2. Quellen
Schimmelpilze der Gattung
Aspergillus befallen Nahrungs- und Futtermittel hauptsächlich nach der Ernte, das heisst während Transport und Lagerung. Aflatoxine sind vor allem in Erdnüssen, Ackerbohnen, Baumwollsamen, Fischmehl, Hafer, Mais, Reis, Sojabohnen und Weizen zu finden. Auf diesen Futtermitteln bilden
Aspergillusarten gelbe, blaugrüne oder schwarze Schimmelrasen. Die Belastung von Futtermitteln mit Aflatoxinen beschränkt sich in unseren Breitengraden auf Importware (zum Beispiel Erdnussextraktionsschrot), weil die Toxinproduktion hohe Temperaturen (> 30° C) benötigt.
3. Kinetik
Durch das Cytochrom-P
450-System werden die Aflatoxine hauptsächlich in der Leber in verschiedene Metaboliten umgewandelt. Aflatoxin Q
1 ist der Hauptmetabolit von Aflatoxin B
1. Aflatoxin M
1 und M
2 kommen in der Milch von Kühen und Schafen vor, wenn diese aflatoxinbefallenes Futter fressen. Bei der Biotransformation entstehen auch reaktionsfähige Epoxide, die mit Makromolekülen der Zelle - wie DNS, RNS und Proteinen - kovalente Bindungen eingehen. Die Phasen-II-Reaktion erfolgt mit Glucuronsäure, Sulfat- oder Acetylgruppen. Etwa 80% einer Aflatoxin B
1-Dosis wird innerhalb 1 Woche wieder ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit beträgt < 1 Stunde.
4. Toxisches Prinzip
- | Im Zentrum der Aflatoxinwirkung steht die DNS-Schädigung, die im Extremfall zu Leberdegeneration, Ikterus, Leberzirrhose und Lebertumoren führt. Ausserdem entfalten Aflatoxine teratogene und immunsuppressive Effekte. Bei Wiederkäuern beeinträchtigen Aflatoxine die Fermentationsaktivität der Pansenflora. |
- | Die Aflatoxinrückstände in der Milch erhöhen das Leberkrebsrisiko der Konsumenten, weshalb der Verbraucherschutz über die Festlegung von Grenzwerten zu gewährleisten ist. Dagegen sind Rückstände in Organen oder Muskelfleisch ungefährlich, weil Aflatoxine im Gewebe kovalent gebunden und daher in unwirksamer Form vorliegen. |
5. Toxizität bei Labortieren
Akute orale LD50 (in mg/kg Körpergewicht):
| Maus | Ratte | Kaninchen | Huhn |
Aflatoxin B1 | | 5.5-17.9 | | 6.3 |
Aflatoxin B2 | 570 | > 116 | | |
Aflatoxin G1 | | 2-4 | | |
Aflatoxin G2 | | 232 | | |
Aflatoxin M1 | | > 1.5 | | |
Die akuten oralen LD
50-Werte von Aflatoxin B
1 sind für weitere Spezies wie folgt (in mg/kg Körpergewicht): Hund 0.5-1.0, Katze 0.6, Hamster 10.2 und Meerschwein 1.0.
Junge Enten sind besonders empfindlich (akute orale LD50 in mg/kg Körpergewicht):
| Junge Ente |
Aflatoxin B1 | 0.73 |
Aflatoxin B2 | 1.7 |
Aflatoxin G1 | 0.78 |
Aflatoxin G2 | 3.45 |
Aflatoxin M1 | 0.016 |
Karzinogenese: Bei der Ratte sind tägliche orale Aflatoxin B
1-Dosen von 0.01 mg/kg Körpergewicht krebserregend.
II. Spezielle Toxikologie - Pferd
1. Toxizität
Bei 6 Monaten alten Ponies beträgt die orale LD
50 von Aflatoxin B
1 2 mg/kg Körpergewicht. Bei Jährlingen, die die gleiche Dosis (2 mg/kg Körpergewicht) verteilt auf 5 Tagen erhielten (0.4 mg/kg/Tag p.o.), traten Lethargie, Anorexie, Ikterus und erhöhte Leberenzymwerte aber keine Todesfälle auf. Pferde, die 1 mg/kg Aflatoxin B
1 über 5 Tage erhielten (0.2 mg/kg/Tag p.o.), zeigten keine Krankheitsanzeichen. Es ist zu erwarten, dass Jungtiere empfindlicher auf Aflatoxine reagieren als adulte Tiere.
2. Latenz
Der Verlauf der Vergiftung kann akut bis chronisch sein.
