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Durchfall bei Saugferkeln

Wichtige Hinweise Durchfälle bei Saugferkeln sind die häufigste Indikation für eine Muttertierimpfung bei Schweinen.
 
Krankheitsbild / Symptomatik / Risikofaktoren

Hintergrundinformationen

Ursachen, Risikofaktoren

Wegen der mehrschichtigen Plazenta kommen Ferkel praktisch ohne Antikörper zur Welt. Zudem haben sie fast keine Energiereserven und können daher in den ersten Lebenstagen ihren Wärmehaushalt nur schlecht regulieren. Daher sind sie auf eine frühzeitige Aufnahme möglichst grosser Mengen von Kolostrum angewiesen. Durch Kontakt mit der Mutter und der Umwelt bildet sich beim Ferkel in den ersten Lebenstagen die Magen-Darm-Flora, welche für die Darmgesundheit und das spätere Leistungsvermögen von entscheidender Bedeutung sind.
 

Risikofaktoren:
Suboptimale Kolostrumversorgung (Milchmangel, grosse Würfe, untergewichtige Ferkel, suboptimale Haltungsbedingungen)
Mangelnde Stall-, Tier- und Tränkehygiene, tiefe Biosicherheitsstandards
Grosser Anteil Jungsauen, Jungsauenzukauf ohne korrekte Eingliederung
Mangelhaftes Impfprogramm

 

Erreger
Enterotoxische E. coli (ETEC): vor allem in der 1. Lebenswoche teilweise enzootisches Auftreten
Enteropathogene E. coli (EPEC)
Clostridium perfringens Typ C
Clostridium perfringens Typ A

 
Differentialdiagnostisch müssen vor allem Rota- und Coronaviren und Isospora (I.) suis (häufiger Durchfall-Erreger in der 2./3. Lebenswoche) ausgeschlossen werden.
 
Eine genauere Charakterisierung von E. coli findet anhand verschiedener Determinanten statt. Dazu gehören Fimbrien und andere Adhärenz-Faktoren sowie verschiedene Toxine (Tabelle 4).
 
Tabelle 4: Übersicht zu Adhäsinen, Toxinen und Erkrankungen, die verschiedenen Klassen von E. coli zugeordnet werden

E. coli-Klassifizierung Adhäsion Toxin Erkrankung
Enterotoxische E.coli (ETEC) F4, F5, F6, F17, F18ac, F41, AIDA-I, Paa STa/STb, LT, EAST1 Durchfall bei Saug- und Absetzferkeln
Shigatoxin-bildende E.coli (STEC) F18ab Stx2e Ödemkrankheit
Enteropathogene E.coli (EPEC) BFP, Intimin, Paa Nicht bekannt Durchfall bei Absetzferkel
Extraintestinale E.coli P, S CNF Erkrankung des Urogenitaltrakts

 
F: Fimbrien-Antigen, AIDA: adhesin involved in diffuse adherence, Paa: porcine attaching and effacing-associated factor, BFP: bundle-forming Pili, ST: hitzestabiles Enterotoxin, LT: hitzelabiles Enterotoxin, EAST1: enteroaggregatives hitzestabiles Enterotoxin, Stx: Shiga-like-toxin, P: Pyelonephritis assozierter Pili, S: Sialyl-Galaktosid-spezifische Fimbrien, CNF: cytotoxic necrotizing factor
 

Symptome

Enterotoxische E. coli: wässriger Durchfall; Exsikkose, Azidose
Enteropathogene E. coli (EPEC): Katarrhalische Diarrhoe v.a. bei jungen Saugferkeln
Clostridium perfringens Typ C: verursacht in der ersten Lebenswoche beim Saugferkel eine hämorrhagisch-nekrotisierende Enteritis, vor allem im Ileum und Jejunum, und führt oft zu Todesfällen. Verlauf kann perakut (plötzliche Todesfälle), akut (rötlich-brauner Durchfall) oder chronisch sein (schaumige Diarrhoe)
Clostridium perfringens Typ A: hat meist einen milderen Krankheitsverlauf als bei Typ C. Durchfall mit gelblichem, meist cremigen Kot

