kann mit unpolaren und schwachpolaren Lösungsmitteln wie n-Alkane, Aceton, Isopropylalkohol oder Ethanol aus THC-haltigem Pflanzenmaterial extrahiert werden. Cannabidiol ist fest und praktisch unlöslich in Wasser (weitere Informationen siehe unter Cannabis sativa).
  
-Opiate sind Alkaloide von chemisch unterschiedlicher Struktur mit der Gemeinsamkeit, dass die pKa-Werte aller Verbindungen bei 8-10 liegen. Ferner besitzen alle Opiate einen Benzolrest, der oftmals in ein komplexes Ringsystem eingebettet ist. Die wichtigsten Stoffe sind Morphin, Codein und Thebain, vom Phenantren-Typ, sowie Noscapin und Papaverin, vom Benzylisochinolon-Typ. Morphin liegt als weisses, feinkristallines Pulver vor (weitere Informationen siehe unter Opiate).
  
-Amphetamine sind lipophile und basische Moleküle mit einem Benzolring als Grundgerüst. Die meisten Substanzen liegen in Form weisser oder auch durchsichtiger Kristalle vor. Phenylisopropylamin ist ein Synonym für Amphetamin (weitere Informationen siehe unter Amphetamine).
  
-Kokain kommt in der Pflanze Erythroxylum coca vor, einem aus Südamerika (Bolivien und Peru) stammenden und auch heute dort vorrangig verbreiteten Busch. Umgangssprachlich wird dieser Busch als Kokapflanze bezeichnet. Die Blätter der Pflanze enthalten 2% des Alkaloids Kokain, das einen bitteren Geschmack besitzt und ein betäubendes Gefühl ("numbing sensation") auf Lippen und Zunge hinterlässt. Kokain ist sowohl in Wasser wie auch in Ölen oder Fett gut löslich (weitere Informationen siehe unter Kokain).
 

2. Quellen, Kinetik, Toxisches Prinzip

Siehe unter Cannabis sativa, Opiate, Amphetamine und Kokain.
 

3. Toxizität bei Labortieren

Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):

 MausRatte
Codein250427
Morphin524335
Kokain99 
Amphetamin2230
 

II. Spezielle Toxikologie - Kleintier

1. Toxizität

1.1Letale und Toxische Dosis
 
CannabisLD Hund (p.o.): > 3 g/kg Körpergewicht THC.
TD Hund: > 84 mg/kg Körpergewicht Marihuana (getrocknete Blätter), was ungefähr 8.4 mg/kg THC entspricht.
  
OpiateOrale Toxizitätsdaten fehlen weitgehend.
Die minimal letale Dosis von Morphin ist 210 mg/kg s.c. beim Hund und 40 mg/kg s.c. bei der Katze.
Die minimal letale Dosis von Heroin ist 25 mg/kg s.c. beim Hund und 20 mg/kg p.o. bei der Katze.
Die minimal letale Dosis von Methadon ist 26 mg/kg i.v. beim Hund.
Die LD50 von Morphin beträgt 133 mg/kg i.v. beim Hund.
Die LD50 von Codein beträgt 69 mg/kg i.v. beim Hund.
  
AmphetamineDie akuten oralen LD50-Werte von Amphetamin betragen beim Hund 20-27 mg/kg Körpergewicht.
Die LD50 von Methamphetamin liegt bei 9-11 mg/kg.
Für Fenfluramin ist die LD50 100 mg/kg p.o. beim Hund und 60 mg/kg p.o. bei der Katze.
  
KokainOrale Toxizitätsdaten für Kleintiere fehlen.
Bei intravenöser Verabreichung ist die LD50 von Kokain beim Hund 13 mg/kg Körpergewicht.
 

2. Latenz

Die ersten Symptome können bereits nach 5 Minuten auftreten.
 

3. Symptome, Differentialdiagnosen

Siehe unter Cannabis sativa, Opiate, Amphetamine und Kokain.
 

4. Therapie

4.1Sofortmassnahmen nach Aufnahme von Rauschgift durch Betäubungsmittelhunde
 
Cannabis1)Erbrechen auslösen (nur am wachen Hund ohne Atemstörung) mit Apomorphinum chloratum (Augentropfen à 10 mg/ml): 1mal 1 Tropfen in jedes Auge,
  oder in die Schulterblattmuskulatur (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.12-0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.04-0.08 mg/kg Körpergewicht),
  oder unter die Haut (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.08 mg/kg Körpergewicht) spritzen.
  Das Erbrechen erfolgt nach 2-10 Minuten, Versagerquote 10%.
 2)Nach dem Erbrechen: Augen mit 0.9% NaCl-Lösung spülen (5 ml pro Auge). Nach der Apomorphininjektion ist eventuell ein Anitemetikum notwendig.
 3)Mindestens 1 g/kg Körpergewicht Kohle-Suspension, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml), verabreichen (= mindestens 2-3 Flaschen à 15 g Aktivkohle für einen Hund von 20-30 kg Körpergewicht): Zunge und Lefzenbereich einreiben und, falls der Hund noch gut schlucken kann, eingeben. Kann im Abstand von 6-8 Stunden wiederholt werden.
  