3. Symptome
Bei Pferden wurde nur das akute hepatotoxische Symptombild dokumentiert.
3.1 | Allgemeinzustand, Verhalten |
| Anorexie, Lethargie, Hyperthermie, teilweise kommt es zu Todesfällen nach 24-48 Stunden ohne weitere Symptome, Depression |
|
3.2 | Nervensystem |
| Konvulsionen |
|
3.3 | Oberer Gastrointestinaltrakt |
| Keine Symptome |
|
3.4 | Unterer Gastrointestinaltrakt |
| Kolik, Durchfall (oft blutig) |
|
3.5 | Respirationstrakt |
| Tachypnoe |
|
3.6 | Herz, Kreislauf |
| Tachykardie |
|
3.7 | Bewegungsapparat |
| Keine Symptome |
|
3.8 | Augen, Augenlider |
| Keine Symptome |
|
3.9 | Harntrakt |
| Keine Symptome |
|
3.10 | Fell, Haut, Schleimhäute |
| Ikterische Schleimhäute, subkutane Blutungen |
|
3.11 | Blut, Blutbildung |
| Anämie, Blutungen |
|
3.12 | Fruchtbarkeit, Jungtiere, Laktation |
| Keine Symptome |
4. Sektionsbefunde
Die Leber ist vergrössert und fettig degeneriert. Die Nieren können geschwollen sein. Bei chronischen Verlauf wären Leberzirrhose, Aszites und Lebertumore denkbar. Das histopathologischen Bild umfasst vor allem Lebernekrosen, Leberfibrosen und Gallengangshyperplasie. Weitere Veränderungen wie hämorrhagische Enteritis, petechiale Blutungen, focale Myokardnekrosen oder Hirnödem können ebenfalls auftreten.
5. Weiterführende Diagnostik
5.1 | Allgemeines Vorgehen bei Verdacht auf Mykotoxinvergiftung |
- | Die Untersuchung gestorbener Tiere veranlassen: Sektion, Histologie, etc., damit andere Krankheits- oder Todesursachen ausgeschlossen werden können |
- | Das verdächtige Futter absetzen und für den Nachweis von Mykotoxinen sicherstellen |
- | Schimmelpilze und Mykotoxine sind oft ungleichmässig im Futter verteilt, deshalb mehrere Proben an verschiedenen Orten sammeln (zum Beispiel in der Mitte und der Peripherie eines Heuballens) |
| Probenentnahme protokollieren: Zeitpunkt, Ort im Heuballen oder Silo, Beschaffenheit (feucht, trocken, klumpig), Farbe und Geruch der Proben |
- | Proben trocknen und in Papier einwickeln. Plastiktüten oder -behälter eignen sich nur, wenn die Proben sofort eingefroren werden |
- | Detaillierten Situationsbericht mitschicken; das Labor muss mit Hilfe ihrer Informationen entscheiden, nach welchen Mykotoxinen gesucht wird |
Nachweis der Aflatoxine im Futter durch Radio- oder Enzymimmunoassay. Bei einem Verdacht auf Mykotoxine sollte folgendes berücksichtigt werden:
- | Wegen der grossen Zahl von chemisch verschiedenen Verbindungen muss in der Regel nach mehreren Toxinen gesucht werden |
- | Ein hoher Schimmelpilzbefall bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Proben tatsächlich mit Mykotoxinenen kontaminiert sind. Es ist bekannt, dass nicht alle der vielen Schimmelpilzarten Toxine bilden, und auch die potentiellen Toxinbildner brauchen für die Produktion der toxischen Verbindungen bestimmte Umweltbedingungen (Nährstoffzusammensetzung). Auch wenn eine bestimmte Schimmelpilzart identifiziert wird, ist es deshalb nicht möglich, auf die Gegenwart des entsprechenden Mykotoxins zu schliessen. |
- | Andererseits ist es möglich, dass die Proben hohe Konzentrationen eines Mykotoxins enthalten, ohne dass die Zahl der Schimmelpilze erhöht ist. Dies könnte geschehen, wenn die Schimmelpilze während der Futterzubereitung zum Beispiel durch Erhitzung zerstört würden und nur die hitzestabilen Toxine erhalten blieben. |
5.3 | Nachweis der Aflatoxinmetaboliten |
Nachweis der Aflatoxinmetaboliten in Harn, Milch oder Lebergewebe
Infolge der Leberdegeneration sind erhöhte Leberenzymwerte möglich (Alanin-Aminotransferase/ALT, Aspartat-Aminotransferase/AST, γ-Glutamyltransferase/GGT, Alkalische Phosphatase/AP, Sorbitdehydrogenase/Sdh).