 
Diagnose / Tests

Für eine gezielte Therapie sowie die Planung und Etablierung eines Impfkonzepts sind labordiagnostische Massnahmen unentbehrlich. Dies gilt besonders für Diarrhoe durch verschiedene Stämme von E. coli, die unbedingt typisiert werden sollten. Da für das Überleben der Tiere häufig sofortige Therapien erforderlich sind, können makroskopische Befunde und Lokalisation von Veränderungen bei Hofsektionen bereits wichtige ätiologische Hinweise liefern.
 
Diagnostische Untersuchungen siehe im Abschnitt "Durchfallerkrankungen beim Schwein" und im Kapitel Labordiagnostik.

 
Therapieleitlinien

Siehe Therapieleitfaden.

 
Impfleitlinien

Impfungen

Mit dem Ziel, die Saugferkel durch kolostral übertragene Antikörper und Immunzellen sowie durch eine kontinuierliche laktogen vermittelte Immunität während der Säugezeit vor Infektionen mit E. coli und/oder C. perfringens zu schützen, können im Bedarfsfall Jung- und Altsauen reproduktionsorientiert gegen diese Erreger resp. deren Toxine immunisiert werden (Tabelle 4). Die Impfung ist besonders dann angeraten, wenn die Erreger im Bestand in Würfen von Jungsauen oder Jung- und Altsauen wiederkehrend therapiewürdige Erkrankungen hervorrufen. Eine zeitgleiche Impfung aller Sauen eines Bestandes («Bestandsimpfung») ist nicht sinnvoll.
 

Jungsauen

Primipare Sauen müssen grundimmunisiert werden und benötigen mindestens zwei Impfungen im Abstand von 3 - 4 Wochen, wobei die letzte Impfung spätestens 3 Wochen vor dem berechnete Abferkeltermin erfolgt sein muss (Tabelle 6). Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass eine zweimalige Impfung vor der ersten Besamung im Abstand von 3 - 4 Wochen, gefolgt von einer einmaligen Impfung 3 Wochen vor der ersten Abferkelung eine bessere Immunität vermittelt, als die herkömmliche zweimalige Impfung während der Trächtigkeit.
 

Altsauen

Alle Altsauen eines Bestandes werden ab dem 2. Wurf in einem Zeitraum von 4 - 3 Wochen vor der Abferkelung revakziniert.
 
Impfungen, die erst sehr kurz vor der Geburt erfolgen, können zwar einen positiven Effekt auf die laktogene Immunität haben und eine höhere Konzentration von IgA in der Milch bewirken, eine höhere Konzentration von IgG1 und IgG2 im Kolostrum ist dadurch jedoch nicht mehr zu erzielen. Die Produktion des Kolostrums sowie ein Transfer von Immunglobulinen aus dem Serum der Sau in das Kolostrum beginnen bereits mehrere Tage vor der Geburt, sodass eine Impfung nach dem 100. Trächtigkeitstag kaum noch Einfluss auf dessen Komposition nimmt.
 

Tabelle 5: In der Schweiz zugelassene Impfstoffe gegen E. coli und/oder C. perfringens Typ C

Produkt Zulassungsinhaber Leb./inakt. Indikation
Entericolix® Boehringer Ingelheim GmbH inaktiviert E. coli-Infektion, C. perfringens-Infektion
Enteroporc COLI AC Biokema SA inaktiviert E. coli-Infektion, C. perfringens-Infektion
Porcilis® ColiClos MSD Animal Health GmbH inaktiviert E. coli-Infektion, C. perfringens-Infektion
Suisen Dr. E. Graeub AG inaktiviert E. coli-Enterotoxikose, Nekrotisierende Enteritis, Clostridien-Infektion
Porcilis® Porcoli DF MSD Animal Health GmbH inaktiviert E.coli Ferkelenteritis
LOCATIM® Biokema SA Immunglobuline Prophylaxe und Therapie der enteritischen/enterotoxämischen Formen & Enteritiden (E. coli, Rota- & Coronaviren)