Opiate (Heroin)1)2-3 Ampullen Naloxon OrPha® (1 Ampulle enthält 1 ml à 0.4 mg/ml Naloxonhydrochlorid: 2-3 Ampullen = 2-3 ml für eine Hund von 20-30 kg Körpergewicht) unter die Haut spritzen; im absoluten Notfall in die Schulterblattmuskulatur spritzen; alternativ kann ein Naloxon-Nasenspray (z.B. Nyxoid® 1.8 mg, 1 ganzer Spray/Hund) verwendet werden: es können alle 10 Minuten 2 ganze Sprays (bzw. 4 mg/Tier) intranasal verabreicht werden, bis eine Wirkung eintritt (Essler et al., 2019; Hovda, et al., 2023; Wahler et al., 2019).
  Naloxon hebt die Atemlähmung der Opiate auf.
 2)Mindestens 1 g/kg Körpergewicht Kohle-Suspension, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml), verabreichen (= mindestens 2-3 Flaschen à 15 g Aktivkohle für einen Hund von 20-30 kg Körpergewicht): Zunge und Lefzenbereich einreiben und, falls der Hund noch gut schlucken kann, eingeben. Kann im Abstand von 6-8 Stunden wiederholt werden.
  
  Apomorphin ist bei einer Opiatvergiftung unwirksam.
  
Kokain 1)Erbrechen auslösen (nur am wachen Hund ohne Atemstörung) mit Apomorphinum chloratum (Augentropfen à 10 mg/ml): 1mal 1 Tropfen in jedes Auge,
  oder in die Schulterblattmuskulatur (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.12-0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.04-0.08 mg/kg Körpergewicht),
  oder unter die Haut (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.08 mg/kg Körpergewicht) spritzen.
  Das Erbrechen erfolgt nach 2-10 Minuten, Versagerquote 10%.
 2)Nach dem Erbrechen: Augen mit 0.9% NaCl-Lösung spülen (5 ml pro Auge). Nach der Apomorphininjektion ist eventuell ein Anitemetikum notwendig.
 3)Mindestens 1 g/kg Körpergewicht Kohle-Suspension, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml), verabreichen (= mindestens 2-3 Flaschen à 15 g Aktivkohle für einen Hund von 20-30 kg Körpergewicht): Zunge und Lefzenbereich einreiben und, falls der Hund noch gut schlucken kann, eingeben. Kann im Abstand von 6-8 Stunden wiederholt werden.
  
Amphetamine1)Erbrechen auslösen (nur am wachen Hund ohne Atemstörung) mit Apomorphinum chloratum (Augentropfen à 10 mg/ml): 1mal 1 Tropfen in jedes Auge,
  oder in die Schulterblattmuskulatur (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.12-0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.04-0.08 mg/kg Körpergewicht),
  oder unter die Haut (Produkt à 10 mg/ml = 1%): 0.24 ml/30 kg Körpergewicht (≡ 0.08 mg/kg Körpergewicht) spritzen.
  Das Erbrechen erfolgt nach 2-10 Minuten, Versagerquote 10%.
 2)Nach dem Erbrechen: Augen mit 0.9% NaCl-Lösung spülen (5 ml pro Auge). Nach der Apomorphininjektion ist eventuell ein Anitemetikum notwendig.
 3)Mindestens 1 g/kg Körpergewicht Kohle-Suspension, z.B. Carbodote, Trinklösung (24 g Carbo activatus/100 ml) oder Carbovit® (15 g Carbo activatus/100 ml), verabreichen (= mindestens 2-3 Flaschen à 15 g Aktivkohle für einen Hund von 20-30 kg Körpergewicht): Zunge und Lefzenbereich einreiben und, falls der Hund noch gut schlucken kann, eingeben. Kann im Abstand von 6-8 Stunden wiederholt werden.
 
-Apomorphin muss nach dem Erbrechen immer aus den Augen ausgespült werden.
-Falls Atembeschwerden nach Apomorphingabe auftreten: Naloxon OrPha® (1 ml à 0.4 mg/ml Naloxonhydrochlorid): 2-3 Ampullen = 2-3 ml für eine Hund von 20-30 kg Körpergewicht, unter die Haut spritzen.
-Apomorphin kann nach dem Öffnen noch 2-4 Wochen kühl und dunkel aufbewahrt werden. Bei Farbveränderung oder Ausflockung nicht mehr verwenden.
 
4.2 Weitere Notfallmassnahmen
 
Siehe unter Cannabis sativa, Opiate, Amphetamine und Kokain.
 

5. Literatur

Essler JL, Smith PG, Berger D, Gregorio E, Pennington MR, McGuire A, Furton KG & Otto CM (2019) A randomized cross-over trial comparing the effect of intramuscular versus intranasal naloxone reversal of intravenous fentanyl on odor detection in working dogs. Animals (Basel) 9, 385-395
 
Hovda LR, Brutlag AG, Poppenga RH & Epstein SE (2024) Blackwell's five-minute veterinary consult clinical companion: small animal toxicology, 3rd edition. Wiley Blackwell, pp. 193-200
 
Wahler BM, Lerche P, Ricco Pereira CH, Bednarski RM, KuKanich B, Lakritz J & Aarnes TK (2019) Pharmacokinetics and pharmacodynamics of intranasal and intravenous naloxone hydrochloride administration in healthy dogs. Am J Vet Res. 80(7), 696-701
 
Zu den einzelnen Drogen siehe unter Cannabis sativa, Opiate, Amphetamine und Kokain.
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