6. Differentialdiagnose
Vergiftung mit Senecioarten, zum Beispiel
Jakobskreuzkraut;
Cumarinvergiftung
7. Therapie
Die Therapie einer akuten Aflatoxinvergiftung ist aussichtslos, die Folgen einer chronischen Exposition werden unter Umständen symptomatisch behandelt. Wichtig ist die sofortige Umstellung auf mykotoxinfreies Futter.
8. Fallbeispiele
8.1 | In einem Gestüt in Thailand starben 12 Jährlinge wenige Tage nachdem eine neue Lieferung eines Mischfutters aus Mais und Erdnussmehl eingetroffen war. Bei der Sektion der Tiere zeigten sich geschwollene, fettige Lebern, blasse, ebenfalls geschwollene Nieren und hämorrhagische Enteritiden. In der histopathologischen Untersuchung fielen vor allem die zentrolobulären Lebernekrosen assoziert mit periportalen Fibrosen auf. Ausserdem fand man Myokardnekrosen und epikardiale Petechien sowie Anzeichen von Hirnödem. Die Futteranlyse ergab, dass sowohl der Mais als auch das Erdnussmehl Aflatoxin B1 und B2 in Konzentrationen von bis zu 6.5 ppm (bezogen auf das Feuchtgewicht) enthielt (Angsubhakorn et al, 1981). |
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8.2 | In einem Reitstall in Georgia (USA) fielen einige Stuten nach der Lieferung eines neuen Mischfutters durch Inappetenz auf. Fünf Tage später starben 3 Tiere. Die Sektionsbefunde waren wie folgt: vergrösserte, fettig degenerierte Leber, epi- und endokardiale Petechien, blasse geschwollene Nieren, hämorrhagische Enteritis. Die Histopathologie ergab zentrolobuläre Lebernekrosen, Gallengangshyperplasie und fokale Miokardnekrosen. In Futterproben konnte Aflatoxin B1 und B2 (etwa 1 ppm, bezogen auf das Feuchtgewicht) nachgewiesen werden (Angsubhakorn et al, 1981). |
9. Literatur
Aller WW, Edds GT & Asquith RL (1981) Effects of aflatoxins in young ponies. Am J Vet Res 42, 2162-2164
Angsubhakorn S, Poomvises P, Romruen K & Newberne PM (1981) Aflatoxicosis in horses. J Am Vet Med Assoc 178, 274-278
Bortell R, Asquith RL, Edds GT, Simpson CF & Aller WW (1983) Acute experimentally induced aflatoxicosis in the weanling pony. Am J Vet Res 44, 2110-2114
Cysewski SJ, Pier AC & Baetz AL 1981) Experimental equine aflatoxicosis. Toxicologist 1, 32-33
Gangolli S (1999) The dictionary of substances and their effects, Second Edition. Royal Society of Chemistry, Cambridge
Greene HJ & Oehme FW (1975) A possible case of equine aflatoxicosis. Vet Toxicol 17, 76-77
Hendrickse RG (1991) Clinical implication of food contamination by aflatoxins. Ann Acad Med Surg 20, 84-90
Lamplugh SM, Hendrickse RG, Apeagyei F & Muanmut DD (1988) Aflatoxins in breast milk, neonatal cord blood and serum of pregnant women. Br Med J 296, 968
McGavin MD & Knake R (1977) Hepatic midzonal necrosis in a pig fed aflatoxin and a horse fed moldy hay. Vet Pathol 14, 182-187
Newberne PM (1973) Chronic aflatoxicosis. J Am Vet Med Assoc 163, 1262-1267
Newberne PM & Butler WH (1969) Acute and chronic effects of aflatoxin on the liver of domestic and laboratory animals: a review. Cancer Res 29, 236-250
Okoye ZS, Neal GE & Judah DJ (1985) The detection of exposure to aflatoxins using ELISA. Hum Toxicol 5, 400-401
Pohland AE (1993) Mycotoxin in review. Food Addit Contam 10, 17-28
Raisbeck MF (1992) Feed Associated Poisoning. In: Current Therapy in Equine Medicine 3 (NE Robinson, ed), WB Saunders, Philadelphia, Pennsylvania, pp. 366-367
Trucksess MW & Stoloff L (1979) Extraction, cleanup and quantitative determination of aflatoxins B
1 and M
1 in beef liver. J Assoc Off Anal Chem 62, 1080-1082