 
Tabelle 6: Impfschema zur Bekämpfung E. coli und/oder C. perfringens bedingter Diarrhoe bei Saugferkeln

Frühest möglicher Impf­zeit­punkt Grundimmunisierung Wiederholung Bemerkung
Keine Angaben Zwei Impfungen im Abstand von 3 - 4 Wochen. Die Grundimmunisierung sollte 3 Wochen vor der ersten Abferkelung abgeschlossen sein. Drei Wochen vor der nächsten Abferkelung Da es sich bei diesen Impfungen um Mutterschutzimpfungen handelt, muss die Boosterung der Impfung vor Abschluss der Kolostrumbildung erfolgen. Des Weiteren muss auf eine gute Kolostrumaufnahme der Saugferkel geachtet werden.

 
Ein Impfstoff gegen C. perfringens Typ A ist zurzeit in der Schweiz nicht zugelassen. Wird in einem Bestand Diarrhoe bei Saugferkeln, bedingt durch eine Infektion mit C. perfringens Typ A (β2-Toxin-Gen positiv), diagnostiziert, kann wahlweise eine Sondergenehmigung für den Import von CLOSTRIPORC® A (Fa. IDT Biologika GmbH, Deutschland) oder für die Herstellung einer stallspezifischen Vakzine beantragt werden. Die stallspezifische Vakzine sollte die im Bestand dominanten Klone von C. perfringens Typ A β2 positiv enthalten. Dazu wird die Untersuchung von mindestens 5 Proben aus 5 verschiedenen Würfen empfohlen.
 
Kommerzielle Impfstoffe gegen Rotaviren, Coronaviren und Isospora suis sind für das Schwein zurzeit in Europa nicht erhältlich. Einige Anbieter stellen stallspezifische Impfstoffe gegen Rotaviren her. Die Erkrankungen müssen vorwiegend mit Optimierungen des (Jungsauen-)Managements sowie einer kontinuierlichen Verbesserung der internen und externen Biosicherheit sowie durch Unterbrechung von Infektionsketten (Reinigung/Desinfektion) bekämpft werden.
 
Unabhängig vom Erreger, der bei Saugferkeln zu Diarrhoe führt, müssen zusätzliche Präventionsmassnahmen im Bestand implementiert werden. Nach einer Bestandsuntersuchung sollte der Tierhalter individuelle - und nicht generelle - Empfehlungen erhalten. Ausserdem sollten bzgl. der Umsetzung dieser Empfehlungen spezifische, messbare und vom Tierhalter akzeptierte Ziele vereinbart werden. Die tatsächliche Umsetzung sollte dann bei einer Wiederholungsuntersuchung durch den Bestandstierarzt bewertet werden.
 

Zusätzliche Präventionsmassnahmen

Schutz der Ferkel vor Unterkühlung (Ferkelnester mit Flächenheizung)
Temperatur im Ferkelnest auf 30 - 35°C einstellen
Keimarme Bewegungs- und Liegezone für Ferkel
Sauberes Gesäuge der Sau
Frühzeitiger Kontakt mit Stallflora bei der Eingliederung von Jungsauen
Resistenzzucht gegen E. coli F4 (Stammsauen mittels Bluttest testen lassen)
Elektrolyt und Na-Bicarbonat für Ferkel in Schalentränken, oder intraperitoneale Verabreichung von phys. NaCl (60 ml/kg KGW)
Anbieten von Wühlerde, evtl. angesäuert zur Unterstützung und Stabilisierung der Verdauung
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